Regenburg. 5:1-Sieg und die Patzer der Konkurrenz lassen den HSV wieder auf den direkten Aufstieg hoffen. „Geile Ausgangslage“, sagt Glatzel.

Als die rund 4500 mitgereisten HSV-Fans nur wenige Minuten nach dem Abpfiff ihre Mannschaft mit „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“-Sprechchören feierten, da richtete Jonas Boldt bereits den Blick nach vorn. „Jetzt haben wir das, was wir haben wollten“, sagte der Sportvorstand am Sonntag über den sich an Dramatik zuspitzenden Aufstiegskampf.

Wegen des zu keinem Zeitpunkt gefährdeten 5:1 (4:0)-Erfolgs des HSV und der gleichzeitigen Patzer der Konkurrenten Darmstadt (1:2 in Hannover) und Heidenheim (2:3 in Paderborn) sind die Hamburger (60 Punkte) plötzlich wieder bis auf einen Punkt an den direkten Aufstiegsplatz zwei herangerückt, den derzeit Heidenheim (61) belegt.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Selbst der bislang so souveräne Tabellenführer Darmstadt (64) ist nach zwei Niederlagen in Serie auf einmal wieder in Reichweite. „Darmstadt ist noch nicht durch“, sagte der angriffslustige Boldt, der angab, sich erst nach dem Abpfiff über die Ergebnisse der direkten Rivalen informiert zu haben. „Sie haben zwei Platzverweise kassiert, da merkt man die Nerven.“

HSV im verrückten Aufstiegskampf: Wer zeigt Nerven?

Ist zwei Spieltage vor Schluss also alles nur noch Kopfsache? Zumindest wähnt sich der wiedererstarkte HSV mental gut gerüstet, um es mit den doch eigentlich bereits enteilten Aufstiegsrivalen im Fernduell aufzunehmen.

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„Es ist eine geile Ausgangslage, weil wir der Verfolger sind und mehr gewinnen als verlieren können“, analysierte Torjäger Robert Glatzel, der in Regensburg sein 19. Saisontor erzielte. „Gefühlt war es (der direkte Aufstieg; d. Red.) schon zigmal vorbei, aber jetzt sind wir wieder da. Das muss uns einen Push geben für die nächsten Spiele.“

Die Bedeutung des ersten Auswärtserfolgs nach zuvor sechs sieglosen Spielen in Folge wurde zusätzlich erhöht, weil der HSV das Minimalziel Relegation nur noch theoretisch verfehlen kann, nachdem das direkte Duell der beiden Verfolger St. Pauli (54) und Düsseldorf (54) bereits am späten Sonnabend torlos endete.

HSV-Spieltag für Boldt „sensationell“

„Es ist sensationell, dass dieser Spieltag so gelaufen ist“, sagte Boldt und forderte zwei Siege in den beiden restlichen Saisonspielen am Sonnabend (20.30 Uhr) gegen Greuther Fürth und am letzten Spieltag beim SV Sandhausen (28. Mai). „Wir wollen den Druck weiter hochhalten und dann gucken wir mal, was am Ende dabei herauskommt.“

Es ist ein Satz, den die Spieler am Sonntag fast ausnahmslos wiederholten. Der Mannschaft ist bewusst, den direkten Aufstieg nicht mehr in der eigenen Hand zu haben und auf die Fehler der Konkurrenz angewiesen zu sein. Doch die Lust auf Platz zwei ist unverändert groß.

„Klar, das ist das Ziel“, sagte Linksverteidiger Miro Muheim, der seine eigene Geschichte an diesem Nachmittag schrieb. Nachdem seine Patzer in den vergangenen Wochen ein paar Punkte gekostet hatten, erlebte er in Regensburg die emotionale Wende.

Muheim bedankt sich bei Walter und dem HSV

Die Erleichterung über seinen Treffer zum zwischenzeitlichen 3:0 war bis auf die Zuschauerränge zu spüren. Jubelnd rannte Muheim zur Bank und nahm jeden einzelnen in den Arm. Den ersten Glückwunsch holte er sich von Trainer Tim Walter ab, der Muheim trotz sich wiederholender Fehler immer wieder das Vertrauen schenkte.

„Ich habe in den zurückliegenden Wochen ein paar Fehler gemacht, es war nicht immer einfach für mich“, räumte der vor allem im Fanlager kritisch gesehene Schweizer ein. Mit seinem besonderen Jubel wollte er sich bei allen HSV-Mitarbeitern für den Zuspruch auch in persönlich schweren Zeiten bedanken. „Ich wollte zeigen, dass wir eine Einheit sind.“

HSV nahm Regensburg auseinander

Eine Einheit war der HSV auch auf dem Platz im mit 15.210 Zuschauern ausverkauften Jahnstadion. Angeführt von Lokomotive Bakery Jatta, der einen berauschenden Nachmittag erlebte, zerlegten die Hamburger die nicht zweitligatauglichen Regensburger in ihre Einzelteile.

Nach den frühen Toren von Glatzel (5.), Sonny Kittel (17./Foulelfmeter) und eben Muheim (30.) war schnell klar, dass die Zwischenstände in den anderen Stadion relevanter sein werden, als der weitere Verlauf dieses einseitigen Fußballspiels. Der kurzfristige Trainerwechsel von Mersad Selimbegovic auf Joe Enochs hatte überhaupt keinen Effekt.

Spätestens als Kittel mit seinem zweiten Treffer noch vor der Pause alles klarmachte (45.+1), wurden im Gästeblock permanent die Handys gezückt, um sich über die Spielstände von Darmstadt und Heidenheim zu informieren.

HSV mit Stolz ins Aufstiegsfinale

„Der Tag ist perfekt, es hätte von den Ergebnissen her nicht besser laufen können“, sagte Glatzel. „Jetzt sind wir wieder im Rennen. Wir müssen aber auch erst mal unseren Job machen.“ Der frühere Heidenheimer weiß, dass auch sein Ex-Club jetzt den Druck spürt. „Wenn man etwas zu verlieren hat, fällt es einem nicht so leicht“, sagte der Stürmer.

Natürlich wird der HSV mit Greuther Fürth jetzt auf ein anderes Kaliber treffen als Regensburg. Doch nach diesem 5:1-Triumph geht der HSV mit reichlich Selbstbewusstsein ins Saisonfinale. Mit 60 Punkten haben die Hamburger ihre Zweitliga-Bestmarke aus der vergangenen Saison zwei Spieltage vor Schluss zudem bereits eingestellt.

Das Wort zum Sonntag von Trainer Tim Walter: „Wir fahren jetzt mit stolz geschwellter Brust nach Hause.“

Die Statistik

  • Regensburg: Urbig – Saller (74. Faber), Breitkreuz, Elvedi, Günther (22. Kennedy) – Gimber (84. Thalhammer), Viet – Makridis, Caliskaner, Mees (74. Albers) – Owusu (84. Yildirim).
  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Meffert (87. Montero) – Reis (72. Suhonen), Kittel (79. Bilbija) – Jatta (87. Mikelbrencis), Glatzel, Dompé (72. Königsdörffer).
  • Schiedsrichter: Alexander Sather (Grimma).
  • Tore: 0:1 Glatzel (5.), 0:2 Kittel (17. Elfmeter), 0:3 Muheim (30.), 0:4 Kittel (45.+1), 1:4 Caliskaner (55.), 1:5 Bilbija (81.).
  • Zuschauer: 15.210 (ausverkauft).
  • Gelbe Karten: Kirschbaum, Breitkreuz, Kennedy – David (4).Statistik: Torschüsse: 12:15, Ecken: 6:4, Ballbesitz: 35:65 Prozent, gewonnene Zweikämpfe: 111:116, Laufleistung: 113:112 Kilometer.