Hamburg. Am Donnerstag besetzt die Unternehmerin die siebte Stelle im Aufsichtsrat der HSV Fußball AG. Warum die Entscheidung so lange dauerte.

Zehn Wochen ist es her, dass Michael Papenfuß in seiner neuen Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der HSV Fußball AG erstmals zu Wort kam. „Wir haben einen festen Prozess, der hinter der Besetzung eines Platzes im Aufsichtsrat steht, an den wir uns gemäß der Satzung unseres Vereins halten werden“, sagte der auf der Hauptversammlung im Volksparkstadion frisch gewählte Chef des Kontrollgremiums an jenem Montag, den 27. Februar.

Papenfuß bezog sich mit diesem Satz auf den noch offenen siebten Sitz, über dessen Besetzung auch im zweiten Anlauf noch nicht entschieden werden konnte. „Der siebte Aufsichtsratsposten bleibt für kurze Zeit noch unbesetzt“, teilte der HSV in seiner Mitteilung mit. Zweieinhalb Monate ist das nun schon her.

Warum die siebte Position neben Papenfuß, Markus Frömming, Marcell Jansen, Hans-Walter Peters sowie den Neuzugängen Stephan von Bülow und Henrik Köncke noch immer nicht offiziell nachbesetzt wurde, verwundert. Schließlich steht schon seit Wochen fest, wer diese Position übernehmen wird: Lena Schrum (32). Auf Wunsch der HSV-Aktionäre hatte sich das Präsidium des HSV e.V. bereits vor Wochen darauf verständigt, dass die Nachhaltigkeitsunternehmerin erneut in den Aufsichtsrat einziehen soll.

Schrums Rückkehr in den HSV-Aufsichtsrat ist eine Niederlage für Jansen

Präsident Marcell Jansen wurde bei der Frage nach Schrum von seinen Stellvertretern Papenfuß und Bernd Wehmeyer überstimmt. Und das bereits zum zweiten Mal. Auch bei der Personalie Hans-Walter Peters konnte sich Jansen zuvor mit seinem Wunsch innerhalb des Präsidiums nicht durchsetzen. Der Banker gilt als Vertrauter von Klaus-Michael Kühne, mit dem sich Jansen in der Causa Thomas Wüstefeld überworfen hatte.

Schrum dagegen hatte sich im vergangenen Jahr als Wüstefeld-Kritikerin hervorgetan, als die Vorwürfe gegen den umstrittenen Ex-Vorstand immer größer wurden. Jansen, der bis zuletzt an Wüstefeld festgehalten hatte, wollte Schrum wohl auch deshalb bei der Neubesetzung des Aufsichtsrats nicht mehr dabei haben. Dass die frühere Bundesliga-Fußballerin von Bayer Leverkusen künftig wieder in das Kontrollgremium einziehen wird, ist für Jansen eine weitere Niederlage im internen Ringen um die Deutungshoheit der Ausrichtung in der HSV Fußball AG.

Abstimmung über Schrum noch vor dem letzten Spieltag

Noch aber wartet Schrum auf ihre offizielle Rückkehr in den Aufsichtsrat – obwohl sich alle Gremien einig sind. Auch der Beirat hat seine Zustimmung bereits erteilt. Doch für die Ernennung bedarf es einer weiteren Hauptversammlung der Gesellschafter, die dann noch einmal über Schrum abstimmen.

Weil der e.V. als Mehrheitsgesellschafter sich bislang nicht mit den Aktionären auf einen gemeinsamen Termin einigen konnte, muss sich Schrum weiter gedulden. Eine Entscheidung ist nun allerdings in Sicht. Nach Abendblatt-Informationen soll es am Donnerstag in dieser Woche zur außerordentlichen Hauptversammlung kommen - mit einem Tagesordnungspunkt. Wer dann nicht dabei sein kann, darf sich durch eine Vollmacht auch digital vertreten lassen und an der Abstimmung teilnehmen.

Essenziell ist die zeitige Nachbesetzung von Schrum vor allem hinsichtlich der Saisonanalyse. Schließlich wird der Aufsichtsrat nach Ablauf der Spielzeit zusammenkommen, um die Bewertung des Vorstands vorzunehmen. Sportvorstand Jonas Boldt hat im aktuellen Gremium mit Jansen nur einen Gegenspieler. Wie sich die Stimmung innerhalb des Rats aber verändert, sollte der Aufstieg nicht gelingen, ist ungewiss.

Dann dürften die Kontrolleure zumindest darüber diskutieren, ob sie von der Klausel Gebrauch machen und den Vertrag mit Boldt vorzeitig auflösen. Doch selbst den vor einem Jahr noch kritischen Papenfuß konnte Boldt mittlerweile auf seine Seite ziehen. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden wird nachgesagt, dass er sich von Jansen emanzipiert habe. Insbesondere mit seinem Alleingang-Interview in der „Bild“ soll Jansen bei Papenfuß auf großes Unverständnis gestoßen sein.

Workshop soll neue HSV-Rechtsform vorantreiben

Für den HSV wird es in den kommenden Wochen wichtig sein, einen einheitlichen Kurs einzuschlagen. Der Club muss sich nach der Saison auf die Finanzierung der neuen Spielzeit einigen, bei der auch der angestrebte Deal mit Investor Kühne bezüglich des Stadionnamensrechts eine große Rolle spielt.

Zudem wird die geplante Strukturreform weiter vorangetrieben. Ende Mai soll es einen Workshop der Arbeitsgruppe Rechtsform geben, an dem auch Fans, Gesellschafter und verdiente Mitglieder mit juristischen Kenntnissen teilnehmen können. Spätestens bis dahin wird die Schrum-Frage entschieden sein – mit fast drei Monaten Verspätung.