Hamburg. HSV-Vorstand stellt sich demonstrativ hinter den Trainer, der hinterfragt wird. Dabei wollen Fans, Walter und Boldt das Gleiche.

Am Tag nach dem 2:2 gegen den SC Paderborn war das Gegrummel unter einigen HSV-Fans wieder groß. Unter den Anhänger wächst die Sorge, dass Trainer Tim Walter sein Aufstiegsversprechen nicht einlösen könnte. Nach nur zwei Siegen aus den zurückliegenden acht Zweitligaspielen können die Hamburger das erste Saisonziel, den direkten Aufstieg, womöglich abhaken. Und das bereits drei Spieltage vor Saisonende.

In den restlichen drei Partien geht es wohl nur noch darum, die Relegation als Minimalziel abzusichern. Eine Situation, die in der Vergangenheit schon häufiger zu Personalwechseln auf Führungspositionen geführt hat. Sportvorstand Jonas Boldt ließ vor dem Anpfiff gegen Paderborn jedoch keine Zweifel aufkommen, dass der Trainer in diesen beiden, voraussichtlich erfolgenden Entscheidungsspielen um die Bundesliga Tim Walter heißen wird.

HSV-Chef Boldt verteidigt Tim Walter

Angesprochen auf die zunehmende Skepsis unter den HSV-Fans, entgegnete Boldt bei Sky: „Wer sind denn ,die Fans‘? Sind das die, die sich im Internet melden oder sind das die Leute, die mich auf der Straße ansprechen und sagen: Herr Boldt, bitte tun Sie mir einen Gefallen und halten Sie an dem Trainer fest? Das sind auch diejenigen, die ins Stadion kommen und die genauso wie wir bewerten können, dass wir Spiele nicht wegen des Spielsystems verlieren, sondern weil wir einen entscheidenden Zweikampf nicht gewonnen haben.“

Auch wenn er es nicht erwähnte, weiß Boldt natürlich, dass Kritik nach den zuletzt ausbleibenden Erfolgen berechtigt ist. Genauso muss er zumindest erahnen, dass sich unter die 57.000 Zuschauer auch einige Kritiker mischten, die dem HSV zwar nur das Beste wünschen, aber zugleich das Gefühl haben, dass die Mannschaft mit diesem System und den sich Woche für Woche wiederholenden Defensivaussetzern nicht das Optimum herausholen wird. Kurz gesagt: Der Aufstieg ist in Gefahr und das spüren auch die Fans.

Boldt hingegen bekomme erst Bauchschmerzen, wenn der HSV 90 Minuten ohne eine Torchance bliebe. Sagt er zumindest.

HSV: Warum Boldt demonstrativ an Walter festhält

Die Botschaft des Managers ist klar: Anders als in den zurückliegenden Jahren, als der Trainer häufig ausgetauscht wurde, wenn es gerade mal nicht lief, steht der HSV diesmal geschlossen hinter der sportlichen Führung. Nach Abendblatt-Informationen soll auch der Aufsichtsrat dieser Linie folgen. Einen Schnellschuss wie einen Trainerwechsel drei beziehungsweise fünf Spiele vor Saisonende möchte aktuell niemand im Club, der nach außen eine Einheit demonstriert.

Und so wird der HSV die Saison mit Walter beenden. Komme, was wolle. „Der HSV hat in der Vergangenheit gezeigt, was passiert, wenn man sich aktionistisch treiben lässt. Das ist grundsätzlich nicht meine Herangehensweise“, sagt Boldt. „Wir sind nicht stur und nicht naiv, aber deutlich näher dran als andere.“

Eine Parallele wie vor zwei Jahren, als er im Saisonendspurt Trainer Daniel Thioune durch Clubikone Horst Hrubesch ersetzte, sieht Boldt nicht. Ein vergleichbares Szenario schließt er folgerichtig aus, „weil wir guten Fußball spielen und in den sieglosen Spielen gegen Magdeburg (2:3), in Kaiserslautern (0:2) und gegen Holstein Kiel (0:0) die klar die besseren Torchancen hatten“.

Kritik am Spielsystem sowie dass die Abwehr zu hoch stehe und von hinten herausspiele, könne Boldt ohnehin nicht nachvollziehen. „Wenn ich mir die drei Gegentore in Magdeburg anschaue, die hatten nichts damit zu tun.“

HSV-Chef Boldt und Walter teilen Ziel mit Fans

Trainer Walter hat ebenfalls erkannt, dass die Unruhe um seine Person etwas größer geworden ist. Weil die Siege aktuell ausbleiben, erwähnt er in diesen Tagen andere Errungenschaften in seiner Amtszeit. „Wir haben die Leute zurück ins Stadion geholt und spielen attraktiven Fußball. Das spüren und unterstützen die Zuschauer. Wir sind eine Einheit und haben eine Identität geschaffen“, sagte der Coach nach dem Paderborn-Spiel. „Ich habe mit Jonas (Boldt) ein sehr gutes Verhältnis, weil wir schon sehr viel erreicht haben. Aber wir wollen noch mehr.“

Ein Ziel, dass Boldt und Walter auch mit den kritisch hinterfragenden Fans teilen.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58