Hamburg. Haushaltsausschuss der Bürgerschaft lädt HSV-Vorstand wegen des Stadions ein, doch der Club will Huwer schicken. Politiker empört.

Am diesem Donnerstag erhält Jonas Boldt Post aus dem Rathaus. In dem Brief wird der Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft, Mathias Petersen (SPD), den HSV-Vorstand um eine Teilnahme an der nächsten Sitzung am 30. Mai bitten. Nach mehreren gescheiterten Versuchen ist diese schriftliche Einladung der vorläufige Höhepunkt eines monatelangen Hickhacks zwischen dem HSV und der Stadt.

Im Fokus des Diskurses steht das Volksparkstadion, die 23,5 Millionen Euro der Stadt für die EM-bedingte Modernisierung und eine unzureichende Kostenaufstellung des Clubs, was mit dem Geld passiert ist.

HSV-Vorstand Boldt sagt Stadt über Anwalt ab

Nachdem der frühere Vorstand Thomas Wüstefeld im Haushaltsausschuss Ende September 2022 für mehr Fragen als Antworten über den Renovierungsfortschritt sorgte, beschloss das Gremium, Boldt einzuladen. Anfangs soll sich der 41-Jährige offen für einen Austausch gezeigt haben. Doch nachdem Boldt seine erste Einladung erhielt, soll er wochenlang nicht geantwortet haben, woraufhin Petersen mehrmals versuchte, den Manager telefonisch zu überzeugen.

Die finale Absage erhielt der Ausschussvorsitzende schließlich ebenfalls am Telefon – allerdings nicht von Boldt, sondern von HSV-Justiziar Philipp Winter, der stattdessen anbot, Finanzvorstand Eric Huwer zu schicken.

Stadt fragt: Hat Boldt etwas zu verbergen?

Ein seltenes Vorgehen in der Geschichte der Stadt, denn in der Regel kommen angefragte Personen einer Einladung nach. Folgerichtig reagierten die Ausschussmitglieder verärgert auf den Vorschlag des HSV.

In einer Gremiumssitzung sprachen sie sich fraktionsübergreifend (SPD, Grüne, CDU, Linke, AfD) dafür aus, an der Einladung Boldts festzuhalten, da dieser 2020 gemeinsam mit Ex-Vorstand Frank Wettstein verantwortlich war, als der HSV die städtischen Millionen per Erbpacht für den Grundstücksverkauf im Volkspark erhielt.

Daraufhin verfasste Petersen den eingangs erwähnten Brief in der Hoffnung auf ein Einlenken des HSV-Vorstands. „Warum will Jonas Boldt nicht erscheinen? Hat er etwas zu verbergen?“, fragt der SPD-Politiker gegenüber dem Abendblatt.

HSV: Stadt kann Boldt nicht zwingen

Viele Abgeordnete fühlen sich brüskiert, dass der HSV bislang die Bitte des gesamten Haushaltsausschusses ignoriert. „Meine klare Erwartungshaltung ist, dass Jonas Boldt einer Einladung eines so wichtigen Gremiums der Stadt nachkommt“, sagt Ausschussmitglied Dennis Paustian-Dö­scher (Grüne) auf Anfrage. „Ich habe kein Problem mit Eric Huwer. Er kann gern zusätzlich am 30. Mai kommen.“

Genauso wie Mitglieder des Sportausschusses um den Vorsitzenden Marc Schemmel (SPD), der sich ebenfalls angekündigt hat.

Entscheidend für die Einordnung der Posse ist, dass Boldt rechtlich nicht zu einer Sitzungsteilnahme verpflichtet ist. Die Stadt kann ihn lediglich darum bitten. Im Zuge des Stadion-Deals mit der Stadt hatte der HSV zwar eine vertraglich fixierte jährliche Berichtspflicht über die Verwendung des Geldes sowie den Baufortschritt akzeptiert. Doch diese Vereinbarung gilt lediglich gegenüber Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD), der wiederum an den Senat und die Bürgerschaft berichtet – so geschehen am 3. Februar.

HSV senkt Kosten für Stadion

In seinem Schreiben listet Holstein die einzelnen Bauprojekte und die vom HSV geplante Fertigstellung auf. Daraus geht hervor, dass der Club mit der Uefa aushandelte, auf die ursprünglich EM-relevante Erweiterung der Drehkreuze (von 40 auf 130) sowie einen Umbau des Serverraums mit einer Kühlung und einer Notstrom-Versorgung zu verzichten, wodurch der HSV einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag spart.

Zudem liegt der Zweitligist im Zeitplan, die Kapazitäten der Sanitäranlagen bis zur EM zu erweitern und muss nicht, wie von Wüstefeld angekündigt, auf „WC-Container außerhalb des Stadions“ umsteigen. Aktuell werden im Volkspark die das Dach stützenden Pylonen erneuert. Von Juli bis maximal Februar 2024 soll mit dem Austausch der Dachmembran die letzte Maßnahme erfolgen.

Nach Abendblatt-Informationen kalkuliert der HSV mit Gesamtkosten von 25 Millionen Euro bis maximal 30 Millionen Euro. Wüstefeld hatte im September 2022 im Rathaus noch von 33 Millionen Euro gesprochen.

HSV: Warum die Stadt Boldt im Rathaus will

Die damals vom Ex-Vorstand angekündigte genaue Auflistung, wofür die städtischen Millionen ausgegeben worden sind, ist mit einer mehrmonatigen Verspätung inzwischen im Rathaus eingetroffen. Das Problem daran: Die Liste ist unvollständig. „Viele Fragen sind noch offen“, kritisiert Paustian-Döscher. Auch deshalb strebt der Haushaltsausschuss ein Gespräch mit Boldt an.

Immerhin: Die größte Sorge können sowohl Boldt als auch Huwer den Abgeordneten nehmen, denn die Finanzierung der Stadionmodernisierung ist gesichert – dank eines 20-Millionen-Euro Darlehens von Investor Klaus-Michael Kühne sowie drei weiteren Hamburger Geldgebern. Zu bereden gibt es trotzdem noch einiges.