Hamburg. Stand jetzt gehen vier Führungsspieler mit auslaufenden Verträgen in neue Saison. HSV spielt auf Zeit. Was macht Heuer Fernandes?

Beim kommenden Zweitligaspiel am Sonnabend (13 Uhr/Sky) in Magdeburg wird die Achse des HSV ausein­andergerissen. Weil Jonas Meffert gelbgesperrt fehlt, steht Trainer Tim Walter vor der schwierigen Aufgabe, den unersetzlichen defensiven Mittelfeldorganisator zu ersetzen.

Erschwerend hinzu kommt, dass der Kader keine gleichwertige Alternative bietet. Als Dauerbrenner Meffert vor elf Tagen sein erst zweites von 63 möglichen Spielen beim HSV verpasst hatte, verloren die Hamburger auch deshalb mit 0:2 in Kaiserslautern, weil sein offensiver ausgerichteter Vertreter Ludovit Reis einen rabenschwarzen Tag erwischte.

HSV: Wer ersetzt Meffert?

Ob in Magdeburg erneut Reis eine Position nach hinten ins defensive Mittelfeld gezogen wird, ist offen. Als Meffert schon einmal vor einem Jahr beim 1:1 in Düsseldorf eine Gelbsperre abgesessen hatte, rückte Moritz Heyer zumindest für die Anfangsphase auf die Sechs.

Der unter Walter bevorzugt als Rechtsverteidiger eingesetzte Allrounder könnte nun erneut im Mittelfeld aushelfen, wodurch für den zuletzt sehr agilen, aber im Stadtderby gegen St. Pauli (4:3) über 90 Minuten auf der Bank sitzenden Noah Katterbach ein Platz in der Startelf frei werden könnte.

Was wird aus HSV-Achse um Meffert und Schonlau?

In jedem Fall wird sich das HSV-Spiel ohne Mittelfeld-Taktgeber Meffert, der am Dienstag wegen Wadenproblemen pausierte, spürbar verändern. Möglicherweise dient das Magdeburg-Spiel aber bereits als Testlauf für die Zukunft, denn Mefferts langfristiger Verbleib ist genauso offen wie der einer gesamten Achse.

Nach aktuellem Stand gehen die Führungsspieler Meffert (28), Torhüter Daniel Heuer Fernandes (30), Kapitän und Abwehrchef Sebastian Schonlau (28) und Flügelstürmer Bakery Jatta (24), der nach dem Derby-Tritt gegen seinen Knöchel am Donnerstag ins Teamtraining des HSV zurückkehren soll, mit auslaufenden Verträgen in die neue Spielzeit.

Ein durchaus ungewöhnliches Szenario, das hauptsächlich dem ungewissen Saisonausgang, aber auch dem seit Corona gedrosselten Tempo beim Aushändigen neuer Arbeitspapiere geschuldet ist. Die Pandemie hat einer gesamten Branche gezeigt, wie schnell eine finanzielle Schieflage entstehen kann. Seitdem sind die Vereine darum bemüht, das Risiko in der Kaderplanung zu minimieren.

Nach Abendblatt-Informationen haben sich die Verantwortlichen um Sportvorstand Jonas Boldt und Kaderplaner Claus Costa mit den jeweiligen Beratern der vier Achsenspieler darauf verständigt, konkrete Gespräche über Vertragsverlängerungen erst nach dem Saisonende aufzunehmen.

HSV schiebt neue Verträge auf

Grundsätzlich kann sich der HSV bei allen vier Profis eine Zusammenarbeit über die Saison 2023/2024 hinaus vorstellen. Akuten Handlungsdruck sieht man im Volkspark allerdings nicht. Stattdessen sollen die handelnden Personen beim HSV in einem ersten Austausch einen selbstsicheren Eindruck vermittelt haben, dass man sich schon einigen werde. Doch zunächst soll der volle Fokus auf den restlichen fünf Zweitligaspielen und dem angestrebten Aufstieg liegen.

Eine Zielsetzung, mit der sich die Profis arrangieren können. Der Hintergrund ist, dass auch die meisten der betroffenen Spieler vor ihrer Unterschrift unter einen neuen Kontrakt wissen möchten, wie sich der HSV per­spek­tivisch aufstellt – und vor allem: in welcher Liga.

Sollte der Aufstieg auch im fünften Anlauf nicht gelingen, gälte Walters Zukunft als ungewiss. Ein nicht auszuschließender Trainerwechsel könnte eine Umstrukturierung des Kaders nach den Vorstellungen des möglichen neuen Übungsleiters mit sich bringen. Das alles ist natürlich viel Konjunktiv.

Klar ist aber: Schon jetzt deutet sich an, dass der eine oder andere Spieler und sein Berater nervös werden und sich anderweitig umgucken könnten, sollte es in der Sommerpause nicht zu einer Einigung über eine Ausweitung der Arbeitspapiere kommen. Denn nicht jeder der genannten Achsenspieler möchte mit einem auslaufenden Vertrag in die neue Saison gehen.

Jatta will beim HSV zum Topverdiener aufsteigen

Am kompliziertesten könnten sich die Verhandlungen über eine Verlängerung mit Bakery Jatta gestalten. Als der Gambier im Januar 2019, kurz vor Beginn der Rückrunde der ersten Zweitligasaison der Clubgeschichte, einen neuen Vertrag bis 2024 erhielt, hatte der damals 20-Jährige gerade einmal acht Startelfeinsätze beim HSV in seiner Vita stehen.

Folgerichtig ist Jattas Gehalt ein gutes Stück von den Topverdienern entfernt, zu denen er nach Abendblatt-Informationen in Anbetracht seiner Entwicklung zum Leistungsträger nun aber aufsteigen möchte.

Jatta fühlt sich mit dem HSV eng verbunden und würde am liebsten sofort einen langfristigen Vertrag unterschreiben, der für die Erste und Zweite Liga gilt. Doch auch der Derbyheld, der in dieser Saison zwar vier eigene Tore erzielte, aber erst einen Treffer vorbereitete, muss sich bis Juni gedulden.

HSV: Verlängert Heuer Fernandes nur bei Aufstieg?

Komplex könnte sich auch die Situation von Heuer Fernandes gestalten. Der Torhüter blockt zurzeit alle Gespräche über seine Zukunft ab, weil er dem großen Ziel Aufstieg alles unterordnen will. Auch mit dem möglichen Szenario eines Zweitligaverbleibs will sich Heuer Fernandes dem Vernehmen nach in diesen Tagen nicht beschäftigen.

Denkbar ist aber, dass er sich im Falle eines Nichtaufstiegs nach der Saison Gedanken über einen Abgang machen könnte. Der beste Torwart der Liga will unbedingt noch einmal in der Bundesliga spielen – am liebsten mit dem HSV.

Am entspanntesten scheint die Lage bei Schonlau und Meffert. Beide Führungsspieler haben sich zu Gesichtern des Clubs entwickelt und wissen das in sie gesteckte Vertrauen der Verantwortlichen im Volkspark wertzuschätzen. Ihre Identifikation mit dem HSV ist so hoch, dass sie ihre Verträge auch im Falle eines Zweitligaverbleibs verlängern würden.

Doch zunächst einmal will der HSV aufsteigen – und im Anschluss die Verträge der Achsenspieler Meffert, Schonlau, Heuer Fer­nandes und Jatta verlängern.