Hamburg. Ungewisse Ligazugehörigkeit stellt HSV-Chefs vor Herausforderungen. Immerhin: Lizenz ohne Auflagen erhalten. Was Boldt und Huwer planen.
Plötzlich gingen die Lichter aus. Als der HSV am vergangenen Freitag den 4:3-Sieg im Stadtderby gegen den FC St. Pauli feierte, wurde das Volksparkstadion in ein blaues Licht getaucht. Ein Raunen ging durch die Arena. Was zu diesem Zeitpunkt kaum jemand wusste: Es war die Premiere der neuen Lichtanlage im HSV-Stadion, das sich für die Europameisterschaft 2024 derzeit im Renovierungsprozess befindet. Die Arbeiten schreiten nach den monatelangen Irrungen und Wirrungen rund um die Finanzierung voran. Der Club legt damit die Grund- und Bausteine für die Zukunft des Stadions.
Alles andere als klar sind dagegen die Planungen für die kommende Saison. Der HSV spielt zwar die beste Saison seiner bisherigen Zweitligageschichte, doch die bisher geholten 56 Punkte reichen aktuell nur zu Platz drei. Zum Vergleich: Mit derselben Punktzahl wäre der HSV vor einem Jahr zu diesem Zeitpunkt mit drei Zählern Vorsprung vor Werder Bremen und Schalke 04 Tabellenführer gewesen. Somit hat der HSV Ende April einmal mehr die Ungewissheit, in welcher Liga er in der kommenden Saison spielt – und wie viel Geld dem Club dann zur Verfügung steht.
Eine komplizierte Planung für die Vorstände Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) sowie den Direktor Profifußball Claus Costa, der sich in den Transferplanungen für die neue Saison aktuell Zusagen für beide Ligen holen muss. Spieler wie Eintracht Braunschweigs Immanuël Pherai (21) wird der HSV aber nur bekommen können, wenn er aufsteigt. Der Club kennt diese Problematik aus den vergangenen Jahren.
HSV verhandelt mit Kühne über langfristigen Stadiondeal
Umso wichtiger ist es für den HSV, dass er seine finanziellen Planungen unabhängig von der Ligazugehörigkeit vorantreiben kann. Von der Deutschen Fußball Liga gab es gerade die Lizenz für beide Ligen ohne Auflagen oder Bedingungen. Und trotz der steigenden TV-Gelder – bei einem Aufstieg würde sich die Summe auf rund 35 Millionen Euro verdoppeln – bräuchte der HSV dann noch zusätzliches Geld, um einen bundesligatauglichen Kader zu stellen.
Eine der Lösungen führt einmal mehr zu Klaus-Michael Kühne. Mit dem Anteilseigner führt der Club nach Abendblatt-Informationen derzeit Gespräche über einen langfristigen Erwerb der Namensrechte am Volksparkstadion. Der aktuelle Vertrag läuft nach dieser Saison aus. In seinem Zehn-Punkte-Programm hatte Kühne im vergangenen Jahr vorgeschlagen, die Arena in Uwe-Seeler-Stadion zu benennen.
Sollte sich der HSV mit Kühne einigen, könnte ein Teil des Geldes auch in den Kader investiert werden. Und das im Optimalfall auch, wenn der Club den Aufstieg erneut verpasst und einen neuen Anlauf starten muss. Dann müsste der HSV Schlüsselspieler wie Ludovit Reis und Robert Glatzel ersetzen, die den HSV jeweils per Ausstiegsklausel verlassen würden. Mit den beiden Spielern könnte der HSV zumindest einen Transfergewinn erwirtschaften.
Bei Aufstieg teilweise Verdopplung der Sponsoren-Einnahmen
Einen wesentlichen finanziellen Mehrwert hätte ein Aufstieg auch bei den Zahlungen durch seine Sponsoren. Alleine die Summe durch Hauptsponsor Hanse Merkur würde sich von 2,6 Millionen Euro auf rund sechs Millionen Euro erhöhen. Die Verantwortlichen haben sich zwar mit einigen Sponsoren darauf geeinigt, in der Zweiten Liga genauso viel zu zahlen wie in der Bundesliga, weil die Reichweite beim HSV nicht geringer ist. Doch im Normalfall liegt der Unterschied bei 20 bis 100 Prozent.
Positiv registriert wird aktuell die Nachfrage im VIP- und Logenbereich sowie bei potenziellen Sponsoren, die sich konkret nach den Zielen und Perspektiven des HSV erkundigen.
HSV-Verlängerung mit Adidas nahezu ausgeschlossen
Nach der Verlängerung mit Biersponsor König Pilsener geht es beim HSV zeitnah um den Ausrüster-Vertrag. Die Vereinbarung mit Adidas läuft im Sommer 2024 aus. Sportvorstand Boldt pflegt zwar einen guten Kontakt zum neuen Adidas-Chef Björn Gulden, doch ein neuer Vertrag mit dem Unternehmen aus Herzogenaurach über das kommende Jahr hinaus ist nahezu ausgeschlossen.
Erheblichen Einfluss wird der Saisonausgang letztlich auch für Sportvorstand Jonas Boldt und Trainer Tim Walter haben. Schafft der HSV den Aufstieg, gehen die beiden zusammen in die neue Saison. Schaffen sie es nicht, dürfte sich das ändern. Zwar beinhaltet der Vertrag von Boldt die Option, dass der HSV sich von ihm trennen kann, sollte er nicht aufsteigen.
Die Frage wäre dann aber auch, ob Boldt selbst noch Lust hat, einen vierten Aufstiegsanlauf zu starten. Nach dem Spiel gegen St. Pauli gab sich der Manager kämpferisch. „Wir haben noch fünf spannende Spiele, in denen wir wieder alles geben müssen. Das werden ganz andere Spiele“, sagte Boldt.
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HSV: Huwer und Boldt suchen Marketing-Chef
An der Seite von Huwer fühlt sich der 41-Jährige wohl. Die beiden suchen derzeit nach einer neuen Führungskraft für den Bereich Marketing. Marleen Groß, die Leiterin der Business Unit Brand, Culture Digital, wird den HSV im Sommer verlassen.
Zuletzt musste zudem der Marketing-Verantwortliche Moritz Beckers-Schwarz den HSV nach wenigen Wochen wieder gehen. Grund soll eine interne Verfehlung gewesen sein, die Boldt und Huwer zum Handeln zwang. Nun suchen die beiden Vorstände über einen Headhunter nach einem Nachfolger.
Boldt und Huwer werden ihre Pläne für die Zweigleisigkeit noch in dieser Woche dem Aufsichtsrat vorstellen. Klarheit herrscht aber ohnehin erst Ende Mai, wenn der HSV am letzten Spieltag beim SV Sandhausen antritt.