Hamburg. Aktive Fanszene geht auf Konfrontationskurs mit HSV-Vorstand Huwer. Die Hintergründe des Konflikts und welche Fehler gemacht wurden.
Am Sonnabend werden die HSV-Fans ihrem Ruf als Krösus unter den zu Auswärtsspielen reisenden Anhängern mal wieder gerecht. 5000 bis 7000 Hamburger werden unter den 49.350 Zuschauern bei der Flutlichtpartie im Fritz-Walter-Stadion (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) erwartet. Eine Quote, die erneut von keiner anderen Anhängerschaft an diesem Spieltag überboten wird.
16,50 Euro kostete das günstigste Ticket für einen Stehplatz im Gästeblock auf dem Betzenberg, für 31,90 Euro war die teuerste Karte zu haben. Es sind Preise, die HSV-Fans auch gern im heimischen Volksparkstadion zahlen würden – vor allem beim Derby gegen St. Pauli (21. April), bei dem der HSV Preise zwischen 18 Euro und 99 Euro aufgerufen hat. Den günstigsten Sitzplatz gibt es für 40 Euro.
HSV-Tickets sorgen für Zoff: Wie es dazu kam
Für die aktive Fanszene ist damit die Grenze des Tolerierbaren überschritten. Seit Jahren sind sie der Meinung, dass sich die Ticketpreise vom gebotenen Zweitligafußball entfernt hätten. Beim zurückliegenden Heimspiel gegen Hannover ließen die treuen HSV-Fans ihrem Frust freien Lauf. „Fußball muss bezahlbar sein“, stand auf einem Banner, gefolgt von der Forderung„Ticketpreise senken“ sowie Anfeindungen gegen die Verantwortlichen, die sich „schämen“ sollten.
Wer aber ist für die Ticketpreise beim Stadtderby überhaupt verantwortlich? Ist es einzig und allein der vom Förderkreis „Nordtribüne Hamburg“ scharf kritisierte HSV-Finanzvorstand Eric Huwer, der die Fans laut ihrer Stellungnahme „gnadenlos“ ausnutze?
Wie das Abendblatt erfuhr, haben sich Huwer und Vorstandskollege Jonas Boldt gemeinsam mit Cornelius Göbel (Direktor Fankultur), Christian Pletz (Kommunikation) sowie Ticketchef Kay Voerste für das Preisniveau entschieden. Generell soll dieses erweiterte Vorstandsgremium um eine gesunde Balance aus sozialverträglichen Ticketpreisen sowie dem finanziellen Nutzen bemüht sein. Da der Zweitligist jedoch nicht allzu viele Möglichkeiten hat, mit einem einzigen Heimspiel mehr als zwei Millionen Euro aus dem Ticketing einzunehmen, scheint beim Derby das Pendel in Richtung der wirtschaftlichen Argumente ausgeschlagen zu sein.
HSV kontert Ticket-Kritik der Fans
Die Kritik der Fans, selbst der FC Bayern verlange weniger für seine Heimspiele, versteht der HSV nur bedingt. Schließlich sei der eigene Kartenverkauf prozentual gesehen eine wichtigere Einnahmequelle als für die Münchner, die durch TV- und Sponsorengelder mit ganz anderen Beträgen hantieren. Zudem zahle der HSV jährlich eine sechsstellige Summe an den HVV, wodurch auch die Shuttle-Busse vom Bahnhof Stellingen zum Stadion finanziert werden. Bei den Bayern ist der öffentliche Nahverkehr nicht inklusive.
Durch die immense Nachfrage – das Derby war binnen 50 Minuten ausverkauft – könnte sich der HSV in seiner Preispolitik bestätigt fühlen. Doch die Verantwortlichen sollen überrascht über die teilweise ins Persönliche gehende Tonalität der Fans sein. In der internen Aufarbeitung geht es nun darum, einen solchen öffentlich ausgetragenen Konflikt für die Zukunft zu vermeiden. Die naheliegendste Lösung: Der HSV muss seine Kommunikation mit den Fans verbessern, um für mehr Transparenz zu sorgen.
HSV will Fans bei Ticketpreisen mitnehmen
Seit der heftigen Fankritik befindet sich der Club im engeren Austausch mit der Anhängerschaft und will auch auf den im Abendblatt-Podcast geäußerten Vorschlag von HSV-Supporters-Chef Sven Freese eingehen. „Viel wichtiger als die Spitzen- sind sozialverträgliche Ticketpreise. Die unteren beiden Kategorien in der Kurve müssen niedrig gehalten werden“, hatte Freese vor zwei Wochen gefordert, ehe er zur 30-Jahresfeier der Fanorganisation auf Huwer traf.
Doch die Preisproblematik wurde im Haus des Sports von der Supporters-Führung nicht erwähnt. Stattdessen bereitete die aktive Fanszene im Hintergrund bereits öffentlichkeitswirksame Banner vor. Eine Strategie, die die Verantwortlichen verwundern soll.
HSV erhöht auch VIP-Ticketpreise und rechnet mit Lizenz ohne Auflagen
Im Übrigen haben die Hamburger auch die Preise für den VIP-Bereich erhöht. So sind alle Inhaber von Logen und Business Seats über eine zehnprozentige Preiserhöhung im Falle eines Zweitligaverbleibs informiert worden. Sollte der Aufstieg gelingen, wären die VIP-Tickets ohnehin teurer.
Der HSV begründete diese Maßnahmen mit der sich weiter auf hohem Niveau befindenden Inflation – und stieß dabei auf Verständnis. Wie das Abendblatt erfuhr, machten nur einzelne von ihrem am 31. März auslaufenden Kündigungsrecht Gebrauch. Die Hamburger rechnen auch für die kommende Saison mit einem zu 100 Prozent ausverkauften VIP-Bereich (3620 Business Seats, 711 Logenplätze).
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Und noch eine weitere frohe Botschaft erwartet den HSV. So wird die DFL in der kommenden Woche über die Lizenzen der Saison 2023/24 entscheiden. Beim HSV rechnet man fest mit einem positiven Bescheid – und zwar ohne Auflagen. Einnahmen aus dem Ticketing sind übrigens auch Teil der Lizenzierungsunterlagen.