Hamburg. 30 Jahre HSV Supporters Club: Drei Größen der Abteilung über Errungenschaften, Vereinspolitik, Investoren und Fankultur.

Hinter Sven Freese liegen ereignisreiche Tage. Nachdem der Chef der HSV Supporters anlässlich des 30. Geburtstags der Fanorganisation viel Zuspruch erfahren hatte, schaute er am Ehrentag der Abteilung auch beim Abendblatt vorbei. Stilecht gekleidet im neuen Sondertrikot, das der HSV zu Ehren der Supporters bei Ausrüster Adidas in Auftrag gab, erscheint Freese gemeinsam mit einem seiner Vorgänger, Ralf Bednarek, sowie Gründer Dirk Mansen zum Podcast „HSV – wir müssen reden“.

„Am Freitag fahren wahrscheinlich weit mehr als 20.000 HSVer zum Auswärtsspiel nach Düsseldorf“, freut sich Freese.

HSV-Supporters: Fan-Heimspiel in Düsseldorf

Mit ihrer Unterstützung in Düsseldorf wollen die mitreisenden HSV-Fans das Auswärts- zu einem Heimspiel gestalten und anschließend die Nacht zum Tag werden lassen. Geplant ist eine riesige Geburtstagsparty, von der Mansen am Gründungstag, dem 28. März 1993, nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

„Wir hatten immer den Wunsch nach Wachstum, aber dass es solche Ausmaße annimmt, hätte niemand erwartet“, sagt der zwischenzeitliche Leiter des HSV-Museums und heutige Fanbeauftragte in Bezug auf die fast 70.000 von den Supporters vertretenen Mitglieder. Eine „tolle Sache“, für die Hunderte Helfer ehrenamtlich arbeiten.

Einmal die Woche findet eine Sitzung der fünfköpfigen Abteilungsleitung statt, mindestens fünf Tage die Woche besucht Freese zudem abends eine Veranstaltung. „Ich habe unzählige neue WhatsApp-Gruppen dazugewonnen, die ich gar nicht alle aufzählen kann“, schildert der Kommunikationschef eines IT-Unternehmens seine ehrenamtliche Arbeit, von der auch Bednarek einiges berichten kann. „30 Stunden die Woche kommen neben dem Beruf schon hinzu. Das bringt Spaß, ist aber auch anstrengend.“

Die Errungenschaften der HSV-Supporters

Doch die Arbeit habe sich gelohnt, darin sind sich alle drei Supporters-Größen einig. Als das neue Stadion im Jahr 1998 gebaut wurde, setzte sich die Dachorganisation der Fans erfolgreich für den Erhalt und Ausbau der Stehplätze ein. Zudem wurden bereits montierte bunte Sitzschalen, die bei der TV-Übertragung eine nicht ausverkaufte Arena kaschieren sollten, dank der Proteste verhindert.

„Diese Beispiele zeigen, wie wichtig die Supporters für den Erhalt der Fankultur sind. Das waren unsere größten Errungenschaften“, erinnert sich Mansen, dessen Gedanken Bednarek vervollständigt: „Der Supporters Club war schon immer ein politisches Sprachrohr für die Fanszene.“

Ein weiterer Erfolg in der Geschichte der Fanorganisation war und ist der Sonderzug bei Auswärtsspielen. Ein Angebot, das während der Corona-Pandemie wie so vieles zu dieser Zeit stillstand und nun unter Freeses Führung wieder an Fahrt gewinnt. Vor zwei Wochen wurde eine gemeinsame Zugreise nach Karlsruhe (2:4) organisiert. Gleiches ist für Kaiserslautern (15. April) und Sandhausen (28. Mai) geplant.

„Immer wenn das Ticket-Kontingent groß genug ist, wird es auch einen Sonderzug geben. Das ist ein entscheidender Baustein für die Fankultur“, sagt Freese, der in vielen Punkten die Zustimmung von Mansen und Bednarek erhielt. Einzig beim Thema Vereinspolitik gingen die Meinungen teilweise auseinander.

HSV-Supporters machen sich für Schrum stark

Einig sind sich alle drei zunächst noch über eine gesunde Streitkultur. „Ein Verein, der nicht diskutiert, ist ein toter Verein“, legt Bednarek vor. „Kontroverse Diskussionen gehören zu einem so großen lebendigen Verein wie dem HSV dazu“, ergänzt Freese, der sich nach Abendblatt-Informationen gegenüber dem Präsidium mit Erfolg für die Rückkehr von Lena Schrum in den Aufsichtsrat eingesetzt hat. Über den Präsidiumsbeschluss muss nur noch der Beirat entscheiden, der Ex-Rätin Schrum schon einmal für geeignet hielt. Formsache also.

„Wir haben uns grundsätzlich klar für Diversität ausgesprochen“, sagt Freese etwas ausweichend im Podcast und kassiert prompt den Konter Bednareks. „Eine Frau unter sieben Aufsichtsräten entspricht weder der Gesellschafts- noch der Mitgliederstruktur.“

Mit Henrik Köncke sitzt zudem ein Fanvertreter im neuen Aufsichtsrat, der am Montag tagte. „Nichts ist schlimmer als ein gleichsprachiges Gremium. Es muss immer eine Gegenrede geben, dafür ist Henrik geeignet“, benennt Mansen eine der Aufgaben des ehemaligen Vorsängers, den alle drei für inhaltlich fähig halten.

HSV-Supporters: Warnung vor Investor Kühne

Unterschiedliche Haltungen wurden dagegen beim Thema Investoren sowie beim Dauerstreitthema Klaus-Michael Kühne deutlich. Zur angestrebten Rechtsformänderung von einer AG in eine KGaA sagte Bednarek in Richtung Freese, der diesen Prozess in einer Arbeitsgruppe begleitet: „Man hat das Gefühl: Da wedelt der Schwanz mit dem Hund“, begann der Anwalt.

Und weiter: „Eine wesentliche Idee einer KGaA ist es, weitere Anteilseigner hinzuzuziehen, ohne dass sich die Stimmverhältnisse verändern. Das mag aus juristischer Sicht keine Änderungen bringen, aber wir sehen es ja: Jeder, der Geld bezahlt, will mitreden. Das führt nicht unbedingt dazu, dass es ruhiger wird, deshalb sehe ich das ganz, ganz kritisch.“

Mansen zeigte anhand der europäisch spielenden Bundesligisten Union Berlin und Freiburg auf, dass sportlicher Erfolg auch ohne Investoren wie Kühne und sein 120-Millionen-Euro-Angebot möglich sei, womit er einen gelungenen Doppelpass mit Bednarek spielte. „Es gibt viele Vereine, die mit viel Geld ganz viel verbrannt und nichts erreicht haben“, sagte der Ex-Supporters­-Chef.

Mit seiner Warnung dürfte er auch den HSV gemeint haben.