Karlsruhe. Beim 2:4 in Karlsruhe legt der HSV eine schlimme erste Halbzeit hin und verpasst die Rückkehr an die Tabellenspitze.

Robert Glatzel fehlten die Worte. Der HSV-Stürmer stand wenige Minuten nach der 2:4 (0:3)-Niederlage beim Karlsruher SC am Spielfeldrand des BBBank Wildparks und wusste auch nicht so recht, was er sagen sollte. Die wenigen Worte, die Glatzel schließlich wählte, dürften ihre Deutlichkeit aber nicht verfehlt haben.

„Eine Vollkatastrophe“, sagte der 28-Jährige bei Sky. „Das hat nichts mit Zweiter Liga zu tun gehabt. Bodenlos.“ Glatzel hatte am Sonntag zwar seine Saisontore 15 und 16 erzielt, doch davon sprach an diesem Nachmittag niemand.

Noch deutlicher wurde Tim Walter. „Das war mit das Schlechteste, was der HSV jemals auf den Platz gebracht hat“, sagte der HSV-Trainer, der nach einer Roten Karte die letzten Minuten eines denkwürdigen Spiels nur noch von draußen verfolgen durfte.

HSV in Karlsruhe desolat

Es war das unwürdige Ende eines unterirdischen Auftritts – zumindest in der ersten Halbzeit. „Wir hatten keine Zweikampfführung, jeder Ball war beim Gegner, offensiv wie defensiv“, sagte Glatzel über die ersten 45 Minuten, nach denen der HSV mit 0:3 in Rückstand lag. Paul Nebel (11.), Leon Jensen (17.) und Fabian Schleusener (32.) hatten für den KSC getroffen.

Es hätten sogar noch ein paar Tore mehr sein können. Die Hamburger legten einen desolaten Auftritt hin, der auch durch das Fehlen von Kapitän Sebastian Schonlau nicht zu entschuldigen ist.

HSV verpasst Tabellenführung

Während in Hamburg zu Wochenendbeginn der Winter einbrach, begann in Karlsruhe am Sonntag der Frühling. Und wie schon so oft in den vergangenen Spielzeiten scheint dem HSV diese Jahreszeit auch 2023 nicht zu liegen.

Dabei hatte der Club vor der Abreise Richtung Baden zusätzlichen Antrieb erhalten. Die überraschende 1:3-Niederlage von Darmstadt 98 bei Arminia Bielefeld war gerade besiegelt, als der HSV-Tross am Sonnabend gegen 15 Uhr mit dem Flieger Richtung Frankfurt abhob.

Damit bot sich die Chance, erstmals seit dem elften Spieltag wieder an der Spitze der Zweiten Liga zu stehen. Am Ende ging der HSV erstmals in diesem Jahr als Verlierer vom Platz. Entscheidenden Anteil hatte ausgerechnet Ex-HSV-Stürmer Mikkel Kaufmann.

Javi Montero (r.) und William Mikelbrencis (l.) neben Ex-HSV-Stürmer Mikkel Kaufmann in die Mangel. Die beiden Abwehrspieler wurden noch vor der Pause eingewechselt.
Javi Montero (r.) und William Mikelbrencis (l.) neben Ex-HSV-Stürmer Mikkel Kaufmann in die Mangel. Die beiden Abwehrspieler wurden noch vor der Pause eingewechselt. © Witters

HSV verzweifelte an Ex-Profi Kaufmann

Walter hatte zwei Tage vor dem Spiel noch gesagt, dass sein ehemaliger Schützling beim HSV immer etwas „verpeilt“ gewesen sei und mehrfach verschlafen habe. Ob der Däne die Worte gelesen hat, ist nicht überliefert. In jedem Fall war Kaufmann von Beginn an hellwach, zeigte dem HSV, wie Zweikämpfe und Zweitligafußball funktionieren – und spielte ganz nebenbei zielstrebigen Fußball.

Zwar übertrieb es der Stürmer mit seiner Härte und sorgte mit seinem Einsatz dafür, dass Noah Katterbach mit Verdacht auf Gehirnerschütterung früh für William Mikelbrencis vom Platz musste (38.). Doch im Gegensatz zu seinen Ex-Kollegen führte Kaufmann intensive Zweikämpfe. Immer wieder setzte er die wackelige HSV-Abwehr unter Druck und eroberte die Bälle.

Vor allem Jonas David kam mit diesem Dauerpressing überhaupt nicht klar. Nach 38 Minuten und drei Gegentoren hatte Walter genug gesehen. Der Trainer nahm seinen Lieblingsschüler vom Platz und brachte Javi Montero. Kurioserweise hatte der Spanier vor vier Wochen das letzte Mal gespielt, als der HSV beim 1. FC Heidenheim ebenfalls mit 0:3 zur Halbzeit zurücklag und ohne Montero noch das 3:3 machte. Und diesmal? „Das Beste für den HSV ist, dass es nur 0:3 steht“, sagte Sky-Experte Torsten Mattuschka.

HSV-Trainer Walter sieht Rot

Wie schon in Heidenheim stellte Walter in der zweiten Halbzeit auf eine Dreierkette um. Und wie schon in Heidenheim begann die Aufholjagd des HSV. Mit Ransford Königsdörffer und Andras Nemeth kamen zwei zusätzliche Stürmer auf den Platz, die schon nach fünf Minuten mittendrin waren, als Robert Glatzel nach einer Ecke von Ludovit Reis auf 1:3 verkürzte. Und wie schon in Heidenheim fiel auch das 2:3, als Glatzel nach einer Flanke von Miro Muheim einköpfte (80.). Doch anders als in Heidenheim blieb das Drama diesmal ohne Happy End.

Lesen Sie auch die Einzelkritik:

Stattdessen sah Montero kurz vor Schluss nach einem Foul gegen Schleusener Gelb-Rot und wird damit gegen Holstein Kiel am kommenden Sonnabend fehlen. Auch Walter wird dann nur von der Tribüne aus zuschauen dürfen. Der HSV-Trainer lieferte sich nach dem entscheidenden Tor zum 4:2 durch Schleusener (89.) eine verbale Auseinandersetzung mit der KSC-Bank, nach der Karlsruhes Co-Trainer Zlatan Bajramovic Gelb und Walter Rot sahen.

Grund zur Reklamation war gegeben, da vor dem Pass von Marvin Wanitzek sein Teamkollege Jerome Gondorf den Ball mit der Hand gespielt hatte. Warum der Treffer trotz Videoüberprüfung zählte, blieb ein Rätsel.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

HSV muss Lehren aus Karlsruhe ziehen

Dem KSC wird es egal sein. Der fünfte Sieg in Serie war zudem der erste gegen den HSV nach elf Jahren. Nicht nur durch die Relegation 2015 hatte sich bei den Karlsruhern um Trainer Christian Eichner und Manager Oliver Kreuzer viel Wut auf den HSV angestaut, die sich an diesem Tag entlud.

Die Hamburger dagegen werden ihre Lehren aus dem erneuten Halbzeit-Desaster ziehen müssen, damit zum Frühlingsbeginn nicht wieder ein Frühjahrseinbruch einsetzt.