Hamburg. Nach der Mitgliederversammlung spricht der Präsident offen über seine Gefühle. Deutlich ist aber vor allem, was nicht gesagt wurde.

Als ein Großteil der HSV-Mitglieder am Sonnabend um 16.48 Uhr im CCH jubelnd aufsprang und vereinzelt sogar Sprechchöre zu hören waren, verzog Marcell Jansen zunächst keine Miene.

Wer aber dachte, dies sei ein Zeichen dafür, dass es den auf der Mitgliederversammlung soeben im Amt bestätigten e.V.-Präsidenten kalt lasse, die Abwahlanträge gegen ihn mit einer deutlichen Mehrheit (73,43 Prozent) überstanden zu haben, der sah sich getäuscht. Stattdessen genoss Jansen den Moment, wie er einige Stunden später gegenüber den Medienvertretern preisgab.

„Es hat mich sehr berührt, wenn Menschen für einen aufstehen und würdigen, was man macht“, sagte der 37 Jahre alte Ex-Profi über seine Gefühlslage. „Diese Szenen habe ich als eine Wertschätzung empfunden, die mir Kraft und Mut gibt.“

HSV: Jansen spricht von schlaflosen Nächten

Nach einem Jahr, in dem der Präsident und Aufsichtsratschef des HSV viel interne und externe Kritik einstecken musste, war Jansen die Erleichterung anzumerken, als ihm 467 der stimmberechtigten Mitglieder das Vertrauen aussprachen.

Jansen will dieses überraschend klare Votum allerdings nicht als Freifahrtschein für die Zukunft verstehen. Auch ihm ist nicht entgangen, dass er in nahezu jedem Wortbeitrag einer hitzig geführten Debatte über seine Rolle kritisiert wurde – auch von seinen vielen Fürsprechern.

Zu offensichtlich waren seine Fehler vor allem im Umgang mit Ex-Vorstand und Anteilseigner Thomas Wüstefeld. Trotz erdrückender Vorwürfe gegen den Medizinunternehmer und einem offen ausgetragenen Streit mit Investor Klaus-Michael Kühne habe er zu spät reagiert, weiß inzwischen auch Jansen. „Natürlich gab es auch schlaflose Nächte“, sagte der Präsident in Bezug auf sein zögerndes Verhalten, das sich in dieser Form im Interesse des HSV nicht noch einmal wiederholen sollte. So lautet zumindest sein Versprechen für die Zukunft.

„Selbstreflexion und Selbstkritik gehört immer dazu, sonst entwickelt man sich nicht weiter. Es ist zu Themen gekommen, die man hätte besser lösen können“, räumte Jansen ein. „Ich habe immer im Sinne der Mitgliedschaft agiert. Dieser Druck ist gar nicht so ohne.“

HSV: Boldt und Huwers vielsagendes Schweigen

Druck für Jansen dürfte es auch intern weiter geben. In all den Redebeiträgen im CCH war vor allem auffällig, was nicht gesagt wurde. Trotz zweier Abwahlanträge gegen Jansen erhielt der Präsident von keinem der HSV-Funktionäre Unterstützung. Bezeichnend auch, dass die Vorstände Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) Jansen in keiner Silbe erwähnten.

Der Konflikt, insbesondere zwischen Jansen und Boldt, ist auch nach der Mitgliederversammlung längst nicht ausgeräumt. Wenn sich der HSV nicht selbst im Weg stehen will, wird Jansen die internen Querelen aktiv angehen müssen, auch wenn er die Problematik nach außen nach wie vor kleinredet.

„Natürlich kommt es bei besprochenen Themen auch mal zu Reibung. Die Wahrheit liegt aber in den Sitzungen. Und dort haben wir in einem respektvollen Miteinander die Themen einheitlich besprochen“, sagt der Präsident über seine Funktion als Aufsichtsrat. „Natürlich gab es hitzige Diskussionen, aber wir haben uns immer wieder konstruktiv nach vorne ausgerichtet.“

Jansens Schlusswort: „Nur gemeinsam können wir es schaffen.“