Hamburg. Der HSV versprach eine Rückmeldung seines Vorstands, doch diese lässt weiterhin auf sich warten. Mitarbeiter des Clubs sind verwundert.

Es ist nur eine von vielen Rätseln um Thomas Wüstefeld, aber eine Antwort müsste für den HSV-Vorstand nicht schwer sein. Warum räumt er die Zweifel an seiner akademischen Qualifikation nicht kurzerhand aus? Auch nach einer Woche ist Wüstefeld dazu nicht willens oder in der Lage.

Am Dienstag vergangener Woche fragte das Abendblatt ihn danach, von welcher Universität sein Professoren- und sein Doktortitel stammen, die Wüstefeld nach Recherchen dieser Redaktion auch in offiziellen Dokumenten führt. Am Donnerstag folgte eine schriftliche Anfrage, da Wüstefeld keine genauen Angaben machte und sich zudem widersprüchlich geäußert hat. Seitdem erneuerte das Abendblatt die Anfrage mehrfach und bat um die Beantwortung der einfachen Fragen, zunächst ohne Reaktion.

Am Montagabend schrieb der HSV in einer E-Mail an die Redaktion, dass Wüstefeld am folgenden Tag eine Rückmeldung geben werde. Diese blieb jedoch am Dienstagabend ebenfalls aus.

HSV-Vorstand schweigt – Umfeld hat keine Erklärung

Warum Wüstefeld zu seinen akademischen Titeln schweigt, ist auch für Mitarbeiter des HSV nicht zu erklären. Dabei gibt es nicht nur im Aufsichtsrat ein gesteigertes Interesse daran, dass Wüstefeld diese und andere Probleme um seine Person auflöst, die das gesamte Bild der HSV-Führung schwer beschädigen.

Wüstefeld selbst hatte im NDR-Sportclub am Sonntag davon gesprochen, Belege vorzulegen, wenn dies erforderlich sei. Er habe schließlich „studiert und meine Arbeiten gemacht“. Dem „Spiegel“ und dem Abendblatt warf er angesichts der Berichterstattung über weitere Vorwürfe gegen ihn gleichsam „Sensationsjournalismus“ und eine Kampagne gegen ihn vor.

Wüstefeld steht nicht unter Betrugsverdacht – aber widerspricht sich selbst

Das Abendblatt hatte die Zweifel an den akademischen Titeln am Sonnabend öffentlich gemacht, nachdem eine intensive Recherche in nationalen und internationalen Datenbanken nach der akademischen Qualifikation erfolglos geblieben war und Wüstefeld eine längere Frist für die Nennung einer Hochschule oder Universität hatte verstreichen lassen.

Vor allem zwei Widersprüche, die er selbst in die Welt setzte, hat Wüstefeld bislang nicht aufgeklärt. Erstens sagte er den Abendblatt-Redakteuren in der vergangenen Woche, sein Professortitel stamme nicht aus der Schweiz, obwohl er genau dies zuvor gegenüber anderen Reportern angegeben hatte. Zweitens bestand Wüstefeld energisch darauf, dass er den Professortitel nicht nutze – obwohl er ihn nachweislich nicht nur in Jahresabschlüssen und Handelsregistereinträgen seiner Firmen, sondern auch ganz offen im Internet trägt. So ist Wüstefeld unter anderem in einem Branchenregister mit einer Tätigkeit in der Bauinformatik als „Prof. Dr. Thomas Wüstefeld“ betitelt.

Hat Wüstefeld sogar drei hochakademische Titel?

Das ist aber nicht die einzige Kombination seiner Titel, die zu finden ist: Er trägt auch einen „PhD“ an unterschiedlicher Stelle oder in Klammern auf den Websites seiner Firmen, mehrfach auch zusätzlich zum Doktor. Im Gespräch mit dem Abendblatt sagte Wüstefeld, dass er „auch in den USA“ gewesen sei – und meint damit wohl eine akademische Betätigung dort. Ebenso sei er sowohl Diplom-Ingenieur als auch Diplom-Ökonom.

Die Führung ausländischer Titel ist in Hamburg klar reglementiert. Wie die Wissenschaftsbehörde auf Anfrage mitteilte, darf ein amerikanischer „PhD“ dann zum „Dr.“ übersetzt und getragen werden, wenn die verleihende Hochschule nach den Maßstäben der „Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching“ als Institut mit einer „hohen“ oder „sehr hohen“ Forschungsaktivität einstuft. Klar macht die Behörde zudem: „Die gleichzeitige Führung beider Abkürzungen ist nicht zulässig.“ Dass sich Wüstefeld also auch mit beiden Titeln bezeichnen lässt, setzt voraus, dass er den „PhD“ zusätzlich zum deutschen Doktortitel erwarb.

Eine Spur von seinem akademischen Werdegang war aber auch in amerikanischen Datenbanken nicht zu finden. Bevor Wüstefeld die schriftliche Anfrage des Abendblatts zunächst ignorierte, betonte er im Gespräch, dass seine Promotion und seine Lehrtätigkeit schon länger zurück lägen.