Köln. HSV verliert im ersten Test des Jahres 0:4 beim 1. FC Köln. Derweil steht Tim Leibold vor einem Abgang in die USA.
Tim Walter wollte sich nichts anmerken lassen. Nach dem 120 Minuten langen Test beim 1. FC Köln stand der Trainer des HSV mit Kölns Kingsley Schindler auf dem Rasen des Franz-Kremer-Stadions. Sie scherzten, lachten und schwelgten vermutlich in Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit bei Holstein Kiel; spätestens als dann auch noch László Bénes, der im Frühjahr 2019 an die „Störche“ verliehen war, dazukam.
Das Spiel hatte allerdings wenig Anlass zum Scherzen geboten. Bei der 0:4 (0:2)-Niederlage am Sonnabend offenbarte Walters Mannschaft viele Schwächen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es für den HSV der erste Test seit sechs Wochen war. Hinter dem Team lag außerdem eine intensive Trainingswoche. „Wir sind richtig, richtig, richtig am Arsch“, stellte Walter diesbezüglich fest. Und ohnehin: „Gegen so eine Mannschaft kann man auch verlieren, von daher ist alles okay.“
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Im bislang letzten Pflichtspiel gegen den „Effzeh“ hatte der HSV allerdings bewiesen, dass er unter Wettbewerbsbedingungen sehr wohl mit Erstligavereinen mithalten kann. Beim Pokalachtelfinale vor zwölf Monaten im RheinEnergie-Stadion setzten sich die Hamburger mit 4:3 (1:1 n. V.) nach Elfmeterschießen durch. Auch deshalb war Walter anzumerken, dass er dann doch nicht so genügsam war, wie es seine Worte zunächst anmuten ließen.
Als der Trainer etwas tiefer in die Analyse ging, fiel vor allem ein Ärgernis auf. „Wir waren nicht konsequent im Abschluss, machen halbherzige Kopfbälle. Da muss man auch durchziehen“, sagte er und wiederholte später: „Wir müssen immer 100 Prozent geben, immer 100 Prozent zum Kopfball da sein. Das haben wir heute nicht geschafft.“
Angespielt hatte er damit auf eine Szene in der 72. Spielminute, als Jean-Luc Dompé mustergültig auf Xavier Amaechi flankte, dessen Kopfball aus kürzester Distanz aber mühelos von Torhüter Matthias Köbbing entschärft werden konnte. Amaechi, der erst zur 60. Minute in die Partie gekommen war, wurde nach 110 Minuten wieder ausgewechselt.
Tim Leibold steht vor Unterschrift beim MLS-Club Sporting Kansas City
Walter bemängelte aber nicht nur fehlende Konsequenz im Offensivspiel. „Die ersten zwei Tore schießen wir uns selber rein“, führte er aus und ließ damit kein gutes Haar an Verteidiger William Mikelbrencis, der zweimal zu passiv agierte, bevor Denis Huseinbašić per Doppelschlag zur Kölner Führung traf (48./50.).
Dass der 18 Jahre alte Franzose auf ungewohnter Position auflief, lag auch daran, dass mit Ausnahme von Bent Andresen (20) kein etatmäßiger Linksverteidiger im Kader stand. Während Miro Muheim mit einer Prellung aussetzte, fehlte Tim Leibold nach Vereinsangaben „aus privaten Gründen“. Tatsächlich soll der frühere Kapitän vor einem Abgang in die USA stehen. Laut „Bild“ liegt Leibold ein Dreijahresvertrag vom MLS-Club Sporting Kansas City vor. „Timi hat heute einfach private Dinge zu regeln gehabt, deshalb war er am Wochenende nicht dabei“, wollte sich Walter auf keine Details einlassen.
Leibold, der 2019 vom 1. FC Nürnberg nach Hamburg kam, war unter Dieter Hecking gesetzt und wurde von Daniel Thioune später sogar zum Kapitän befördert. Als Walter im Juli 2021 zum HSV kam, machte er kurzerhand Sebastian Schonlau zum Spielführer. Leibold blieb zwar Stammspieler, riss sich im Oktober 2021 aber das Kreuzband.
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Seitdem hat der offensivstarke Linksfuß erst vier Partien bestritten, davon zwei von Beginn an. Wegen eines Muskelfaserrisses verpasste der 29-Jährige die vergangenen acht Pflichtspiele. Gut möglich, dass sein im Sommer auslaufender Kontrakt vorzeitig aufgelöst wird, um Gehalt zu sparen. Walter: „Wir haben immer gesagt, dass wir rechtzeitig miteinander reden werden. Ob er sich verändern will, ob wir sagen, wir wollen mit ihm weitermachen – das wird man sehen.“
Anlass zur Freude bereitete derweil die Rückkehr von Bakery Jatta und Moritz Heyer. Beide hatten sich am 18. Oktober beim Pokalspiel in Leipzig (0:4) einen Außenbandriss im Sprunggelenk zugezogen. Während Jatta nach einer Stunde durch Ogechika Heil ersetzt wurde, stand Heyer die gesamten 120 Minuten über auf dem Feld.
Der 27-Jährige bekam also mit, wie Kölns 18 Jahre alter Stürmer Justin Diehl im dritten Viertel auf 3:0 stellte (88.) und Schindler mit einem sehenswerten Heber den 4:0-Endstand besorgte (120.).
Anssi Suhonen verpasst HSV-Trainingslager
„Dass unsere Fehler aufgezeigt werden, ist gar nicht so verkehrt“, bilanzierte Walter. Für das Trainingslager im spanischen Sotogrande (11. bis 19. Januar) steht demnach genug Arbeit an. Anssi Suhonen wird dann nicht dabei sein können.
Der Finne zog sich einen Sehneneinriss im Oberschenkel zu und fällt damit mehrere Wochen aus. Bénes setzte in Köln mit muskulären Problemen nur vorsichtshalber aus. „Wir arbeiten immer an allem. Die Abstimmung kommt mit den Spielen und mit dem Training“, unterstrich Walter mit Blick auf die weitere Vorbereitung. Wenn dem so ist, dürfte dem Trainer nach dem Pflichtspielauftakt am 29. Januar gegen Eintracht Braunschweig auch tatsächlich zum Scherzen zumute sein.