Hamburg. Der Neuzugang rutschte überraschend für Heuer Fernandes ins Tor und erklärte seinen Wechsel, für den er gescholten wurde.
So richtig wollte sich Matheo Raab sein Grinsen über das geglückte Debüt beim HSV nicht verkneifen, als er zu später Stunde nach der unglücklichen Punkteteilung gegen Kaiserslautern (1:1) vor das Sky-Mikrofon trat. Zu sehr überwog die persönliche Freude über den nächsten Karriereschritt des 23-Jährigen, der den emotionalen Härtetest vor 57.000 Zuschauer im Volksparkstadion mit Bravour bestand.
Dabei erfuhr der talentierte Torhüter erst am Spieltag von seinem Glück, im Traditionsduell gegen seinen Ex-Club zwischen den Pfosten gebraucht zu werden, weil Stammtorwart Daniel Heuer Fernandes mit einem Magen-Darm-Infekt flach lag. „Man kann sich nicht ausmalen, was ich in dem Moment gedacht habe. Jeder kleine Junge freut sich, hier vor so einer Kulisse spielen zu dürfen. Was gibt es Geileres?“, fragte Raab rhetorisch.
Schon mit der Verkündung der Aufstellung war klar, dass Raab auch nach den 90 Minuten im Fokus stehen würde. Schließlich wechselte er erst im Sommer von Kaiserslautern nach Hamburg. Doch eine Berichterstattung allein auf Basis der alt bekannten Floskeln über die Fußballgeschichtsbücher aufzuziehen, würde Raab nicht gerecht. Stattdessen sollte seine „starke Leistung“ (HSV-Trainer Tim Walter) im Vordergrund stehen.
HSV-Keeper Matheo Raab entschuldigt sich
Raab, der vor zwei Jahren noch in der Dritten Liga bei Kaiserslautern auf der Ersatzbank saß, hielt an diesem Abend, was es zu halten gab. Bei einer Szene zu Beginn der Zweiten Halbzeit untermauerte der junge Mann, über welches Potenzial er verfügt, als er sich gegen den allein auf ihn zulaufenden Gäste-Torjäger Terrence Boyd außerordentlich breitmachte und mit einer Fußabwehr parierte.
Doch genau diese Szene war es auch, die Raab hinterher zum Nachdenken brachte. Feierte er sich auf dem Platz noch ausgelassen für seine Parade, schlug er nach der Partie einen ganz anderen Ton ein. „In dem Moment war ich nicht ganz fair und kann mich nur entschuldigen. Die Emotionen kochten in mir hoch, als ich so eine hundertprozentige Torchance am Pfosten vorbei lenkte. Ich bin eigentlich ein fairer Sportsmann. Es tut mir leid.“
Der Grund für seine Reue: Es gab im Anschluss Abstoß für den HSV statt Eckball für Kaiserslautern. Schiedsrichter Robert Hartmann hatte wegen des durch die Pyro-zündelnden Gästefans verursachten dichten Nebels nicht genau erkennen können, ob der HSV-Torhüter den Ball mit dem Fuß berührte. „Er hatte mich noch gefragt“, gab Raab ehrlich zu, bei seiner Antwort nicht ganz die Wahrheit gesagt zu haben.
Matheo Raab erklärt Wechsel zum HSV
Sei's drum. Weitaus relevanter für Raab dürfte es sein, seinen Kritikern gezeigt zu haben, warum er als Aufstiegsheld und Stammspieler Kaiserslauterns in die Hansestadt gewechselt ist, wo er sich erst einmal hinter dem womöglich besten Torwart der Zweiten Liga einreihen muss.
Raab erklärte am Sonnabend, dass sein Abgang aus der Pfalz für ihn bereits Anfang der Rückrunde der vergangenen Saison feststand. Einzig das Ziel sei noch unklar gewesen – bis der HSV anklopfte und ihn von einem Wechsel überzeugte. „Anfangs war es eine brutale Umstellung für mich. Ich wollte aus meiner Komfortzone heraus und etwas neues kennenlernen. Ein neues Leben, eine neue Stadt.“
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Matheo Raab will Nummer eins beim HSV werden
Mit Blick auf die zu erwartende geringe Spielzeit beim HSV warnte Raab seine Kritiker davor, ein vorschnelles Urteil zu fällen. „Ich habe von klein auf nichts geschenkt bekommen. Deshalb scheute ich auch hier den Konkurrenzkampf nicht. Ich mache weiter so und bin fest davon überzeugt, dass meine Arbeit Früchte tragen wird.“
Doch bis es irgendwann einmal so weit sein könnte, muss Raab wohl einiges an Geduld mitbringen. Beim Stadtderby am kommenden Freitag auf St. Pauli wird Stammkeeper Heuer Fernandes, dem nicht nur Raab eine „überragende Saison“ bescheinigt, wieder zwischen den Pfosten stehen.
Raab wird dann wieder ohne zu murren auf der Bank Platz nehmen – und auf seine nächste Chance lauern.