Hamburg. Die einst so großen Traditionsclubs treffen seit 2011 erstmals in Hamburg in der zweiten Liga wieder aufeinander.

Die deutsche Meisterschaft hatte der 1. FC Kaiserslautern schon am vorletzten Spieltag perfekt gemacht. Entsprechend üppig fielen die Feierlichkeiten vor der Partie in Hamburg aus. „Obwohl die Gäste Reaktionszeiten im Fahrverbotsbereich von mehr als 0,8 Promille hatten, wusste der HSV mit dem Freiraum bei eingeschränktem Gesichtsfeld der Lauterer nichts anzufangen“, schrieb das Abendblatt 1998 über das 1:1.

Doch das interessierte am Ende niemanden. Das Team von Trainer Otto Rehhagel bejubelte die sensationelle Auferstehung, als Aufsteiger den Titel zu gewinnen. Der HSV wiederum konnte mit dem hart erkämpften Klassenerhalt einen Haken unter die Serie setzen.

HSV Hamburg: Das Spiel vor 24 Jahren war ausverkauft

Mit 58.000 Zuschauern war das Duell zwischen den Gründungsmitgliedern der Fußball-Bundesliga damals ausverkauft. Und auch am Sonnabend, wenn die Pfälzer das erste Mal seit elf Jahren wieder in Hamburg antreten, sind alle Tickets abgesetzt. Das ist es aber auch an Ähnlichkeiten. Noch nicht einmal das Stadion ist noch da. Mit der Meisterfeier für Kaiserslautern hieß es, Abschied zu nehmen von der alten, ungemütlichen Schüssel im Volkspark. Anfang Juni rollten die Bagger für den Umbau der modernen Arena an.

24 Jahre später ist nicht nur das neue Volksparkstadion ein Sanierungsfall. Dass es beide Clubs überhaupt noch in dieser Form gibt, wenn auch nicht mehr in der deutschen Eliteliga, ist im Grunde überraschend, fehlt ihnen über nun schon viele Jahre ein sturmfestes Fundament.

Für den FC Kaiserslautern ging es stetig bergab

Wer sich die Historie des FCK seit 1998 anschaut, findet reichlich Gründe für den Absturz, beginnend mit dem Stadionumbau für die WM 2006 in Deutschland. Weil der Bauunternehmer in die Insolvenz schlitterte und die Kosten stiegen, stand Kaiserslautern plötzlich vor einem Millionenberg an Schulden. 2003 mussten die Pfälzer den Betzenberg, der seit 1985 den Namen von Fritz Walter trägt, und das Nachwuchsleistungszentrum für 57,9 Millionen Euro an die Stadt Kaiserslautern verkaufen.

Stetig bergab ging es auch deshalb, weil die Verantwortlichen regelmäßig auf dem Transfermarkt danebengriffen mit (teuren) Fehleinkäufen wie Youri Djorkaeff oder Taribo West und dabei völlig überzogene Deals mit geschäftstüchtigen Spielerberatern eingingen.

FC Kaiserslautern: 29 Trainer seit Rehhagel

Die sportlichen Schwankungen mit dem zweiten Abstieg 2006, dem Wiederaufstieg in die Erste Liga 2010 und dem abermaligen Abstieg 2012 sowie dem Absturz 2018 in die Dritte Liga führten naturgemäß zu einer inflationären Häufung an Wechseln auf Führungspositionen. 29 Trainer durften sich seit Rehhagels Ende 2000 in der Pfalz versuchen, zehn Vorstandsvorsitzende, sechs Aufsichtsratsvorsitzende, zehn Manager und, und, und.

Der Club musste sich Geld von den Fans borgen („Betze-Anleihe 2013 und 2019“), gliederte seine Lizenzspielerabteilung aus (2018), ging einen Investorendeal mit dem Luxemburger Unternehmer Flavio Becca ein und musste 2020 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung stellen.

Niedergang des FCK sollte dem HSV als Warnung dienen

Und, an wie vielen Stellen haben Sie „wie beim HSV“ gedacht? Natürlich, die Hamburger stehen derzeit sportlich deutlich besser da. Und selbstverständlich kann in dieser Saison im fünften Anlauf auch die Rückkehr in die Bundesliga gelingen. Der Niedergang des FCK sollte aber als eindringliche Warnung dienen, wie schnell Hoffnungen auf einen stabilen Aufschwung verpuffen und sich ins Gegenteil wenden können. Oder wie dramatisch sich finanziell eine Führungskrise auswirken kann, in die jetzt gerade der HSV wieder geraten ist.

Es hätte eigentlich zum FCK gepasst, sich bei den Fans Geld für ein Nachwuchsleistungszentrum zu leihen und es in die Liquidität fließen zu lassen, genau wie ein paar Jahre später das Stadiongrundstück zu verkaufen, um seine Arena vor der EM zu sanieren und später noch mal bei der Stadt um eine Bürgschaft für genau diese Modernisierung zu betteln, weil die Kohle weg ist.

HSV Hamburg: Es braucht Ordnung in den Führungsstrukturen

Erlebt haben wir alle es in Hamburg mit dem HSV, der wie der FCK nur noch groß ist, wenn es um Tradition geht. Bis zur nächsten Auferstehung mit einem Titelgewinn werden beide Fanlager lange warten müssen. Sehr, sehr lange. Vorerst wären viele HSV-Fans wohl aber einfach nur froh, würde es ihr Club endlich schaffen, Ordnung in die Führungsstrukturen zu bekommen.