Hamburg. Vor allem bei Instagram sind die wissbegierigen HSVer unterwegs: Und manchmal wird aus einem Gerücht tatsächlich mehr.

Am 30. Mai 2021 erhielt Matteo Hanitsch eine private Nachricht. Eine vertraute Person aus dem Umfeld von Ludovit Reis hatte dem HSV-Fan über Instagram geschrieben. Inhalt der Nachricht: Der Niederländer vom FC Barcelona befindet sich zu Vertragsverhandlungen im Volkspark. Hanitsch, ein 18 Jahre junger Abiturient aus Hamburg-Horn, prüfte über das soziale Netzwerk, ob diese Person tatsächlich eine Verbindung zu Reis hat. Hatte sie. Also postete Hanitsch über seine Instagram-Seite hsv_nachrichten, dass der Reis-Wechsel von Barcelona zum HSV kurz bevorstehe. Exklusiv vor allen anderen. Drei Wochen später wurde der Transfer tatsächlich offiziell.

„Das war natürlich ein Glücksgriff“, sagt Hanitsch ein Jahr später im Gespräch mit dem Abendblatt. Der Schüler ist einer von vielen HSV-Fans, die es sich zum Hobby gemacht haben, im Internet nach neuen Transfergerüchten zu suchen. Fast 10.000 User versorgt Hanitsch mit seiner Seite jeden Tag mit aktuellen Nachrichten über seinen Lieblingsverein. Und er ist nicht allein. Über Facebook, Instagram und Twitter informieren mittlerweile immer mehr Accounts über den HSV. Besonders beliebt: Transfergerüchte.

„Für uns alle ist die Transferphase die spannendste Zeit. Man kann selbst Scout spielen und schauen, welche Spieler passen könnten. Das polarisiert sehr viele HSV-Fans“, sagt Hanitsch, der mitunter drei Stunden am Tag in sein Hobby investiert.

Wie HSV-Fans Transfers aufspüren

Hanitsch und seine digitalen Kollegen wirbeln mit ihren Social-Media-Seiten das Transfertreiben durchaus durcheinander. Jonas Boldt, der Sportvorstand des HSV, bezeichnete die Gier nach Gerüchten schon mehrfach als „Hype“. Der 40-Jährige folgt auf Instagram selbst den Seiten wie hsv_nachrichten, hsv.newstime oder hsv1887tv und ist dadurch jederzeit informiert über jegliche Spekulationen. Gerüchte kommentiert Boldt aber grundsätzlich nicht. „Seit Boldt beim HSV ist, hört man meistens erst einen Tag vorher von möglichen Neuzugängen“, sagt Hanitsch.

Doch damit geben sich die vielen Hobbyscouts nicht zufrieden. Die „Twitter-Bubble“, wie Hanitsch sie nennt, wird immer kreativer. Sie heißen „Elmajestro“, „David1887HSV“ oder „1887HSV“ und spüren jedes Gerücht auf, das es im Netz zum HSV zu finden gibt. Letzterer sorgte mit dem Beitrag, dass Isaac Schmidt vom Schweizer Erstligisten St. Gallen nach Hamburg kommt, für Wirbel. „Ich lege mich fest und kann mich nur selbst als Quelle nennen. Isaac Osas Schmidt wird zum HSV wechseln“, schrieb der User.

Er hatte gesehen, dass der 22-Jährige seit Sonntag dem HSV auf Instagram folgt und nahm über dessen Seite direkten Kontakt zu dem Spieler auf. Eine Quelle, die immer häufiger Ursprung vieler Gerüchte ist. Und sich oft auch als richtig erweist. So wird den Usern nicht entgangen sein, dass auch HSV-Chefscout Claus Costa dem variablen Flügelstürmer auf Instagram folgt.

HSV-Gerüchte über Bénes und Youan

Viele Fans sehnen sich förmlich nach neuen Gerüchten, mit denen sie sich beschäftigen können. Am Montag kursierten gleich vier neue Namen im Netz. Neben Schmidt soll der HSV auch an dessen Teamkollegen Élie Youan (23) interessiert sein. Der ehemalige Nürnberger Nikola Dovedan (27) sei sogar schon auf der Geschäftsstelle des HSV gesehen worden. Die Mitglieder der größten Newsseite hsv1887tv vermeldeten zudem, dass der HSV im Austausch mit Borussia Mönchengladbach sei, um eine Leihe von Mittelfeldspieler Lászlo Bénes (24) zu finalisieren.

Vor zwei Wochen verkündete die Seite exklusiv den Transfer von Filip Bilbija von Ingolstadt zum HSV. Woher die anonymen User ihre Informationen bekommen, wollen sie nicht verraten. Manche haben Kontakte in den Club, manch anderer bekommt mit, wenn etwa ein Neuzugang am Flughafen ankommt.

Warum ausgerechnet HSV-Fan Matteo Hanitsch vor einem Jahr den Reis-Transfer erfuhr? „Meine Quelle wollte sich mit der Info für meine Arbeit bedanken“, sagt er. „Vielleicht ist es aber auch nur ein Mittel, um den Transfer zu beschleunigen oder den Spieler auf dem Markt interessanter zu machen“, sagt Hanitsch.

Transfers: Wenn der HSV seine Fans überrascht

Nicht nur er wartet auf den nächsten Neuzugang. Doch trotz aller Gerüchte deutet sich an, dass der HSV bis zum Trainingsstart keinen Transfer mehr abwickeln wird. Möglich ist aber, dass der Wechsel von Sonny Kittel in die USA bis dahin vollzogen wird. „Ich war immer ein Fan von Kittel, habe aber auch gemerkt, dass er am Ende abgetaucht ist“, sagt Hanitsch, der bereits mögliche Nachfolger ausgeguckt hat.

Neben Ransford Königsdörffer, der von Dynamo Dresden kommen soll, wünscht sich der Fan Fabian Reese (24) von Holstein Kiel. „Er kann auf beiden Flügeln spielen und hat nur noch ein Jahr Vertrag“, sagt Hanitsch. Alternativ: „Shinta Appelkamp aus Düsseldorf hat viel Potenzial. Auch eine Leihe von Stuttgarts Mateo Klimowicz kann ich mir vorstellen.“ Hanitschs Traum: Crysencio Summerville (20) von Leeds United.

Exklusiv hätte er den Namen nicht. Schon im Winter war der HSV interessiert. Am Ende kam Giorgi Chakvetadze. Den hatte wirklich keiner auf dem Zettel.