Hamburg. Der HSV bekam zum wiederholten Male einen Elfmeter verwehrt. Boldt sorgt sich um den Fußball – und hat Transfers im Blick.
Auch am Tag nach der 0:1-Niederlage des HSV im Nordduell bei Hannover 96 überwog bei Jonas Boldt noch immer der Frust über den nicht gegeben Elfmeter unmittelbar vor dem Gegentor. Zur Erinnerung: Bakery Jatta war im Strafraum von Hannovers Rechtsverteidiger Sei Muroya regelwidrig zu Fall gebracht worden (13.). Nahezu im direkten Gegenzug schoss Linton Maina die Niedersachsen in Führung (14.). Nach Einschätzung aller Experten hätte es allerdings Elfmeter für den HSV statt Tor für Hannover geben müssen.
Doch mit der Expertise ist das so eine Sache. Denn die zweifelt Boldt inzwischen bei einigen Schiedsrichtern an. „Ich habe mittlerweile große Sorge in der Bewertung von Fußballspielen“, begann der Sportvorstand des HSV bei einer Fragerunde seine Rede, die vollgepackt mit mahnenden Worten an die Unparteiischen war. Ein Problem habe der Manager vor allem mit der Kommunikation und der Selbstreflexion der Referees.
„Ich will überhaupt nicht sagen, dass der HSV bewusst benachteiligt wird. Aber wenn man dann in den Dialog geht, und es wird erklärt: ,Ja, es gab einen Kontakt. Aber ist das jetzt ein Touch oder ein Tritt?'“, zitierte Boldt die angeblich nach der Partie gewählten Worte von Schiedsrichter Sascha Stegemann und schüttelte den Kopf. „Nein, es ist ein Foul!“
HSV: Jonas Boldt hat Elfmeter-Frust
Selbst Hannovers Übeltäter Muroya habe nach Angaben des HSV-Verantwortlichen zugegeben, Jatta elfmeterreif gefoult zu haben. Anders als von Sky-Experte Torsten Mattuschka behauptet, sei die Szene auch im Kölner Keller von Videoschiedsrichter Robert Kampka überprüft, aber „falsch bewertet“ worden. Ein Urteil, das bei Boldt für Unverständnis sorgt. „Ich verstehe nicht, warum sich die Schiedsrichter das Leben selber so schwer machen. Es war eine ganz einfache Situation, eine Steilvorlage!“
Als Steilvorlage könnte auch der HSV die folgenreiche Fehlentscheidung nutzen, um die erste Niederlage nach zuvor zwölf ungeschlagenen Spielen in Serie zu rechtfertigen. Doch so einfach will es sich Boldt dann eben auch nicht machen. „Man muss ein bisschen aufpassen, sich nicht selber ein zu großes Alibi zu geben, indem man sich an dieser einen Szene aufhängt. Wir wissen, dass wir noch genug Zeit und Möglichkeiten hatten, die wir hätten besser ausspielen können.“
Doch das tat der HSV eben nicht – zum wiederholten Male in dieser Saison. „Wir tun uns manchmal schwer, Tore zu schießen. Da müssen wir uns verbessern“, weiß auch Boldt.
Elfmeter? Boldt benennt falsch gepfiffene HSV-Spiele
Verbessern sollten sich nach Ansicht des Vorstands in Zukunft auch die Schiedsrichterleistungen. Denn schon auf St. Pauli (2:3), gegen Fortuna Düsseldorf (1:1) und im DFB-Pokal gegen Nürnberg (4:2 i.E.) bekam der HSV zu Unrecht einen Elfmeter verwehrt.
„Es war gegen St. Pauli ein klares Foul an Jatta“, schimpfte Boldt und zählte die weiteren Fälle auf. „Es war gegen Düsseldorf ein klares Foul an Suhonen. Dann kriegt Alidou im Pokal eine Gelbe Karte wegen einer Schwalbe, als der Gegner ihm den Stutzen auftritt. Und am Sonntag gegen Jatta hieß es dann, der Kontakt reiche nicht aus. Wenn die Spiele falsch bewertet werden, dann habe ich große Sorgen.“
Jonas Boldt über Transfer-Pläne des HSV
Weniger sorgenvoll blickt Boldt dagegen auf die letzten beiden Heimspiele vor der Winterpause gegen Hansa Rostock (Sonntag, 13.30 Uhr) und Schalke 04 (18. Dezember) – auch wenn das Spiel in Hannover „eine gute Gelegenheit gewesen wäre, Anschluss zu finden“. Spätestens seit dem heutigen Dienstag richtet sich sein Blick aber wieder nach vorne. „Jetzt müssen wir uns straffen und die beiden Spiele vor Weihnachten erfolgreich gestalten.“
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Und was passiert nach Weihnachten? Dann steht zunächst einmal die stets Aufsehen erweckende Transferperiode an. Boldt, der bekanntlich kein Freund von Wintertransfers ist, bemühte sich, nicht dieselben Worte aus der Vergangenheit zu wiederholen – und gab einen Ausblick auf den Januar.
„Der Kader ist gut, das sieht man“, sagte Boldt und verteidigte damit zunächst einmal seine Arbeit vom vergangenen Sommer. „Natürlich kann man den Kader immer verbessern. Wir müssen aber davon wegkommen, im Winter den einen Heilsbringer holen zu wollen, der uns alleine durch die Zweite Liga schießt. Diesen Heilsbringer gibt es nicht.“
HSV-Transfer von Boldt: Ersatz für Leibold?
Einen neuen Joel Pohjanpalo wird es also nicht geben. Der Finne war im Januar 2020 für die Rückrunde von Bayer Leverkusen ausgeliehen, konnte den HSV mit seinen beachtlichen neun Toren in 14 Spielen aber auch nicht in die Bundesliga schießen.
Denkbar ist stattdessen, dass sich der HSV nach einem neuen Linksverteidiger umsieht, da Vizekapitän Tim Leibold den Rest der Saison wegen eines Kreuzbandrisses ausfällt. „Wir gucken die ganze Zeit, ob es Möglichkeiten gibt, uns zu verbessern. Es ist unsere Pflicht, uns mit dem Markt zu beschäftigen“, sagte Boldt, dessen Frust über den nicht gegeben Elfmeter in Hannover sich am Ende der Fragerunde wieder etwas gelegt hatte.