Der HSV verliert wegen Entscheidungen des Schiedsrichters und glückloser Offensivkräfte 0:1 in Hannover. Die Reaktionen.
Direkt nach der unglücklichen 0:1-Niederlage des HSV in Hannover, als mal wieder landauf, landab über Schiedsrichterentscheidungen diskutiert wurde, hatte auch HSV-Trainer Tim Walter ein Mitteilungsbedürfnis. Der Coach schaute eine gute halbe Stunde nach dem Schlusspfiff im Bauch der HWI-Arena in die Runde und sagte dann, dass er unbedingt etwas loswerden müsse. „Meine Frau hat heute Geburtstag“, sagte also Walter. „Mein Schatz, herzlichen Glückwunsch!“
Anders als Ehefrau Katrin konnte Walter selbst nach der Partie keine Glückwünsche entgegennehmen. „Wir wissen gar nicht genau, warum wir hier ohne etwas wieder nach Hause fahren“, sagte Ehemann Tim, als er um seine Analyse zum Spiel gebeten wurde.
HSV will Schiedsrichter nicht thematisieren
Doch anders als über den Ehrentag seiner Liebsten, zu dem dann auch noch Hannovers Trainer Christoph Dabrowski brav und „unbekannterweise“ gratulierte, wollte sich Walter nicht allzu lang dazu auslassen, warum nach Meinung vieler Fans seine Mannschaft in erster Linie ohne Punkte nach Hause fahren musste.
Über die Leistung des Schiedsrichters wolle er jetzt nicht großartig sprechen, sagte Walter. Das hätten die Kollegen von Sky schon genug getan. Anders als in Dortmund sprach zwar niemand von „gefixten Spielen“, doch zumindest TV-Experte Torsten Mattuschka machte deutlich, dass dem HSV an diesem zweiten Adventssonntag Unrecht widerfahren war.
HSV verliert in Hannover – die Bilder:
HSV verliert Nordduell bei Hannover 96
HSV: Jatta an entscheidenden Szenen beteiligt
Obwohl eine Fußballpartie offiziell 90 Minuten dauert, reichen manchmal auch drei Minuten, um die Geschichte eines Spiels zu erzählen. Und die Geschichte dieses Sonntags konnte man neben dem Geburtstag von Katrin Walter auch am großen Onkel von Bakery Jatta und dessen Wirken zwischen der 11. und 14. Minute festmachen. Dieser große Zeh war es nämlich, der zunächst – angeblich – etwas zu weit vorne stand und danach – angeblich – nicht doll genug getroffen wurde.
Der Reihe nach: Der HSV, der auf Miro Muheim wegen eines leichten Muskelfaserrisses verzichten musste, startete so, wie er in den vergangenen Spielen begann: druckvoll und eindrucksvoll. Es folgte nach nur zehn Minuten ein Spielzug, wie ihn Trainer Walter so liebt: Steilpass von Mario Vuskovic auf Jatta, Doppelpass mit Ludovit Reis, herrliche Flanke auf Robert Glatzel, Kopfball, Tor. Ein Gedicht von einem Tor mit vier Direktpässen in Folge.
Einziger Schönheitsfehler: Glaubt man Videorichter Robert Kampka im fernen Köln, dann soll sich Jattas rechter Fuß beim ersten Abspiel ein paar Zentimeter im Abseits befunden haben. Ein mögliches Szenario, das allerdings die TV-Kameras so nicht zweifelsfrei eingefangen hatten. „Abseits ist Abseits“, resümierte Walter.
Stegemanns Pfeife bleibt vor Gegentor stumm
Jattas rechter Fuß sollte auch knappe 180 Sekunden später im Blickpunkt bleiben – diesmal aber dummerweise nicht vom VAR Robert Kampka. Denn nun war es Hannovers Sei Muroya, der Jatta im eigenen Strafraum an eben diesem schicksalhaften rechten Fuß traf. Schiedsrichter Sascha Stegemann entschied trotzdem auf Weiterspielen, was dann vor allem Hannover 96 machte.
HSV-Torhüter Marko Johansson konnte Maximilian Beiers Schuss beim direkten Konter wenige Sekunden später noch parieren, beim Nachschuss von Linton Maina war er machtlos. 1:0 für 96 – und die große Frage, ob es nach einem möglichen Strafstoß für den HSV nicht eigentlich 0:1 hätte stehen müssen.
Ein Geschmäckle auch für 4000 HSV-Fans
„Es war ein ganz klarer Elfmeter“, sagte Sky-Experte Mattuschka, der zudem verriet, warum der Videorichter sich nicht einschaltete. So habe man im „Kölner Keller“ kein TV-Bild gefunden, auf dem man die strittige Szene deutlich erkennen konnte. Und obwohl die Situation selbst bei der x-fachen Zeitlupe tatsächlich noch immer schwer zu beurteilen war, blieb ein Geschmäckle.
Bei Mattuschka, den aufgebrachten HSV-Profis und den 4000 HSV-Fans unter den 22.500 Zuschauern. Nur bei Trainer Walter nicht. „Wir hatten trotzdem genug Chancen“, sagte der Coach, der trotz der beiden strittigen Szenen eben nicht den Schiedsrichter für die Punktverluste verantwortlich machen wollte. „Es gibt aber so Tage, da will die Murmel einfach nicht rein.“
HSV schon neun Punkte hinter St. Pauli
Tatsächlich muss sich Walters Team den Vorwurf gefallen lassen, zu glück- und harmlos gespielt zu haben. Der HSV dominierte, schoss häufiger auf das Tor, gewann mehr Zweikämpfe, flankte deutlich häufiger – und blieb trotzdem ohne Treffer.
Die Frage, warum der HSV nicht in die Spitzengruppe vorstoßen kann und nun bereits neun Punkte Rückstand auf St. Pauli hat, interessierte Walter nicht. Er wollte am späten Abend nach der Rückkehr nach Hamburg wohl nur noch eines: Geburtstag feiern.