Finanzchef Wettstein gibt neue Zahlen bekannt und wagt Prognose. Warum Kinsombi plötzlich explodiert. Bleibt Pollersbeck im Tor?

Die HSV-News am Dienstag, den 02. Juni 2020:

HSV mit Comeback-Qualitäten

13 Punkte hat der HSV in dieser Saison bereits nach einer Führung verspielt – allesamt auswärts. Ähnlich verhält es sich allerdings auch andersherum. Denn die Hamburger wissen auch, wie man nach Rückschlägen wieder aufsteht. Beim 3:2 gegen Wehen punktete der HSV bereits zum achten Mal nach einem Rückstand.

Zwei Siege und sechs Unentschieden holte die Hecking-Elf in Spielen, in denen die Mannschaft bereits auf die Verliererstraße abgebogen war. Diese Comeback-Qualitäten können im Aufstiegsrennen noch entscheidend sein. Der HSV hätte aber sicher nichts dagegen, bei der nächsten Aufgabe am Montag gegen Holstein Kiel (20.30 Uhr/Sky) das erste Tor zu schießen und die Führung auch über die Ziellinie zu bringen.

So gut stand es um die HSV-Finanzen vor Corona

Es wären wohl die besten Zahlen seit der Ausgliederung der Fußball-Abteilung im Jahr 2014 gewesen. Wenn da nicht dieses blöde Coronavirus wäre. Laut Recherchen des NDR haben die Hamburger vor dem Ausbruch der Pandemie 19 Millionen Euro an Verbindlichkeiten abgebaut, wie Finanzvorstand Frank Wettstein bestätigte. Der Verein wäre auf einen Überschuss von sechs Millionen Euro zugesteuert, doch dann kam Corona.

Hauptsächlich wegen fehlender Ticketeinnahmen kostet den HSV nun alleine jedes Geisterspiel rund zwei Millionen Euro. Dadurch fehlen in der Bilanz knapp zehn Millionen Euro, die fest eingeplant waren. Dennoch liegt es vor allem an der neuen Fananleihe, die im Januar 2019 mit einem Volumen von 17,5 Millionen Euro aufgelegt wurde, dass den HSV die Corona-Krise nicht so sehr trifft wie andere Vereine, zum Beispiel Schalke 04.

HSV-Vorstand Frank Wettstein überwacht die Zahlen beim HSV.
HSV-Vorstand Frank Wettstein überwacht die Zahlen beim HSV. © Witters

Deshalb sei der HSV finanziell nicht zum Aufstieg verdammt. "Natürlich werden wir im x-ten Zweitligajahr nicht mehr den teuersten Kader haben können, aber wir werden sicherlich immer einen guten Kader präsentieren können, der um die oberen Plätze mitspielen kann – und das auch im fünften, achten oder zwölften Zweitligajahr", sagte Wettstein dem NDR.

Bleibt Pollersbeck im HSV-Tor?

Julian Pollersbeck ist zurück beim HSV! 13 quälende Monate musste er auf seine Chance warten. Nun kam er gegen Wehen Wiesbaden (3:2) überraschend zu seinem Saison-Debüt, weil Trainer Dieter Hecking ihn mental für frischer hielt als den bisherigen Stammkeeper Daniel Heuer Fernandes.

Mit einer guten Leistungen untermauerte „Polle" Ambitionen, das Tor für die restlichen Spiele nicht kampflos Heuer Fernandes zu überlassen. Pollersbeck hielt alles, was zu halten war, parierte zweimal sogar bärenstark, bei der einen oder anderen Ecke wirkt er allerdings auch unsicher.

HSV-Torhüter Julian Pollersbeck hatte bei seinem Startelf-Comeback 85 Ballkontakte. Auf mehr kamen nur Adrian Fein(105) und Rick van Drongelen (104).
HSV-Torhüter Julian Pollersbeck hatte bei seinem Startelf-Comeback 85 Ballkontakte. Auf mehr kamen nur Adrian Fein(105) und Rick van Drongelen (104). © Witters

Bleibt der ehemalige U-21-Europameister nun im Tor? Trainer Dieter Hecking, den die Aufmerksamkeit, die der Torwartwechsel nach sich zog, genervt hat, will sich noch nicht festlegen. „Für heute war das die richtige Aufstellung, und am Montag gegen Kiel gucken wir mal", sagte er unmittelbar nach dem Sieg gegen Wiesbaden. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass der HSV-Coach nun erneut den Torhüter wechselt.

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Kinsombi mit starkem Wert: Warum er plötzlich explodiert

Endlich zeigt Sommer-Neuzugang David Kinsombi die Leistung, für die er aus Kiel geholt wurde. 3,5 Millionen Euro ließ sich der HSV den Mittelfeldmann kosten. Er war der Wunschspieler von Ex-Sportvorstand Ralf Becker. Eigentlich sollte Kinsombi getreu seiner Rückennummer 6 vor der Abwehr abräumen, doch Trainer Dieter Hecking hatte mit seinem Amtsantritt andere Pläne. Er sah bei Kinsombi mehr Potenzial in der Offensive.

Tatsächlich strahlte "Kinso" bei seinen bisherigen Auftritten für den HSV mehr Torgefahr aus als seine Mittelfeldkonkurrenten. Das Problem war nur: Er agierte hin und wieder zu pomadig, nicht effektiv genug. Zudem waren ihm die Nachwirkungen seines langwierigen Schienbeinbruchs aus der Vorsaison noch anzumerken. Sein Hauptkonkurrent Jeremy Dudziak bewegte sich auf dem Platz deutlich handlungsschneller als Kinsombi und spielte sich fest.

Klasse Schusshaltung: David Kinsombi bei seinem sehenswerten Ausgleichstreffer.
Klasse Schusshaltung: David Kinsombi bei seinem sehenswerten Ausgleichstreffer. © Witters

Nur 63 Stunden nach der bitteren 2:3-Pleite beim VfB Stuttgart plagten Dudziak nun aber muskuläre Probleme und so erhielt Kinsombi eine neue Bewährungschance gegen Wiesbaden. Der Deutsch-Kongolese nutzte diese mit einem Doppelpack und deutete beim Jubeln an, was er von der Kritik an seiner Person hält: nichts. „Er hat während der Corona-Pause viel gearbeitet und wirkt deutlich spritziger als zuvor", lobte auch Hecking.

Mit seiner Torgefahr könnte Kinsombi für den HSV im Ligaendspurt noch wichtig werden. Statistisch gesehen trifft Kinsombi alle 166 Minuten. Eine starke Bilanz für einen Mittelfeldspieler. Effektiver beim HSV ist nur Stürmer Joel Pohjanpalo, der alle 96 Minuten trifft. Beim 3:2-Sieg gegen Wehen waren beide erfolgreich – am Montag gegen Kiel dürften Kinsombi und Pohjanpalo somit erneut in der Startelf stehen.

HSV erkämpft sich Heimsieg gegen Wiesbaden nach Rückstand

Torschützen unter sich: David Kinsombi (r.) und Joel Pohjanpalo haben mit ihren Toren das Spiel für den HSV gegen Wiesbaden gedreht.
Torschützen unter sich: David Kinsombi (r.) und Joel Pohjanpalo haben mit ihren Toren das Spiel für den HSV gegen Wiesbaden gedreht. © Witters
Klasse Schusshaltung: David Kinsombi bei seinem sehenswerten Ausgleichstreffer. Der Offensivmann avancierte mit einem Doppelpack beim 3:2-Heimsieg gegen Wiesbaden zum Matchwinner.
Klasse Schusshaltung: David Kinsombi bei seinem sehenswerten Ausgleichstreffer. Der Offensivmann avancierte mit einem Doppelpack beim 3:2-Heimsieg gegen Wiesbaden zum Matchwinner. © Witters
Kinsombis zweiter Streich: Das Siegtor gegen Kellerkind Wehen Wiesbaden.
Kinsombis zweiter Streich: Das Siegtor gegen Kellerkind Wehen Wiesbaden. © Witters
Julian Pollersbeck feierte sein Saisondebüt. Beim ersten Gegentor, einem Traumtor von Wiesbadens Torjäger Schäffler, war er machtlos.
Julian Pollersbeck feierte sein Saisondebüt. Beim ersten Gegentor, einem Traumtor von Wiesbadens Torjäger Schäffler, war er machtlos. © Witters
HSV-Verteidiger Timo Letschert (l., neben Wiesbadens Doppel-Torschütze Schäffler) erwischte einen gebrauchten Nachmittag: Der Niederländer verschuldete beide Gegentore.
HSV-Verteidiger Timo Letschert (l., neben Wiesbadens Doppel-Torschütze Schäffler) erwischte einen gebrauchten Nachmittag: Der Niederländer verschuldete beide Gegentore. © Witters
Letscherts Landsmann, HSV-Innenverteidiger Rick van Drongelen, wirkte wieder nicht sicher, war aber diesmal zumindest nicht an den Gegentoren beteiligt.
Letscherts Landsmann, HSV-Innenverteidiger Rick van Drongelen, wirkte wieder nicht sicher, war aber diesmal zumindest nicht an den Gegentoren beteiligt. © Witters
Wirbt Topscorer Sonny Kittel etwa um eine Teilnahme beim Maskenball?
Wirbt Topscorer Sonny Kittel etwa um eine Teilnahme beim Maskenball? © Witters
Der angeschlagene Jeremy Dudziak brachte nach seiner Einwechslung die Wende für den HSV. Seine wendigen Haken haben Bundesliganiveau.
Der angeschlagene Jeremy Dudziak brachte nach seiner Einwechslung die Wende für den HSV. Seine wendigen Haken haben Bundesliganiveau. © Witters
HSV-Kapitän Aaron Hunt war auf dem Platz nur durch Fouls zu stoppen.
HSV-Kapitän Aaron Hunt war auf dem Platz nur durch Fouls zu stoppen. © Witters
HSV-Trainer Dieter Hecking wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: Bei Matchwinner David Kinsombi.
HSV-Trainer Dieter Hecking wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: Bei Matchwinner David Kinsombi. © Witters
Youngster Josha Vagnoman versuchte es auch einmal mit einem strammen Distanzschuss.
Youngster Josha Vagnoman versuchte es auch einmal mit einem strammen Distanzschuss. © Witters
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Pagelsdorf: Hecking soll länger bleiben

Frank Pagelsdorf wünscht sich, dass Dieter Hecking länger HSV-Trainer bleibt als er selbst. „Ich hoffe es. Weil es gut für den Verein wäre, dass endlich Kontinuität und Erfolg einkehren“, sagte der 62-Jährige dem „Kicker“. „Und so wie er nach außen wirkt, würde ich schon die Prognose wagen: Dieter Hecking kann meinen Rekord knacken. Ich würde es allen Beteiligten wünschen.“

Pagelsdorf trainierte die Hamburger von 1997 bis 2001 und führte ihn damals bis in die Champions League. Nach ihm war niemand mehr länger als Trainer des HSV als er. Nur Ernst Happel verzeichnete bei den Hamburgern eine längere Amtszeit in der Bundesliga als Pagelsdorf (1981-1987).

Hecking ist seit einem Jahr im Amt. Sein Vertrag verlängert sich automatisch, sollte der HSV in die Bundesliga aufsteigen. Derzeit sind die Hanseaten auf dem Relegationsplatz drei. Es ist allerdings sehr gut möglich, dass Hecking bleibt, auch wenn der Verein das Saisonziel verpassen würde.

Frank Pagelsdorf war beim legendären 4:4 gegen Juventus Turin Trainer beim HSV.
Frank Pagelsdorf war beim legendären 4:4 gegen Juventus Turin Trainer beim HSV. © imago / Oliver Ruhnke

Hecking sei ein Trainer, „der ohne Show-Effekte auskommt, der fachlich stark ist, als Mensch authentisch wirkt“, sagte Pagelsdorf. „Und: Er verfügt über viel Erfahrung. Das ist gerade in Hamburg mit den angesprochenen Rahmenbedingungen ein ganz großes Plus.“

Das Restprogramm des HSV:

  • 30. Spieltag: Kiel (H), 8. Juni, Mo.
  • 31. Spieltag: Dresden (A), 12. Juni, Fr.
  • 32. Spieltag: Osnabrück (H), 16. Juni, Di.
  • 33. Spieltag: Heidenheim (A), 21. Juni, So.
  • 34. Spieltag: Sandhausen (H), 28. Juni, So.

HSV-Rivale Bielefeld verlängert mit Hauptsponsor

Tabellenführer Arminia Bielefeld hat den Vertrag mit seinem Hauptsponsor Schüco um ein Jahr bis 2021 verlängert. „Besonders in diesen schwierigen Zeiten ist die Vertragsverlängerung ein starkes Signal und ein Zeichen der Zuversicht für die Zukunft des DSC Arminia Bielefeld“, sagte der kaufmännische Geschäftsführer Markus Rejek in Anbetracht der Corona-Krise.