Hamburg/Herzogenaurach. Vor dem Zweitliga-Neustart spricht der Kapitän über Geisterspiele und Jubelregeln – und erklärt, warum der HSV Aufstiegsfavorit ist.

Die Videokonferenz mit der Presse am Dienstagnachmittag dürfte für Aaron Hunt eine willkommene Abwechslung gewesen sein. Viel gibt es im Quarantäne-Trainingslager des HSV in Herzogenaurach ja nicht, um sich abzulenken. „Training, Besprechungen, Essen: Das sind unsere Highlights am Tag“, berichtete der Kapitän. Ob die Tennisanlagen am Hotel Herzogspark genutzt werden dürfen, wisse er nicht – in Bayern gelten bekanntlich noch strengere Corona-Beschränkungen als in Hamburg, wo für Mittwoch weitere Lockerungen im Sport angekündigt sind.

Zum Glück hätten alle Spieler ihre Spielkonsolen mitgebracht. Zu viel nachzudenken darüber, wie sinnvoll es ist, dass Deutschland am Wochenende als erste große Fußballnation vor leeren Stadionrängen wieder in den Spielbetrieb einsteigt, könnte der Konzentration eher schaden. „Wir sollten nur im Kopf haben, uns so gut wie möglich auf das Spiel vorzubereiten“, sagt Hunt. „Wir haben nur eine Aufgabe, und das ist der Fußball.“

Am Sonntag soll es beim ersten Geisterspiel der HSV-Geschichte wieder um Punkte für den Aufstieg gehen. Wie schnell das Virus das Hygienekonzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Makulatur werden lassen könnte, zeigt das Beispiel Dynamo Dresden: Nach zwei positiven Tests musste am Wochenende die gesamte Zweitligamannschaft für 14 Tage in Quarantäne. Ob beim HSV und dem FC St. Pauli genauso verfahren würde, ließ Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks am Dienstag offen.

Geisterspiele: Hunt erwartet Favoritenstürze

„Wir sind vor solchen Fällen natürlich nicht geschützt“, sagt Hunt. Aber er habe Vertrauen in das DFL-Konzept. Die Politik habe es abgesegnet, da werde schon alles seine Richtigkeit haben. Er jedenfalls habe „keine Angst, wieder Fußball zu spielen“. Er könne aber auch Kollegen verstehen, die das anders sähen. Mehrere Profis hatten sich kritisch darüber geäußert, dass sie jetzt wie Versuchskaninchen ohne Schutzausrüstung und Sicherheitsabstand aufeinander losgelassen werden sollen.

Diese Bedenken gilt es ebenso zu verdrängen wie die Umstände im leeren Stadion. Das Spiel wird auch im Kopf entschieden: Selten hat diese Floskel so viel Wahrheitsgehalt. „Wer sich am besten auf diese Situation einlässt, wird die Spiele gewinnen“, glaubt Hunt. Das müsse dann nicht unbedingt der Favorit sein: „Ich kann mir schon vorstellen, dass es ungewöhnliche Ergebnisse gibt.“

Es muss ja nicht unbedingt der HSV zu spüren bekommen. Die Ausgangsposition als Tabellendritter ist für Hunt „keine ganz schlechte“, die noch besser platzierten Mannschaften Bielefeld und Stuttgart sind noch direkte Gegner. Hunt: „Wir haben es selbst in der Hand, und wir haben den besten Kader in der Zweiten Liga.“ Bis auf den erneut verletzten Jan Gyamerah standen am Dienstag alle auf dem Trainingsplatz – die breite Auswahl könnte für Trainer Dieter Hecking noch ein entscheidender Vorteil sein angesichts des immer enger zusammengeknautschten Spielplans.

Hunt: Bundesliga „Vorreiter für Europa“

Hunt sieht die Bundesligen als „Vorreiter für Europa“. Vielleicht noch nie war den Spielen so viel internationale Aufmerksamkeit zuteil geworden. Ist das Experiment erfolgreich, könnten andere Länder nachziehen. Und auch alle Freizeitfußballer werden genau hinsehen, wie sich die Profis verhalten. Hunt: „Wir sind in vielerlei Hinsicht Vorbilder.“

Was also, wenn sich die Spieler im Überschwang umarmen, statt ihren Jubel wie vorgesehen mit einer Fuß- oder Ellbogenberührung auszudrücken? Da dürfe man nicht so streng sein, findet Hunt. Man stelle sich nur vor, in der Nachspielzeit gelinge der Siegtreffer, gleichbedeutend mit dem Aufstieg. „Im Fußball sind so viele Emotionen dabei. Da verliert man manchmal die Kontrolle.“

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden