Hamburg. Glanzloser HSV-Sieg im Volkspark: Torschütze Müller verletzt sich beim Jubeln. Diekmeier stellt Bundesliga-Rekord auf.
Unter dem Eindruck der heftigen Kritik Klaus-Michael Kühnes ist der HSV am Sonnabend zum ersten Mal seit sieben Jahren mit einem Sieg in die Bundesligasaison gestartet: 1:0 über den FC Augsburg in einem an Kampf reichen, an Klasse armen Spiel.
Sportchef Jens Todt sagte: "Es war hart umkämpft gegen spielerisch starke Augsburger. Es hat zwar nicht alles gepasst, aber wir sind zufrieden mit dem Auftritt. Unser Spiel war vom Kampf geprägt. Das ist die Basis, der Fußball kommt dann später."
Bereits in Minute acht setzten die Hamburger im Spiel gegen den FC Augsburg ein Zeichen. Walace schlug den Ball nach einem schnellen Doppelpass mit André Hahn direkt auf den zweiten Pfosten. Dort lauerte Nicolai Müller und schoss den HSV in Führung. Augsburgs Towart Marwin Hitz konnte nur noch in das kurze Eck umlenken.
Was dann geschah grenzte an Absurdität, wobei das Ausmaß der Konsequenzen noch nicht absehbar ist: Müller stolperte beim Jubeln über die Eckfahne und hielt sich das Bein – das Gesicht schmerzverzerrt. Der Linksaußen hat sich das Knie verdreht und wurde im Folgenden von Aaron Hunt ersetzt. "Das ist bitter", kommentierte Trainer Markus Gisdol den unglücklichen Unfall. "Die Diagnose steht noch aus."
Gisdol verändert Startelf auf vier Positionen
Im Duell der einzigen Pokal-Blamierten aus der Eliteliga stand für beide Teams Wiedergutmachung auf dem Plan. Beide hatten sich in der ersten Cup-Runde eine Woche zuvor von Drittligisten aus dem Wettbewerb werfen lassen. Eine weitere Gemeinsamkeit: Beide waren in der vergangenen Saison nur knapp dem Abstieg entkommen.
Im Heimspiel stand die Mannschaft von Markus Gisdol also aufgrund der vorangegangenen 1:3-Pokalpleite beim VfL Osnabrück gewaltig unter Druck. Offenbar als Konsequenz auf die Schmach hatte der Trainer im Vorfeld in der Aufstellung mit mehreren Änderungen überrascht.
So fiel Mergim Mavraj wegen Nackenbeschwerden aus, wobei die Verletzung aber nicht vom Mittwoch, als er nach einem Zweikampf mit Bakery Jatta vom Platz gehumpelt war, stamme. Douglas Santos hatte Gisdol bereits am Vortag aus dem Kader genommen. Unerwartet saß aber auch Kapitän Gotoku Sakai zunächst auf der Bank und wurde – weil Mavraj nicht zur Verfügung stand – von Kyriakos Papadopoulos vertreten. Neu-Verteidiger Konstantinos Stafylidis stand ebenfalls nicht im Kader, wie HSV-Boss Heribert Bruchhagen kurz vor Spielbeginn auf Sky bestätigte und anfügte: "Mehr möchte ich dazu nicht sagen."
Papadopoulos sagte nach dem Spiel: "Wir haben unser Heimgesicht gezeigt. Es ist ein wichtiger Sieg für uns. Wir sind eine geile Mannschaft. Die vergangenen Jahre hatte der HSV immer Probleme zum Saisonstart und jetzt holen wir gleich zum Auftakt drei Punkte."
Gisdol lobt Neuzugang van Drongelen
Ein anderer Neuzugang durfte dafür 90 Minuten lang durchspielen – und machte dabei einen richtig guten Eindruck. "Sportlich fand ich ihn sehr gut. Zwei Wochen und dann so ein Auftritt", lobte Gisdol den erst 18 Jahre alten Rick van Drongelen.
Während des Spiels folgte die Mannschaft ihrem Coach, der zwei Tage zuvor seinen 48. Geburtstag gefeiert hatte. Das auf vier Positionen veränderte Team machte sofort Dampf. Gleichwohl sorgte die frühe Führung durch Müller nicht für ein Hamburger Übergewicht. Nachdem Müller durch Aaron Hunt ausgewechselt werden musste zogen sich die Platzherren immer mehr zurück und überließen den Augsburgern die Initiative.
Die verzeichneten fortan ein deutliches Übergewicht bei Zweikämpfen, Ballbesitz und Torschüssen, nutzen ihre Vorteile aber nicht – was auch an der gut organisierten HSV-Abwehr lag. Insbesondere bei Standardsituationen sahen die Gäste lange keinen Stich. Gegen Ende der ersten Halbzeit wurde der Druck dann immens – da kam dem Dino die Pause gerade richtig. "Ich war jede Sekunde auf Spannung", sagte HSV-Keeper Christian Mathenia später. "Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass noch etwas passiert."
Gregoritsch schwalbt und wird ausgebuht
Der zum FCA gewechselte Michael Gregoritsch, der den Hamburgern bei seiner Rückkehr beweisen wollte, dass sein Verkauf „ein Fehler“ war, blieb weitgehend blass. Seine eindrucksvollste Aktion war eine Schwalbe, mit der er einen Foulelfmeter herausschinden wollte. Schiedsrichter Daniel Siebert zeigte ihm dafür die Gelbe Karte (28.). Als der Offensivallrounder in der zweiten Hälfte ausgewechselt wurde, pfiffen ihn die Augsburger Fans offenbar für diese Aktion aus. "Ich habe ein bisschen darauf gewartet, dass er mich trifft. Aber ja, es war eine Schwalbe" sagte Gregoritsch nach Spielende aufrichtig im Interview mit Sky.
Die Augsburger, die den Verlust der Identifikationsfiguren Raul Bobadilla, Paul Verhaegh und Halil Altintop kompensieren mussten, ließen den Ball besser durch die eigenen Reihen laufen. Bei den Einheimischen zerstörte dagegen viel Stückwerk das Aufbauspiel. Zu Beginn der zweiten Hälfte rücken die Rothosen weiter auf als zuvor und retteten die frühe Führung gegen starke Augsburger bis zum Spielende. So erkämpfte sich der Bundesliga-Dino den ersten Dreier der Saison 2017/2018, während Augsburg nach überlegener Leistung ohne Punkte in die Röhre schaut.
"Wir haben nicht unbedingt den schönsten Fußball gespielt, aber das war auch schwierig, bei der Stimmung", sagte HSV-Profi Aaron Hunt nach Spielende und zielte damit auf den Rundumschlag von Investor Kühne ab. "Wichtig ist, dass wir diese drei Punkte geholt haben."
Diekmeier stellt Bundesliga-Rekord auf
An diesen wäre Dennis Diekmeier wohl auch gern direkt beteiligt gewesen. Der Außenverteidiger des HSV hat beim Spiel gegen Augsburg einen Negativ-Rekord aufgestellt. Bei seinem insgesamt 182. Bundesligaspiel hat der 27-Jährige abermals nicht getroffen und damit den Torlos-Rekord von Markus Schuler in der Bundesliga eingestellt.