Hamburg. Der junge Stürmer bewahrt Verein und Fans vor der Relegation. HSV-Boss Heribert Bruchhagen hat's vorhergesehen.
Luca Waldschmidt sprintet in Richtung Eckfahne und startet eine kleine Tanzeinlage. Um ihn herum tobt ein Jubelorkan durch das Volksparkstadion, dann wird der Stürmer zu Boden gerissen. Trainer Markus Gisdol, die Betreuer, die Ersatzspieler, die zehn Mannschaftskollegen auf dem Rasen – alle stürzten sich auf den Mann, der den HSV in der 88. Minute gegen den VfL-Wolfsburg – nach nur 110 Sekunden auf dem Feld – endgültig weg vom drohenden Abstieg köpfte.
„Ich habe den Ball gesehen und gedacht, der muss rein“, sagte der Stürmer siegestrunken. Er wirkte, als habe er die Tragweite seines Premieren-Tores noch nicht richtig realisiert. Es war der Treffer, der den Dino weiter in der ersten Liga hält: "Es ist einfach geil, in ein Spiel zu kommen und dann das entscheidende Tor zu machen. Das war der schönste Augenblick meiner Karriere. Überragend!"
Zum perfekten Glück durfte auch noch die gesamte Familie den großen Auftritt des früheren Frankfurters auf der Tribüne bestaunen. Denn Waldschmidt war tags zuvor 21 Jahre alt geworden – noch ein Grund mehr zum Feiern.
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Ist der Offensivmann nun endlich in Hamburg angekommen? Lange musste sich Waldschmidt mit dem Platz auf der Reserve-Bank begnügen, konnte seine Qualitäten daher bislang vor allem in den DFB-Nachwuchsteams unter Beweis stellen. Seit der U16 hat Waldschmidt alle Auswahlmannschaften durchlaufen. Als er in der B-Jugend für Eintracht Frankfurt in 40 Spielen 20 Tore schoss, wurde sogar der FC Bayern München auf ihn aufmerksam. Der Club, für den Waldschmidt als Kind schwärmte. Es kam anders.
Bilder des Spiels:
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Im vergangenen Sommer hat der HSV das Talent – damals noch unter Ex-Trainer Bruno Labbadia – aus Frankfurt nach Hamburg geholt. Doch in seiner ersten Saison beim HSV hatte Waldschmidt es alles andere als leicht, auch hier fand er kaum Beachtung.
„Natürlich ist es nicht immer einfach, wenn man nicht spielt. Ich habe einfach versucht, im Training immer Gas zu geben“, sagte der Matchwinner, der die Wucht des Bundesliga-Dinos nach seinem Wechsel aus Frankfurt so nicht erwartet hat: „So krass nicht. Was wir erlebt haben, die Fans hinter uns, das war überwältigend.“
Gisdol: "Luca hat den Kopf hingehalten"
Wieso brachte Trainer Markus Gisdol den Ex-Frankfurter so spät? „Manchmal hat man so ein Gefühl, aber Luca hat heute alles richtig gemacht. Und er hatte es verdient, weil er die ganze Saison mitgezogen hat.“ Im Fußball gebe es immer wieder solche Geschichten: „Letztes Mal war es Lasogga, heute Luca! Besser geht es einfach nicht!“ Pierre-Michel Lasogga fehlte nach dem Treffer zum 1:1 beim FC Schalke 04 verletzt, da bekam Waldschmidt seine Chance. „Luca hat den Kopf hingehalten, ist eigentlich gar kein guter Kopfballspieler“, sagte Gisdol grinsend.
„Ich habe Luca vor zweieinhalb Jahren in Frankfurt seinen ersten Profivertrag gegeben in der Hoffnung, dass er heute in der 88. Minute das Tor schießt. Man muss eben auch langfristig denken“, bemerkte der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen verschmitzt.
Der junge Stürmer selbst hätte wohl kaum erwartet, eine so entscheidende Rolle in der vor ihm liegenden Saison zu spielen, als er im vergangenen Sommer nach Hamburg wechselte. "Ich will dem Verein helfen", hatte Luca Waldschmidt damals ganz bescheiden im Gespräch mit dem Abendblatt gesagt. Diesem Anspruch konnte er am Sonnabend mehr als gerecht werden.