Hamburg. Fast hätte der Stürmer gegen Bremen auf Socken getroffen. Jetzt hat der Doppeltorschütze noch nicht einmal eine Einsatzgarantie.
Michael Gregoritsch ist 22 Jahre jung. Das ist vor allem deswegen von Bedeutung, weil der Österreicher nach dem 2:2 (2:2) des HSV gegen Werder Bremen auf die Frage, ob er sich denn im Sturmzentrum am wohlsten fühle, antwortete, dass er ja schon seit 15 Jahren ganz vorne in der Spitze spielen würde. Damals war der Schlacks nur ein Schlackschen, sieben Jahre alt, aber schon durchaus talentiert. In einem einzigen Spiel, erinnerte sich der Torjäger, habe er als Kind sogar mal neun Tore gemacht.
Am Sonnabend im Nordderby erzielte Gregerl, wie Gregoritsch von seinen Kollegen genannt wird, „nur“ zwei Treffer. Es hätten sogar drei sein können, wobei er beim Versuch in der 61. Minute nicht einmal einen Schuh anhatte. „Mir ist einer hinten draufgetreten. Aber weil der Schiedsrichter nicht pfiff, blieb mir ja nichts anderes übrig, als weiterzuspielen“, erzählte Gregoritsch später. „Da habe ich gedacht: ,Wenn ich jetzt treffe, gehe ich in die Geschichtsbücher ein.‘“
Bilder vom rasanten Nordderby:
Wildes 105. Nordderby HSV gegen Werder Bremen
Der Socken-Treffer hätte gezählt
Und ein Socken-Treffer hätte - anders als in der Vergangenheit - sogar gezählt. Wie der "Kicker" berichtet, wurde eine entsprechende Regel in der Sommerpause geändert. Früher wäre die Partie sofort unterbrochen und mit einem Freistoß für die Gäste fortgesetzt worden. Gemäß den neuen Bestimmungen muss ein Schuh oder auch ein Schienbeinschoner erst während der nächsten Spielunterbrechung wieder angezogen werden.
Das Kapitel „Ohne-Schuhe-Torjäger“ bleibt im HSV-Geschichtsbuch somit vorerst ohne Eintrag, im Kapitel „Derbyhelden“ ist seit Sonnabend dafür sehr wohl Gregoritschs Name vermerkt. „Das hat er sehr gut gemacht“, lobte auch Trainer Markus Gisdol, der ansonsten eher sparsam mit Komplimenten ist. „Michael muss diesen Erfolg jetzt auch richtig für sich selbst einordnen. Er darf bloß nicht die Bodenhaftung verlieren.“
Gisdol steht vor "Luxussituation"
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Gregoritsch, der am Sonntag beim Fanclub „Jade Raute“ im Sportheim ESV in Wilhelmshaven vorbeischaute, wirkte auch nach seinen beiden Treffern keinesfalls abgehoben. „Für mich fühlt sich alles wie ein Mittelding aus Frust und Freude an“, sagte der U21-Nationalspieler, der direkt nach dem Spiel versuchte, das passende Gesamtbild zum 2:2 zu malen: „Es sollte noch nicht sein“, so Gregoritsch. „Aber wenn wir so weiterspielen, dann bin ich fest davon überzeugt, dass es wieder aufwärts geht.“
Die HSV-Spieler in der Einzelkritik
Am besten schon am kommenden Sonntag im nächsten Abstiegsgipfel beim SV Darmstadt. „Es ist wichtig, dass wir noch leben, dass wir Herz haben, dass wir Leidenschaft zeigen“, sagte Gregoritsch, der am Wochenende trotz seiner zwei Tore nicht unumstritten gesetzt sein dürfte. Der Grund: Mit dem zuletzt gesperrten Bobby Wood kehrt der eigentliche Stürmer Nummer eins am Dienstag wieder ins Mannschaftstraining zurück, auch dessen Knieprobleme sind ausgeheilt. „Für uns ist das vorne fast schon eine Luxussituation“, frohlockte Trainer Markus Gisdol. „Mit Michael vorne haben wir jetzt mal ein bisschen Wettkampf.“
Mit Material von sid