Gregoritsch steuert die Wilde Maus nur fast zum Derbysieg
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Hamburg. Österreicher erzielt seinen ersten Doppelpack für den HSV, doch Werder schlägt zweimal zurück. Bremen-Ultras randalieren vor dem Spiel.
Eine Halbzeit "Wilde Maus", eine Halbzeit Riesenrad: In einem wahren Auf-und-Ab-Spiel, das an eine Achterbahnfahrt auf dem Hamburger Dom erinnerte, hat sich der HSV im 105. Nordderby von Werder Bremen mit 2:2 (2:2) getrennt.
Dabei wäre Michael Gregoritsch um ein Haar zum großen Derbyhelden geworden, doch seine beiden Führungstreffer (3., 28.) konterten die Gäste jeweils mit dem Ausgleich. Erst traf Fin Bartels (14.), dann Serge Gnabry (45.).
Trotz einer deutlich spielerischen und kämpferischen Steigerung im Vergleich zu den ersten Saisonspielen reichte es somit für den HSV nur zu einem Unentschieden und dem vierten Punkt, wodurch der Dino auch nach dem 12. Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz festhängt.
Die Statistik
HSV
Mathenia - Diekmeier (64. Waldschmidt), Djourou , Jung , Douglas Santos - G. Sakai , Ostrzolek - Holtby - N. Müller , Kostic - Gregoritsch (82. Lasogga). Trainer: Gisdol
Werder Bremen
Drobny - Ro. Bauer , Veljkovic , Moisander , S. Garcia - Fritz , Petsos (46. Bargfrede) - Gnabry (69. Pizarro), Junuzovic , Bartels - M. Kruse. Trainer: Nouri
Dabei legte der HSV nach dem von Trainer Markus Gisdol angesetzten Kurztrainingslager los wie die sprichwörtliche Feuerwehr. Und ausgerechnet der ehemalige Hamburger Publikumsliebling Jaroslav Drobny verhalf seinen früheren Kollegen zur Führung.
In der dritten Minute passte Werders Schlussmann, der nach überstandenem Mittelhandbruch ins Tor zurückkehrte, den Ball völlig unbedrängt ins Seitenaus.
Nicolai Müller schnappte sich blitzschnell den Ball, warf zu Lewis Holtby, der wiederum in die Mitte flankte. Dort schraubte sich Gregoritsch in die Luft und köpfte mutterseelenallein entgegen Drobnys Laufrichtung ins Bremer Netz. Der erste Kopfballtreffer des HSV in dieser Saison!
Der Jubel der HSV-Profis war ebenso gewaltig wie auf den mit 55.237 Zuschauern allerdings nicht ausverkauften Rängen. Der durch einen offenen Brief eingeforderte Schulterschluss wurde Realität. An der Seitenlinie hüpfte Gisdol vor Freude.
Die Bilder des 105. Nordderbys:
Das 105. Nordderby HSV gegen Werder Bremen
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Bremer Ultras nachhause geschickt
Doch nur elf Minuten jubelte die Gegenseite. Der ehemalige St. Paulianer Fin Bartels legte sich den Ball im HSV-Sechzehner vom rechten auf den linken Fuß, zog in die kurze Ecke ab und ließ damit Christian Mathenia keine Abwehrchance.
Der ehemalige Darmstädter hütete erneut anstelle des verletzten René Adler das HSV-Tor und feierte somit seine Heimpremiere. "Er rutscht weg, aber Fin Bartels macht das auch sehr, sehr gut", analysierte Adler bei "Sky" den Treffer.
Im Gästeblock quoll derweil grüner Rauch auf - nicht der erste Ausfall des Bremer Anhangs rund um das Nordderby. Denn bereits vor dem Spiel mussten rund 240 Bremer Ultras nach Anweisung der Bundespolizei die Heimreise antreten, nachdem sie im Bahnhof von Ellerau (Schlewsig-Holstein) in einem AKN-Zug randaliert hatten.
Erster Doppelpack von Gregoritsch
In der 28. Minute ballte Mathenia dann wieder die Fäuste - vor Jubel. Denn erneut hatte Gregoritsch getroffen. Diesmal musste der Österreicher nach feiner Vorarbeit von Müller nur noch den Fuß hinhalten - der erste Doppelpack des 22-Jährigen im HSV-Dress war perfekt.
Doch den Löwenanteil an der erneuten Führung hatte der Vorlagengeber. "Nicolai trägt die Mannschaft zurzeit ein bisschen", sagte Adler über den emsigen Offensivspieler.
Doch auch Müller konnte den erneuten Ausgleich nicht verhindern. Kurz vor dem Pausenpfiff verlor Ex-Kapitän Johan Djourou einen zweikampf gegen Max Kruse und köpfte unfreiwillig zu Serge Gnabry.
Bremens Jungnationalspieler lief in den Strafraum und schob den Ball lässig am zurückgeeilten Djourou und Mathenia vorbei ins lange Eck. "Um den Sechzehner herum sollte man immer ein bisschen aggressiver verteidigen", urteilte Adler.
Die Höhepunkte
3. Minute
TOOOOOR für den HSV! Drobny lädt seine alten Kollegen zur Führung ein. Bremens Torhüter spielt einen Ball unbedrängt ins Seitenaus. Den Einwurf führt Müller schnell aus, Holtby flankt von rechts in den Strafraum, wo Gregoritsch mutterseelenallein gegen Drobnys Laufrichtung einnicken darf.
7. Minute
Bremen meldet sich über Gnabry in der Offensive an, doch der Versuch des Jungnationalspielers geht doch recht deutlich an Mathenias Kasten vorbei.
9. Minute
Wieder passt Holtby auf Gregoritsch, der diesmal mit dem rechten Fuß direkt abzieht. Doch diesmal gerät der Österreicher im Strafraum leicht in Rücklage, sodass der Ball in die Wolken fliegt.
11. Minute
Die erste Gelbe Karte holt sich Bremens Petsos ab, der Müller bei einem dynamischen Vorstoß am Trikot zupft. Den fälligen Freistoß setzt Gregoritsch aus rund 25 Metern in die Mauer.
12. Minute
Erste dicke Chance für Werder: Douglas Santos verliert den Ball gegen Bartels, der links Gnabry in Szene setzt. Auch diesmal streicht der Schuss des Bremer Angreifers rechts am HSV-Tor vorbei, doch deutlich knapper als in der 7. Minute.
14. Minute
TOR für Werder. Auch diesmal ist ein ehemaliger Hamburger beteiligt, wenn auch ein St. Paulianer: Fin Bartels zimmert den Ball nach Vorlage von Fritz mit links ins rechte Eck und lässt damit Mathenia keine Chance.
20. Minute
Nächste HSV-Chance, wieder durch Gregoritsch: Der Kopfball des Österreichers nach Ostrzolek-Flanke von links landet diesmal aber im Toraus.
26. Minute
Nach etwas Leerlauf fasst sich Nicolai Müller noch einmal ein Herz und zieht aus rund 20 Metern ab. Der Schuss fliegt über das Tor, doch die Zuschauer sind wieder wach.
28. Minute
TOOOOOOOR für den HSV! Müller tankt sich durch und passt in die Mitte zu Gregoritsch, der nur noch den Fuß hinzuhalten braucht. Erster Doppelpack des jungen Stürmers für den HSV!
33. Minute
Kostic zieht vom linken Strafraumeck einfach mal ab, den strammen Hochschuss wehrt Drobny zur Ecke ab.
37. Minute
Und plötzlich taucht Bartels wieder im HSV-Sechzehner auf, doch Mathenia kann den Dropkick des Bremer Angreifers mit den Fingerspitzen zur Ecke abwehren.
43. Minute
Jetzt darf sich Bauer mit einem Distanzschuss versuchen, doch mehr als ein Raunen aus dem Gästeblock springt dabei nicht heraus.
45. Minute
TOR für Werder. Djourou verliert den Zweikampf mit Kruse und köpft den Ball unfreiwllig zu Gnabry. Werders Offensivwaffe taucht dadurch im Sechzehnmeterraum auf und schiebt lässig an Djourou und Mathenia vorbei ins rechte lange Eck zum erneuten Ausgleich ein.
45. Minute
In der Nachspielzeit fast noch einmal die Antwort durch Müller, doch der Schuss des emsigen Offensivspielers streicht linsk an Drobnys Gehäuse vorbei.
53. Minute
Bremen kommt offensiv aus der Kabine, was vor allem auf Gnabry zuftritt. Der Ex-Londoner schickt Kruse über links auf die Reise, doch der Seitenwechsel des gebürtigen Hamburgers nimmt dem Angriff jegliche Gefahr.
61. Minute
Diesmal flankt Kruse etwas präziser, doch Junuzovic kann die Flanke seines Werder-Kollegen nicht mehr recht drücken und setzt den Kopfball daher über das Tor.
72. Minute
Der eingewechselte Waldschmidt meldet sich mit einem ersten Schuss im Spiel an - weit drüber.
74. Minute
Gregoritsch wird beinahe zum Dreierpacker! Doch der Kopfball nach Flanke von Kostic ist zu schwach und landet in den Armen von Drobny.
90. Minute
In der Nachspielzeit die Chance für Holtby! Doch Drobny kann den Schuss des HSV-Akteurs abprallen lassen, anschließend wird Abseits gepfiffen.
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Gisdol riskiert viel, Nouri wenig
Nach der wilden Fahrt in der ersten wurde die zweite Halbzeit deutlich ruhiger. Wenn auch Werder munterer aus der Kabine kam und der HSV verkrampfter wirkte.
In der 64. Minute wollte Gisdol daher noch einmal Zeichen setzen, als er für den angeschlagenen Außenverteidiger Dennis Diekmeier mit Luca Waldschmidt einen weiteren Stürmer ins Spiel brachte.
Ganz anders sein Gegenüber Alexander Nouri, der nur fünf Minuten später zur Verwunderung der Zuschauer Serge Gnabry aus dem Spiel nahm, dafür aber immerhin HSV-Schreck Claudio Pizarro ins Spiel schickte.
Doch der Peruaner konnte seinen bislang 19 Treffern gegen seinen Lieblingsgegner keinen weiteren folgen lassen. Denn mehr als eine Kopfballrückgabe auf Mathenia sollte Pizarro nicht gelingen (82.).
Gregoritsch spricht von "Reifeprozess"
Und da auch aus Doppelpacker Gregoritsch in der 74. Minute kein Dreierpacker wurde - Drobny parierte den Kopfball sicher - blieb es am Ende des 105. Nordderbys beim 34. Remis.
"Es war heute ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, wir haben gekämpft bis zum umfallen", sagte Gregoritsch nach dem Spiel bei "Sky" und sprach dabei von einem "Reifeprozess, den wir jetzt durchgehen müssen".
Auch Gisdol zog ein insgesamt positives Fazit. "Die erste Halbzeit war vielleicht mit das Beste, was wir gespielt haben", sagte der HSV-Coach. "In der zweiten Hälfte war das Spiel dann zerfahrener. Aber man hat immer gemerkt, dass unsere Mannschaft das Spiel gewinnen will.“
Bremens Kapitän Clemens Fritz ärgerte sich indes über einen vergebenen Sieg: "Bitter, dass wir hier nicht mehr mitgenommen haben. Wir haben auf beiden Seiten die Verunsicherung gemerkt, es gab unheimlich viele Fehler im Spielaufbau."
Und Werders Trainer Nouri befand: "Auswärts einen Punkt mitzunehmen, ist ok. Wir hätten gerne gewonnen - das hat man der Mannschaft auch angesehenen.“
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