Hamburg. Der HSV startet mit einem ernüchternden 1:1 gegen Ingolstadt. Nach kurzer Euphorie erinnerte vieles an die vergangene Saison.

Der Frust saß tief am Tag nach dem 1:1 gegen Ingolstadt. HSV-Trainer Bruno Labbadia hatte nur wenig geschlafen. Zu sehr hatte ihn der Ausgleich durch Stürmer Lukas Hinterseer in der zweiten Halbzeit geärgert. Dabei hatte man das Spiel im ersten Durchgang doch im Griff und sei verdient durch ein schönes Tor in Führung gegangen. Am Ende gab es sogar Pfiffe von den eigenen Fans. „Es war das erwartete Schweinespiel“, sagte Labbadia nach der Partie am 27. Februar.

Wie sich die Bilder doch ähnelten auf den Tag genau sechs Monate danach. Dabei sollte doch diesmal alles anders werden. Neue Spieler, neue Euphorie, neuer Fußball? Die Antwort ist schnell gegeben: alles beim Alten. Wieder Ingolstadt, wieder Hinterseer, wieder ein enttäuschender Heimauftritt. Und mal wieder verpasste es der Club, mit einem Sieg in die Saison zu starten. „Die neue Lust auf den HSV“, wie die „Morgenpost“ noch am Freitag titelte, endete am Sonnabend um 17.20 Uhr mit einem echten Stimmungskiller. „Wir haben die Euphorie gespürt, die ist nun erst mal wieder gedämmt“, sagte Verteidiger Dennis Diekmeier nach dem ernüchternden 1:1 (1:0) gegen Ingolstadt, das viele der 50.107 Zuschauer im Volksparkstadion mit Pfiffen quittierten.

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Nun war gewiss nicht alles schlecht, was der HSV den Fans bei schweißtreibenden Temperaturen von rund 30 Grad angeboten hatte. Genauso wie vorher nicht alles gut war in der fast neunwöchigen Vorbereitung. Und doch hatten sich viele deutlich mehr erhofft angesichts von rund 25 Millionen Euro Transferausgaben und einer im Schnitt um vier Jahre verjüngten Mannschaft mit neuen Offensivspielern. Die Probleme, die der HSV gleich im ersten Spiel offenbarte, waren aber die alten. „Das Spiel war ein Abziehbild des letzten Duells gegen Ingolstadt“, sagte Aaron Hunt. Auch René Adler fühlte sich an vergessen geglaubte Zeiten erinnert. „Man kann den Tag von heute mit dem Tag von damals übereinanderlegen.“

Redebedarf hatten am Tag danach insbesondere Trainer Labbadia und sein Kapitän Johan Djourou. Als sich die Startelf vom Sonnabend um 10 Uhr zum Auslaufen aufmachte, begannen die beiden auf dem Trainingsplatz ein Gespräch, das erst enden sollte, als die Ersatzspieler nach 90 Minuten mit ihrer Einheit fertig waren. „Wir haben das Spiel noch einmal in Ruhe analysiert“, verriet Djourou hinterher. Und zu analysieren gab es so einiges. Labbadias Analyse fiel nach einer Nacht mit erneut wenig Schlaf wie folgt aus: „Wir haben es in der ersten Halbzeit ordentlich gemacht. In der zweiten Halbzeit haben wir es nicht mehr geschafft, den Gegner permanent unter Druck zu setzen. Da hat mir das taktische Verhalten nicht gefallen.“

Ordentlich gemacht hatte es im ersten Durchgang neben Linksaußen Filip Kostic vor allem Bobby Wood. Der Neuzugang von Union Berlin, der im Sturm den Vorzug vor Pierre-Michel Lasogga erhalten hatte, trat zwar zunächst kaum in Erscheinung, traf dann aber gleich in seinem ersten Bundesligaspiel. Einen weiten Abschlag von Adler nahm er mit dem Kopf mit, schob Gegenspieler Marvin Matip zur Seite und vollendete aus 13 Metern trocken in die rechte Ecke (30.). „Danach haben wir ein bisschen aufgehört, Fußball zu spielen“, sagte Linksverteidiger Matthias Ostrzolek und untertrieb damit maßlos. Woods Treffer sollte der letzte ernsthafte Torschuss des HSV gewesen sein.

8:13 lautete am Ende die Torschussstatistik. Wie schon im Februar hatten die Schanzer dem HSV in den Zweikämpfen „den Schneid abgekauft“, wie Ostrzolek analysierte. „Wir haben ja um das Gegentor gebettelt. Und dann kommt wieder der Hinterseer“, sagte Adler. Fast auf den Zentimeter genau auf der Stelle, auf der Ingolstadts Mittelstürmer vor sechs Monaten den Ausgleich köpfte, traf er erneut zum 1:1. Mit dem einzigen Unterschied, dass die maßgenaue Vorlage nicht von Kollege Pascal Groß, sondern von Gegenspieler Cléber geliefert wurde (79.).

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    Der Brasilianer hatte eine Hereingabe unglücklich direkt vor die Füße von Hinterseer geklärt. Es war nicht die einzige missglückte Aktion im Hamburger Abwehrzentrum und verdeutlichte erneut, dass der HSV auf dieser Position noch „Handlungsbedarf habe“, wie es auch Labbadia am Sonntag bestätigte. Zumal sich mit Gideon Jung ein Defensivallrounder verletzte. Der 21-Jährige zog sich im Spiel einen Faserriss im Hüftbeuger zu und fällt rund drei Wochen aus. Seine Premiere in der U 21 des DFB muss Jung erneut absagen.

    Für den HSV ist die Verletzung der negative Höhepunkt eines missglückten Saisonstarts. „Wir sind uns bewusst, dass Siege für uns keine Selbstläufer sind. Wir müssen immer wieder an der Grenze arbeiten. Es liegt noch ein langer Weg vor uns“, sagte Labbadia. Sätze, die genau wie das Spiel doch sehr stark an die vergangenen Saison erinnern.