Harsewinkel-Marienfeld. Die Augenhöhle des rustikalen Defensivmannes ist gebrochen. Sportchef Dietmar Beiersdorfer hat jetzt prominenten Ersatz im Visier.
Er lachte und lachte. Ein Spruch hier, ein Späßchen da. Emir Spahic saß am Sonntagvormittag an der Seitenlinie, während seine Kollegen am fünften Tag des Trainingslagers in der Klosterpforte Torschussübungen machten. Der Bosnier kommentierte immer wieder grinsend die Aktionen der HSV-Profis. Auch auf Sportchef Dietmar Beiersdorfer, der neben Spahic saß, wirkte die gute Laune des Abwehrspielers ansteckend. Dass der 35-Jährige nur einen Tag zuvor im Bochumer Krankenhaus eine schwere Diagnose erhalten hatte, konnte man ihm nicht anmerken.
Einen Bruch der Augenhöhle hatten die Ärzte am frühen Sonnabend diagnostiziert. Spahic war am Freitagabend im Testspiel beim VfL Bochum (0:1) in der ersten Halbzeit mit Gegenspieler Peniel Mlapa zusammengeprallt. Dabei zog er sich die Fraktur zu. Eine Operation ist zwar nicht nötig, dennoch wird Spahic mindestens vier Wochen ausfallen. „Das ist ein herber Schlag für uns“, sagte HSV-Boss Beiersdorfer über die Verletzung des Abwehrchefs. Trotz der schlechten Nachricht war der 52-Jährige schon wieder positiv gestimmt. „Emir ist ein Kämpfer. Er kann solche Sachen wegstecken. Wir wissen, dass er schnell wieder auf den Platz zurückkehren wird. Wir brauchen ihn.“
Spahic soll dem jungen HSV-Team Stabilität verleihen
Beiersdorfer rechnet damit, dass der Routinier dem HSV nach der Länderspielpause am zweiten Spieltag wieder zur Verfügung stehen wird. Dann wäre Spahic rechtzeitig zu seiner Rückkehr zu Bayer Leverkusen wieder einsatzbereit. „Wir sind zuversichtlich, dass er dann wieder bei uns ist“, sagte Beiersdorfer, der den Vertrag mit Spahic vor der Saison um ein Jahr verlängert hatte. Der bosnische Nationalspieler soll der verjüngten Mannschaft des HSV die nötige Stabilität verleihen. In der wichtigen Phase der Vorbereitung vier Wochen vor dem Bundesligastart fehlt Spahic dem Team nun ebenso wie im DFB-Pokalspiel beim Drittligisten FSV Zwickau in drei Wochen.
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Spahic ist nach Lewis Holtby der zweite Stammspieler, der wegen einer Verletzung im Trainingslager mehrere Wochen ausfällt. „Das ist sehr unglücklich. Es ist genau auf den Positionen passiert, auf denen wir nicht dick besetzt sind. Aber damit müssen wir umgehen“, sagte Trainer Bruno Labbadia am Sonntag, bezogen auf die Positionen im defensiven Mittelfeld und in der Innenverteidigung.
Der HSV wird nun die Suche nach einem Defensivspieler, der im besten Fall auf beiden Positionen spielen kann, intensivieren. Sportchef Beiersdorfer bestätigte am Sonnabend erstmals öffentlich, dass er nach einem Neuzugang für dieses Profil fahndet. „Das ist eine Position, die wir durchaus vorhaben noch zu besetzen“, sagte Beiersdorfer. „Aber das haben wir auch schon vor der Verletzung getan. Wenn etwas passiert, dann passiert es, wenn nicht, dann nicht.“
Nur noch zwei nominelle Innenverteidiger
Der Dann-nicht-Fall ist allerdings äußerst unwahrscheinlich und auch nicht ratsam, schließlich hat der HSV mit Kapitän Johan Djourou und dem Brasilianer Cléber nur noch zwei nominelle Innenverteidiger im Kader. Als Ersatzkandidat kommt derzeit nur Mittelfeldspieler Gideon Jung infrage, der wegen seiner Rückenprobleme allerdings selbst noch nicht in körperlicher Topverfassung ist. „Wir suchen in aller Ruhe und lassen uns dabei nicht unter Druck setzen“, sagte Beiersdorfer. Allzu viel Zeit sollte er sich aber nicht lassen. Bei einer weiteren Verletzung im Abwehrzentrum wäre die Not groß.
Ndidi und Ginter weiterhin begehrt
Interesse für das defensive Mittelfeld hatte der HSV zuletzt an Onyinye Ndidi (19/Genk), Mario Lemina (22/Juventus Turin) und Matthias Ginter (22/Dortmund) signalisiert. Für alle Spieler müsste der Club hohe Millionensummen investieren, die er ohne die Hilfe von Investor Klaus-Michael Kühne nicht aufbringen kann. Dortmunds vielseitiger Weltmeister Ginter würde ideal in das Anforderungsprofil des HSV passen, auch in der Verteidigung spielen zu können. Allerdings machte der BVB zuletzt klar, Ginter nicht abgeben zu wollen. Ähnlich ist die Lage bei Salif Sané (25). Der Franzose von Absteiger Hannover 96 wollte zum 1. FC Köln wechseln. Doch Hannover lehnte das Angebot, das zwischen sieben und zehn Millionen Euro gelegen haben soll, ab. Sané kann ebenfalls in der Innenverteidigung oder auf der Sechs spielen und wäre ein passender Kandidat für den HSV.
Labbadia will sich zunächst Hilfe aus der U21 holen, um die Lücke im Training und in den Testspielen zu schließen. Vermutlich darf Oliver Oschkenat an diesem Montag wieder zur Mannschaft stoßen. Emir Spahic wird sich die Einheiten dann wieder an der Seitenlinie anschauen. Und auch wenn der Eindruck vom gut gelaunten Bosnier nicht täuschte: Zuschauen macht Spahic eigentlich keinen Spaß.
Zoltan Stieber bald weg?
Zoltan Stieber steht beim HSV vor dem Absprung. Der Ungar (27) fehlte am Sonntag in der zweiten Einheit, um mit einem neuen Verein zu verhandeln. Um welchen Club es geht, wollte der HSV nicht kommunizieren.
Gerüchte um portugiesischen Mittelfeldspieler
Laut portugiesischen Medien ist der HSV an Mittelfeldspieler Mehdi Carcela (27) von Benfica Lissabon interessiert. Die Hamburger haben die Berichte allerdings dementiert.
Training und Testspiel
Rund 500 Zuschauer schauten am Sonntag bei der einzigen öffentlichen Trainingseinheit des HSV in der Klosterpforte vorbei. Am Abend fand auf der Hotelanlage in Marienfeld das gemeinsame Fantreffen statt. Noch bis Mittwoch hält sich der HSV im Trainingslager auf. Auf dem Heimweg bestreitet der HSV in Celle ein Testspiel gegen Al Dschasira Abu Dhabi (18 Uhr).