Hamburg. Sprayer eröffnen mit Aktion am Millerntor einen Nebenkriegsschauplatz. HSV-Chef Beiersdorfer reagiert. Schmierereien entfernt.

Frankfurt attraktiver als Hamburg? Legt man das Ergebnis der jüngsten Standort-Erhebung "European Cities Regions of the Future 2016/2017" zu Grunde, könnte man zu diesem Schluss kommen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten rangiert die Main-Metropole (Platz 1) nach Ansicht europäischer Investoren in der von der Financial Times Gruppe in Auftrag gegebenen Studie vor der Großstadt an der Elbe (Platz 5).

Sportlich sieht der Vergleich aus Hamburger Sicht glücklicherweise anders aus. Denn vor dem großen Städteduell am Freitag liegen die Clubs aus der Hansestadt jeweils vor ihren unmittelbaren Rivalen aus Frankfurt. In der ersten Liga steht der HSV (11.) vor dem Anpfiff bei der Eintracht (20.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) fünf Punkte und vier Plätze vor den Hessen (15.). Noch besser da steht der FC St. Pauli, der in der zweiten Bundesliga auf Rang vier direkten Kontakt zu den Aufstiegsplätzen hält. Davon kann der heutige Heimgegner FSV Frankfurt (18.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) nur träumen. Die Bornheimer stehen aktuell wie ihre Stadtrivalen nur einen Platz über dem Relegationsstrich.

Alex Meier ist der einzige Hamburger

"Ich gehe davon aus, dass es ein Fight wird“, sagte HSV-Trainer Bruno Labbadia vor dem Spiel bei der Eintracht. Er warnte vor den Hessen, die gute Einzelspieler hätten. Das trifft vor allem auf Alexander Meier zu. Der Eintracht-Torjäger ist ironischerweise der einzige echte Hamburger, der in den beiden Städteduellen im Einsatz ist. Und er ist gleichzeitig das Schreckgespenst des HSV: Gegen keinen anderen Verein traf Meier öfter als gegen seinen Ex-Club, und alle sieben Tore gelangen dem 33-Jährigen in den Heimspielen gegen Hamburg. Mit einem weiteren Tor könnte der gebürtige Buchholzer außerdem in der Rangliste der besten noch aktiven Bundesliga-Torschützen zu Vedad Ibisevic aufschließen. Derzeit steht Meier mit 87 Treffern auf Rang sechs.

Hat schon wieder zwölf Treffer auf seinem Konto: Eintracht-Torjäger Alex Meier (r.)
Hat schon wieder zwölf Treffer auf seinem Konto: Eintracht-Torjäger Alex Meier (r.) © Imago/Eibner

Was Erfolgserlebnisse angeht, gibt es für den Bundesliga-Dino allerdings auch eine positive Note, denn kein anderes Team erzielte in Frankfurt mehr Tore als der HSV (66). Für die Hamburger spricht auch die Gesamtstatistik: In insgesamt 93 Duellen behielten sie 41 Mal die Oberhand und gingen nur 29 Mal als Verlierer vom Platz. 23 Partien endeten ohne Sieger.

Andererseits gibt es neben Alex Meier einen weiteren Angstmacher für die Labbadia-Elf: Denn unter dem für heute angesetzten Schiedsrichter Wolfgang Stark haben die Rothosen in den vergangenen 14 Spielen keinen einzigen Sieg erzielt. Und Frankfurt blieb in immerhin den vergangenen sieben Spielen gegen den HSV ohne Niederlage.

Ändern soll dies nun Stürmer Artjoms Rudnevs, der nach seinem Tor beim 3:2 gegen Borussia Mönchengladbach bessere Karten hat als sein Kollege Pierre-Michel Lasogga. Mittelfeldspieler Gojko Kacar steht vor einer Rückkehr in die Startelf.

Ausgerechnet Hornschuh bangt bei St. Pauli

Beim FC St. Pauli ist der Einsatz zweier Stammspieler ungewiss: Der Außenverteidiger und Ex-Frankfurter Marc Hornschuh konnte wegen einer Oberschenkelverhärtung während der Woche nicht mittrainieren. Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann fehlte wegen Magenbeschwerden.

Trainer Ewald Lienen warnt, den Tabellen-15. zu unterschätzen. Der FSV Frankfurt sei besonders bei Auswärtsspielen erfolgreich und erziele viele Tore per Standardsituationen. Das Millerntor-Stadion mit 29.546 Plätzen ist nahezu ausverkauft.

HSV-Fans schmieren am Millerntor

"Ich habe nichts dagegen, wenn beide Mannschaften gewinnen“, sagte HSV-Trainer Labbadia vor dem Hamburger Doppel-Spieltag. Er gönne vor allem seinem Kollegen und Sympathieträger Lienen einen Punkte-Dreier: „Ich habe mit ihm telefoniert. Der Erfolg freut mich, weil er es gut macht."

Weniger gönnen können derweil wohl einige HSV-Fans - im Vorfeld des St.-Pauli-Spiels machten sich einige Unbekannte in der Nacht zu Freitag auf den Weg ans Millerntor und beschmierten Eingangstüren, Wände und Vereinslogos am Stadion mit blau-weißen Tags ihres Vereins.

Die Polizei nahm zunächst 18 Personen fest und ließ diese später aber wieder frei. Ob es sich bei den Verdächtigen um HSV-Fans handelt, wurde dabei nicht ermittelt.

Die Reaktion des Kiezclubs, der Strafanzeige stellen möchte, kam prompt. "Malen und Schreiben klappt ja schon mal, aber Hamburg bleibt BRAUN-WEISS!", twitterte St. Pauli, postete Fotos der Schmierereien - und ließ sich auch eine weitere Spitze nicht nehmen: "Grüße vom amtierenden Stadtmeister." Zur Erinnerung: Das letzte Aufeinandertreffen mit dem HSV hatte St. Pauli am 16. Februar 2011 im Volksparkstadion mit 1:0 für sich entschieden (das Hinspiel endete 1:1).

Mittlerweile sind die Schmierereien entfernt worden. Am Das Logo aus Stein ist mit frischer Farbe bemalt worden. Nur noch vereinzelt blitzt das Blau durch.

HSV Schmierereien wieder weg Millerntor FC St. Pauli
HSV Schmierereien wieder weg Millerntor FC St. Pauli © jdr | jdr

Beiersdorfer entschuldigt sich bei Rettig

Der HSV reagierte wenig später auf den Vorfall und entschuldigte sich öffentlich beim Stadtrivalen. "Wir distanzieren uns von den Schmierereien am Millerntor", twitterte der Club am Freitagmittag. Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer habe sich deshalb außerdem mit St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig in Verbindung gesetzt.

"Wer so etwas tut, beschädigt nicht nur fremdes Eigentum, sondern auch das Ansehen des HSV", sagte Beiersdorfer seinem Kollegen am Telefon. Welche Konsequenzen die Aktion nach sich ziehen wird, würden die Verantwortlichen nach Rücksprache mit der Polizei entscheiden, hieß es auf der Internetseite des HSV.

Erst am Mittwoch hatte der Verein sein neues Leitbild vorgestellt, in dem in einem ausführlichen Werte-Kanon ausdrücklich auch auf ein würdiges Auftreten außerhalb des Platzes hingewiesen wird.