Hamann stichelt gegen HSV-Trainer. Labbadia nimmt Müller und Ilicevic wegen Schuhproblemen in die Pflicht. Überraschende Statistiken.

Labbadia spricht über mögliche Neuzugänge

Nach den Abgängen von Zoltán Stieber, Marcelo Díaz und Ronny Marcos sowie dem geplatzten Wechsel von Wunschspieler Carlos Mané ist der HSV auf der Zielgeraden der Wintertransferperiode etwas unter Druck geraten. Bis Montag um 18 Uhr können die Hamburger noch zuschlagen und eine so dringend benötigte Verstärkung für die Offensive an Land ziehen.

Bruno Labbadia unterstrich aber erneut, dass der Verein bei der derzeitigen Preistreiberei nicht mitspiele und ihm aufgrund der finanziellen Situation teilweise die Hände gebunden seien. "Wir arbeiten an Lösungen und werden alles versuchen. Wir werden aber nur die Dinge machen können, die Sinn machen", sagte der Trainer. Es gäbe "verschiedene Optionen, an denen wir dran sind.“ In Josip Drmic konnte der neue Stürmer am späten Sonntagabend noch präsentiert werden.

Wie geht es weiter mit Olic?

Zwei Spiele in der Rückrunde sind gespielt, zweimal gehörte Ivica Olic nicht mal mehr zum Kader. Der Tiefpunkt einer unbefriedigend verlaufenden Saison für den 35-Jährigen ist längst erreicht. Darüber hinaus ist es kein Geheimnis, dass der HSV ihm bei einem Wechsel keine Steine in den Weg läge, wie Labbadia auch am Sonntag noch einmal unterstrich. „Bei Ivi müssen wir noch abwarten, wie es weiter geht. Er wollte eine Veränderung, deswegen sind wir von einem Wechsel ausgegangen."

Offenbar war aber nicht nur seine fünfköpfige Familie, die in Hamburg bleiben will, ausschlaggebend dafür, dass Olic von einem Wechsel Abstand nahm. Es fehlte wohl auch an lukrativen Angeboten. "Es hat sich bislang nicht das ergeben, was er sich vorgestellt hat", so Labbadia. Dennoch habe Olic nach wie vor die Chance, sowohl in den Kader, als auch in die Startformation zu rücken. "Wir gehen respektvoll miteinander um, die Tür ist weiterhin offen für ihn", beteuerte der Trainer.

Schuhprobleme bei zwei Profis

Der Rasen in Stuttgart war nass und rutschig, na klar – wirklich überraschend war das aber nicht. Labbadia fehlt deshalb jegliches Verständnis für Nicolai Müller und Ivo Ilicevic, die mehr durch Ausrutscher als belebenden Aktionen fürs Offensivspiel auffielen. "Wir haben das Thema angesprochen. Die Spieler sind für ihr Schuhwerk verantwortlich", sagte der Trainer, der direkt noch eine Mahnung hinterherschob. "Das sollte sich nicht wiederholen."

Späte Entscheidung

Im Hinspiel erzielte Johan Djourou in der 89. Minute den 3:2-Siegtreffer, diesmal gelangte der VfB zu spätem Glück. Dabei hatte sich bislang eigentlich der HSV als Experte für Punktgewinne in der Schlussviertelstunde erwiesen. Und nach dem 1:1 durch Artjoms Rudnevs in der 75. Minute sah es schon fast nach einem Ausbauen der guten Bilanz aus.

Rudnevs hatte gegen Stuttgart endlich mal wieder Grund zum Jubeln
Rudnevs hatte gegen Stuttgart endlich mal wieder Grund zum Jubeln © Imago

Nun ist der HSV in der Tabelle für die zweite Halbzeit weiter abgerutscht. Stand das Team Ende der Hinrunde in diesem Ranking noch auf Platz neun, steht nach dem 1:2 von Stuttgart nun der Relegationsplatz zu Buche. Dafür hat sich der HSV in der reinen Tabelle für die ersten 45 Minuten von zwischenzeitlich Platz 16 auf den siebten Platz hochgearbeitet.

Immer diese Aussortierten

Apropos Artjoms Rudnevs. Eigentlich war der Lette längst aussortiert. Lediglich ein Kurzeinsatz gegen die Bayern, bei dem er bereits einigermaßen Betrieb machte, stand bis dato auf der Habenseite. Nun markierte Rudnevs nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung in der 73. Minute sogar den zu diesem Zeitpunkt so wichtigen Ausgleichstreffer. "Rudi hat in den letzten Wochen sehr konsequent gearbeitet, deswegen hat er auch das Tor gemacht", sagte Labbadia. "Es ist gut, dass aus den hinteren Reihen wieder Druck kommt, das brauchen wir."

Der Stürmer ist nicht der Erste, der nach seiner beschlossenen Ausbootung noch einmal zurückschlägt, Vor Rudnevs hatten bereits Ivo Ilicevic und vor allem Gojko Kacar mit furiosen Comebacks für Aufsehen gesorgt. Vor allem Kacar leistete nach seiner endgültigen Rückkehr in den Kader mit drei Toren an den letzten vier Spieltagen der Vorsaison einen wichtigen Beitrag zum Klassenerhalt. Lohn war ein neuer Vertrag. Vielleicht könnte der HSV ja mal bei Julian Green anklopfen...?

HSV beim VfB Stuttgart

Daniel Didavi köpft zum 1:0 ein
Daniel Didavi köpft zum 1:0 ein © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Stuttgarts Daniel Didavi (r) erzielt das Tor zum 1:0 gegen Hamburgs Cleber Reis (2. vr) und Hamburgs Torwart Rene Adler (3. vr)
Stuttgarts Daniel Didavi (r) erzielt das Tor zum 1:0 gegen Hamburgs Cleber Reis (2. vr) und Hamburgs Torwart Rene Adler (3. vr) © dpa | Deniz Calagan
Artjoms Rudnevs feiert den Treffer zum 1:1
Artjoms Rudnevs feiert den Treffer zum 1:1 © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Doch nur wenig später jubelt Artjoms Rudnevs nach seinem Ausgleichstreffer mit Matthias Ostrzolek
Doch nur wenig später jubelt Artjoms Rudnevs nach seinem Ausgleichstreffer mit Matthias Ostrzolek © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Stuttgarts Artem Kravets (2, vr) erzielt das Tor zum 2:1 gegen Hamburgs Torwart Rene Adler
Stuttgarts Artem Kravets (2, vr) erzielt das Tor zum 2:1 gegen Hamburgs Torwart Rene Adler © dpa | Deniz Calagan
Matthias Ostrzolek ist mit einer Entscheidung nicht einverstanden
Matthias Ostrzolek ist mit einer Entscheidung nicht einverstanden © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Daniel Didavi nach einer vegebenen Chance
Daniel Didavi nach einer vegebenen Chance © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Hamburgs Cleber Reis (l.) im Zweikampf gegen Stuttgarts Timo Werner
Hamburgs Cleber Reis (l.) im Zweikampf gegen Stuttgarts Timo Werner © dpa | Deniz Calagan
Emiliano Insua (r.) wird von Nicolai Müller gestört
Emiliano Insua (r.) wird von Nicolai Müller gestört © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Rene Adler hat Glück, dass der Ball vorbei geht
Rene Adler hat Glück, dass der Ball vorbei geht © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Christian Gentner im Kopfballduell mit Gojko Kacar (r.)
Christian Gentner im Kopfballduell mit Gojko Kacar (r.) © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Christian Gentners Schuss gegen Matthias Ostrzolek fliegt auch am Tor vorbei
Christian Gentners Schuss gegen Matthias Ostrzolek fliegt auch am Tor vorbei © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
Lewis Holtby ging nach der Niederlage enttäuscht vom Platz
Lewis Holtby ging nach der Niederlage enttäuscht vom Platz © Bongarts/Getty Images | Simon Hofmann
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Torwartfehler vor dem 1:2?

Eigentlich waren sich alle Beobachter einig: Einzig René Adler war es zu verdanken, dass der HSV bis kurz vor Schluss überhaupt von einem Punkt in Stuttgart träumen durfte. Mit mehreren Paraden, darunter unter anderem eine Fußabwehr gegen Lukas Rupp im Stile eines Handball-Keepers, hatte der HSV-Torwart seine Farben im Spiel gehalten. Kritik an der unglücklichen Figur beim Gegentreffer zum 1:2 kam da nur sehr leise auf. "Nickelig gesehen war beim zweiten HSV-Gegentor mehr drin", twitterte unter anderem der "HSV-Reporter". Beim Kopfball des VfB-Stürmers Artem Kravets hat Adler verpasst, die Fäuste hochzureißen und ließ so den Ball rechts über sich im Eck einschlagen. Vor Wochenfrist hatte Bundestrainer Joachim Löw Kritik an dem ehemaligen Nationaltorhüter geäußert, als dieser Bayern Münchens Thomas Müller elfmeterwürdig foulte.

Hamann stichelt gegen Labbadia

Schon vor dem Spiel schoss Ex-Profi Dietmar Hamann gegen Bruno Labbadia - vermeintlich. "Bruno ist ein schlechter Verlierer, das war er auch schon als Spieler", sagte Hamann bei Sky. Gemeint war allerdings weniger eine Attitüde des unfairen Sportmanns, sondern eher der große Ehrgeiz Labbadias, die sich zuletzt unter anderem in dessen Aussagen nach dem 1:2 gegen Bayern München ("Zum Kotzen") offenbarten. Nach der neuerlichen Pleite in Stuttgart äußerte sich der HSV-Trainer sachlicher, aber nicht weniger angesäuert. "Die Abstände haben von Anfang an nicht funktioniert", sagte er im ZDF, "trotzdem waren wir wieder im Spiel, deswegen ist es sehr ärgerlich." Hamann wiederum stellte generell fest: "Bruno Labbadia muss schauen, dass er die Jungs wieder hinter sich bekommt und dass sie Ergebnisse erzielen. Die Stimmung in der Stadt muss sich ändern." Bei Sky sagte Labbadia dazu: "Wir kennen unsere Situation und wir müssen weiter an den Dingen arbeiten."

Überraschende Statistik

Wenn du ein Spiel gewinnen willst, musst du die Zweikämpfe gewinnen. Diese Weisheit traf am Sonnabend in Stuttgart nur bedingt zu. Denn der HSV wies mit 50,71 Prozent ein leichtes Plus in diesem Vergleich auf. Auch die Laufleistung sprach eigentlich für Hamburg - 116,8 zurückgelegten Kilometern standen 115 Stuttgarter Kilometer gegenüber.

Außerdem kamen beim HSV knapp 75 Prozent der Pässe (314) an, beim VfB lediglich knapp 70 Prozent (236). Knackpunkt war möglicherweise der verheerende Flanken-Vergleich. Denn davon hatte Stuttgart 17, der Dino dagegen nur vier. Und eine der Hereingaben durch Alexandru Maxim von rechts führte in der 88. Minute schließlich zum Siegtreffer.

Holtby: "Kollektivversagen"

Fans, Experten und auch die Spieler selbst sind sich einig: Die Hamburger Gesamtleistung in Stuttgart war nicht ausreichend, um am Ende verdient zu punkten. Immerhin stimmte hinterher die Selbstkritik. So sprach Lewis Holtby von "Kollektivversagen", und Aaron Hunt konstatierte: "Wir waren von Anfang an nicht im Spiel, Stuttgart war klar besser."

Bruno Labbadia, der vor der Partie noch von einem "Spiel wie jedes andere" gesprochen hatte, meinte: "Wir haben Stuttgart heute einfach zu oft eingeladen und uns in einigen Situationen nicht richtig verhalten." Nicht wenige im HSV-Umfeld sorgen sich nun allerdings um einen erneuten Abstiegskampf. "In der Situation, in der man steckt, ist das viel zu wenig", sagte Ex-HSV-Spieler Fabio Morena bei "Matz ab".

Positive Bilanz bröckelt

Trotz der Niederlage hat der HSV gegen Stuttgart weiter eine positive Bundesliga-Bilanz: 43 Siegen stehen bei 20 Unentschieden nun 39 Niederlagen gegenüber. Das Torverhältnis ist bei 153:160 allerdings negativ. Und betrachtet man die Gesamtbilanz inklusive Oberliga- und DFB-Pokalspiele, ist die Bilanz nun vollkommen ausgeglichen: Beide Traditionsvereine können gegeneinander 44 Siege verbuchen. Immerhin: Das 100. Tor konnte Stuttgart im Topspiel noch nicht gelingen, in der Heimbilanz stehen die Schwaben aktuell bei 99 Toren.

Das Duell VfB Stuttgart gegen den Hamburger SV ist übrigens die Hummer zwei im ewigen Ligavergleich. Nur das Nordderby zwischen dem HSV und Werder Bremen gab es mit bislang 103 Spielen noch öfter.

Unklare Torschützen

Gegen die Bayern wurde lange gerätselt, ob Pierre-Michel Lasogga oder Aaron Hunt der Schütze war. Am Ende wurde der Ausgleichstreffer schließlich Xabi Alonso "gutgeschrieben". Auch gegen den VfB gab es Unklarheit bei einem Tor, und erneut war Hunt beteiligt. Diesmal erhielt er den offiziellen DFL-Zuschlag, auf den er sicher gerne verzichtet hätte. Schließlich ging der Haupt-Impuls für die Stuttgarter Führung vom Kopfball des VfB-Spielmachers Daniel Didavi aus. Die Schwaben sind übrigens die eigentlichen Eigentor-Experten: Schon vier von ligaweit 17 Eigentoren gingen auf das Konto des VfB.

Die Statistik

Stuttgart: 22 Tyton - 15 Großkreutz, 3 Schwaab, 6 Niedermeier, 2 Insua - 26 Serey Die - 8 Rupp, 20 Gentner, 10 Didavi (ab 88. Maxim), 18 Kostic (ab 90. Sunjic) - 19 Timo Werner (ab 78. Kravets). - Trainer: Kramny

Hamburg: 15 Adler - 2 Diekmeier, 5 Djourou, 3 Cleber, 22 Ostrzolek - 40 Kacar (ab 73. Rudnevs), 8 Holtby - 27 Nicolai Müller (ab 61. Gregoritsch), 14 Hunt, 7 Ilicevic - 10 Lasogga (ab 88. Jung). - Trainer: Labbadia

Schiedsrichter: Günter Perl (Pullach)

Zuschauer: 45.000

Tore: 1:0 Hunt (66/ET.), 1:1 Rudnevs (75.), 2:1 Kravets (88.)