Hamburg. Nach der misslungenen Vorbereitung und den abgebrochenen Verhandlungen mit Sporting Lissabon hofft Labbadia auf einen Neustart.
Für Frank Ronstadt, 17, sollte der Besuch im ersten Stock des Volksparkstadions gestern Mittag zu einer lehrreichen Theorie-Praxis-Prüfung werden. Das HSV-Abwehrtalent aus der U19 absolviert derzeit ein zweiwöchiges Schülerpraktikum in der Presseabteilung des HSV. Und bei der wöchentlichen Spieltagspressekonferenz vor der Auswärtspartie beim VfB Stuttgart erhielt der Zwölftklässler des Gymnasium Langenhorn am Donnerstag besten Anschauungsunterricht von Medienprofi Bruno Labbadia. Ob die Partie gegen Stuttgart ein Schlüsselspiel sei? Labbadia lacht. „Jedes Spiel ist ein Schlüsselspiel.“ Druck? Wieder ein entspanntes Lächeln. „Wir haben immer Druck.“ Ein letzter Versuch: Ob der HSV-Trainer nicht ein wenig blauäugig sei, will ein Journalist wissen. „Natürlich bin ich blauäugig“, antwortet Labbadia und zeigt auf seine blauen Augen, „aber ich weiß ganz genau, auf was ich mich da eingelassen habe.“
Nicht nur Ronstadt schien beeindruckt. Trotz der misslungenen Vorbereitung, dem 1:2 gegen Bayern und den bislang wenig erfolgreichen Kaugummi-Verhandlungen um Neuzugänge konnte man am Donnerstag kurzzeitig den Eindruck gewinnen, dass der HSV vor dem so wichtigen Spiel in Stuttgart (Sa./18.30 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) voll im Plan liege. „Wir freuen uns auf die Partie“, sagte Presseprofi Labbadia, der da selbstverständlich nur die halbe Wahrheit verriet.
Tatsächlich sind die Hamburger Sorgen vor dem zweiten Spiel der Rückrunde groß, an längst überstanden geglaubte Zeiten erinnert zu werden. So droht der HSV, allen Labbadia-Ausführungen zum Trotz, bei einer Niederlage in Stuttgart sich bis auf einen Punkt dem in den vergangenen zwei Jahren mehr oder weniger liebgewonnenen Relegationsplatz anzunähern. Zusätzlich dürften die Nachrichten vom Transfermarkt, der bis Montag um 18 Uhr offen ist, wenig zur Beruhigung der angespannten Lage beitragen.
HSV will bei Preistreiberei nicht mitmachen
Der Hauptgrund: Anders als noch zu Wochenbeginn erwartet wird Wunschneuzugang Carlos Mané, 21, nun doch nicht zum HSV wechseln. Sportchef Peter Knäbel war am Donnerstag nach ergebnislosen Verhandlungen aus Lissabon abgereist, nachdem sich der HSV-Manager und die Sporting-Verantwortlichen nicht über die Höhe einer Leihsumme einigen konnten. Offenbar hatte der italienische Unterhändler Luciano D’Onofrio, ein Freund José Mourinhos mit besten Beziehungen im portugiesischen und belgischen Fußball, mit einem höher dotierten Konkurrenzangebot aus Anderlecht für Wirbel bei Sporting gesorgt. Der HSV wollte bei der Preistreiberei nicht mitmachen – und muss nun nach Alternativlösungen suchen.
„Wir können nur Dinge machen, die auch für uns akzeptierbar und gesund sind“, sagte Labbadia, der sich seine Enttäuschung über den geplatzten Mané-Wechsel vor versammelter Presse nicht anmerken lassen wollte. Und überhaupt: „Wir sind nur auf Stuttgart fokussiert. Alle anderen Dinge spielen keine Rolle.“ Die Presseabteilung rund um Praktikant Ronstadt hätte es nicht besser formulieren können.