Hamburg. Das Foul vor dem Rückstand war möglicherweise der Knackpunkt bei der 1:2-Niederlage. HSV-Fans feiern Trainer Labbadia.
Bruno Labbadia konnte einfach nicht mehr. Der HSV-Trainer war die letzten Minuten auf und ab vor seiner Bank gelaufen, hatte jedes Kopfballduell mitgemacht und war jedem Steilpass gedanklich hinterher gelaufen. Doch als nach 93 Minuten Schluss war, blieb Labbadia nichts anderes übrig, als kopfschüttelnd zur eigenen Kurve zu schauen. 1:2 hatte sein HSV gerade gegen den FC Bayern verloren, doch die Nordkurve skandierte: „Bruno Labbadia, oh, oh-oh-oh oh!“
Wie erwartet setzte Labbadia auf die Angeschlagenen-Achse mit Johan Djourou (Knieschmerzen), Gojko Kacar (Trainingsrückstand), Aaron Hunt (Knieprobleme) und Pierre-Michel Lasogga (instabile Schulter), um die er sich allesamt während der kurzen Vorbereitungszeit immer wieder Sorgen machen musste. Der im Sommer scheidende Pep Guardiola hatte gleich zwei Überraschungen im Gepäck mit dabei: Kingsley Coman startete für Arjen Robben, und Holger Badstuber durfte überhaupt erst zum dritten Mal in dieser Spielzeit von Beginn an ran.
Drei Tore und ein Abschied bei HSV gegen Bayern München
Anpfiff mit Verzögerung
Doch weit mehr als Bayerns erste Elf verblüffte die 57.000 Zuschauer – darunter auch Bundestrainer Joachim Löw – die Anfangsphase der Partie, die wegen erhöhter Sicherheitsmaßnahmen erst mit ein paar Minuten Verspätung beginnen konnte. Denn trotz eines gefühlten Ballbesitzes von 10:90 Prozent waren es tatsächlich die Hamburger, die sich in der ersten halben Stunde die besseren Chancen herausspielen konnten. Einen Schuss von Hunt konnte Welttorhüter Manuel Neuer erst im Nachfassen festhalten (13.), dann zielte Dennis Diekmeier knapp am linken Pfosten vorbei (21.). Auf der Gegenseite hatte der HSV zunächst nur dann Probleme, wenn die Bayern über ihre pfeilschnellen Außenstürmer Douglas Costa (rechts) und Coman (links) spielten. Bis auf drei Gelbe Karten (Ostrzolek, Kacar, Müller) sprang für den deutschen Rekordmeister aber nichts Zählbares heraus – bis zur 36. Spielminute.
Die Spieler in der Einzekkritik
Dieser eine Moment reichte, um den Unterschied zwischen dem tapfer kämpfenden Fast-Absteiger der vergangenen Saison und der womöglich derzeit besten Vereinsmannschaft der Welt deutlich zu machen: ein langer Ball von Philipp Lahm auf Thomas Müller, ein zögernder René Adler, eine unnötige Grätsche an der Strafraumgrenze, ein Pfiff – Elfmeter. „Wenn Adler höher steht, hätte er den Ball möglicherweise bekommen“, fachsimpelte Nationaltrainer Löw später in der ARD. Robert Lewandowski ließ sich das Gastgeschenk jedenfalls nicht entgehen und verwandelte sicher zum 0:1.
Löw lobt den HSV
Als Schiedsrichter Felix Zwayer knapp zehn Minuten später zur Halbzeit pfiff, durften sich die Hamburger trotz des Rückstands über ein Kompliment von höchster Stelle freuen: „Der HSV ist in seiner defensiven Struktur und Organisation viel besser als vor einem Jahr, sie laufen gut an“, lobte Löw, der allerdings noch gut den ersten Nord-Süd-Gipfel in dieser Saison vor knapp einem halben Jahr in Erinnerung hatte. Denn auch damals hielt der HSV gut 45 Minuten lang gegen das bajuwarische Starensemble mit, brach dann allerdings zum Ende der zweiten Halbzeit ein und verlor mit 0:5.
Der Spielverlauf zum Nachlesen im Liveticker
Es dauerte gerade Mal acht Minuten im zweiten Durchgang, um zu erahnen, dass Ähnliches kein zweites Mal passieren würde – ganz im Gegenteil. Denn nach einem Hunt-Freistoß war der Ball zur Überraschung aller plötzlich im Tor (53.). 1:1 gegen Bayern – doch keiner verstand so recht warum. Offiziell wurde Lasogga als Torschütze angegeben, dabei war der Torjäger mit seiner Zehenspitze gar nicht am Ball. Anders als der Spanier Xabi Alonso, der Hunts Hereingabe offenbar noch mit der Fußspitze ins eigene Netz streichelte. Um die Verwirrung komplett zu machen, gaben einige Medien sogar Hunt als den offiziellen Torschützen an.
Labbadia verteilt Komplimente
Es dauerte allerdings nur acht weitere Minuten bis die Bayern erneut trafen – diesmal allerdings auf der aus ihrer Sicht richtigen Seite. Erneut war es Lewandowski, der einen harmlos wirkenden Schuss Müllers unhaltbar zum 1:2 abfälschte (61.). Für den HSV ein doppelt ärgerlicher Gegentreffer, da Rechtsverteidiger Diekmeier das Abseits aufgehoben hatte.
Es sollte nicht der letzte Aufreger sein. Erst verhinderte Adler mit einem Blitzreflex Schlimmeres, dann verpasste es Gregoritsch, mit einem Freistoß aus bester Marcelo-Díaz-Position Geschichte zu schreiben. Kurz darauf war dann Schluss. Und wenig später sah auch Labbadia wieder das Positive: „Kompliment an die Mannschaft, sie hat sehr mutig verteidigt.“
Statistik
Hamburger SV: 15 Adler - 2 Diekmeier, 5 Djourou, 3 Cleber, 22 Ostrzolek - 40 Kacar, 8 Holtby - 27 Nicolai Müller, 14 Hunt, 7 Ilicevic (ab 69. Minute Michael Gregoritsch) - 10 Lasogga (ab 77. Minute Artjoms Rudnevs). - Trainer: Labbadia
Bayern München: 1 Neuer - 21 Lahm, 17 Jerome Boateng (ab 56. Minute Javi Martinez), 28 Badstuber, 27 Alaba - 14 Alonso - 11 Costa, 25 Thomas Müller (ab 69. Minute Arturo Vidal), 6 Thiago, 29 Coman - 9 Lewandowski. - Trainer: Guardiola
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Tore: 0:1 Lewandowski (37., Foulelfmeter), 1:1 Hunt (53.), 1:2 Lewandowski (61.)
Gelbe Karten: Ostrzolek, Kacar, Adler, Ostrzolek - Lahm
Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)