Hamburg/Augsburg. Der frühere HSV-Profi Piotr Trochowski konnte sich in Schwaben zwar noch keinen Stammplatz erkämpfen, doch das sind nur Luxusprobleme.
Piotr Trochowski ist Profi. Fußballprofi ist der 31 Jahre alte Augsburger seit seinem 17. Lebensjahr. Medienprofi ist der eher introvertierte Sportler spätestens seit dieser Woche. Die „Bild“ hat angerufen, der „Mopo“ hat Trochowski ein Interview gegeben und auch der „Welt“ stand der Mittelfeldmann für ein Telefonat zur Verfügung. „Offenbar gibt es in Hamburg gerade keine Geschichten zu erzählen“, witzelt Trochowski im Gespräch mit dem Abendblatt.
Doch die Geschichte Trochowski geht immer. Es ist die Geschichte vom ewigen Pechvogel. Mal ging es um die Vertragsstreitigkeiten mit seinem früheren Club FC Sevilla, dann ging es um die schier endlose Liste seiner Verletzungen. Im vergangenen Sommer gab es unzählige Artikel über den vereinslosen Ex-Nationalspieler. Und nun, ein halbes Jahr nach seiner Unterschrift beim FC Augsburg, gibt es die Geschichte vom unzufriedenen Comebacker, der gerne mehr spielen würde und auch an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) unbedingt auf dem Rasen dabei sein will, wenn er erstmals seit seinem Abschied vom HSV 2011 wieder in Hamburg aufdribbelt. Über den fast schon notorischen Pechvogel gibt es aber auch eine Geschichte, die noch keiner erzählt hat. Es ist die Geschichte von Trochowski, dem Glückspilz.
„Hamburg ist und bleibt meine Stadt“
„Noch vor einem Jahr war unklar, ob ich meine Karriere fortsetzen kann. Jetzt ist unklar, ob ich im nächsten Bundesligaspiel von Anfang an spiele. Wenn ich in den vergangenen zwei Jahren etwas gelernt habe, dann ist das, alles etwas entspannter zu sehen“, sagt der Wahl-Hamburger, der sich an diesem Freitag mit seinen Augsburger Kollegen auf den Weg in die alte Heimat macht. „Hamburg ist und bleibt meine Stadt“, sagt Trochowski, der seit Tagen mit Kartenwünschen für sein Comeback bombardiert wird. „Jedem Spieler steht eine Karte pro Auswärtsspiel zu. Aber viele meiner Mannschaftskollegen haben schon angeboten, für mich zu verzichten, damit meine ganze Familie dabei sein kann.“
Das letzte Mal, als sich Trochowski zum Gespräch mit dem Abendblatt in der Marsbar in Eppendorf verabredet hatte, sprach der Fußballer im Juli über seine Sorge vor der Arbeitslosigkeit, über Juristen und über ein Probetraining als Ex-WM-Teilnehmer. „Man wird auch demütig. Man weiß mehr zu schätzen, was man doch eigentlich für ein Glück mit seinem Beruf hat“, sagte Trochowski damals. „Fußball ist ein verdammt schnelllebiges Geschäft. Heute bekommt man einen Anruf, und morgen ist man schon unterwegs.“
Zwei Tage später kam der Anruf. Ein Probetraining in Augsburg, dann der erhoffte Vertrag. „Man kann es sich schon gut gehen lassen in Augsburg. Die Stadt hat Charme“, sagt „Troche“ nach seinem ersten Halbjahr. Besonders die knusprige Ente im bayerischen Haus am Dom habe er zu schätzen gelernt. Nur sportlich lief es nicht optimal. „Selbstverständlich hätte ich gerne mehr gespielt, ich bin schließlich Vollblut-Fußballer. Aber nach den zwei schwerwiegende Verletzungen, der schwierigen Zeit in Sevilla und meinem Ausfall am Saisonanfang bin ich vor allem froh, jetzt körperlich wieder komplett fit zu sein. Ich ärgere mich, wenn ich nicht spiele. Aber ich weiß auch, dass es Luxusprobleme sind.“
HSV-Spiel ist für Trochowski ein Highlight
Ein paar Jahre noch will sich Trochowski mit diesen Luxusproblemen nur allzu gerne herumschlagen. „Ich bin noch immer sehr ehrgeizig, will meine Karriere nicht so einfach austrudeln lassen“, sagt er. „Ich werde in der Vorbereitung alles geben, und dann werden wir in der Rückrunde sehen, wohin die Reise geht. Ich fühle mich definitiv noch zu jung, um über das Karriereende nachzudenken.“
Statt über das eigene Karriereende denkt er viel lieber über die nächste Europa-League-Runde gegen den FC Liverpool nach. „Das ist schon eine geile Sache. Wahrscheinlich kann man das Spiel sogar als einen der größten Momente der Clubgeschichte bezeichnen.“ Dabei will Glückspilz Trochowski nicht verhehlen, dass Liverpool mit Jürgen Klopp zwiespältige Gefühle in ihm auslösen. „Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich nichts dagegen gehabt hätte, wenn uns ein etwas kleinerer Gegner zugelost worden wäre.“
Dass das Leben aber kein Wunschkonzert ist, weiß Trochowski nur zu gut. Das gilt natürlich auch für seinen großen Wunsch, in Hamburg am Wochenende zu spielen. „Das Spiel ist ein Highlight für mich. Ich muss zugeben, dass ich unbedingt in Hamburg von Anfang an auflaufen will.“ Bis heute ist er Michael Oenning böse, dass der ihn in seinem letzten HSV-Heimspiel vor vier Jahren nicht eingewechselt hat. Doch das ist lange her. Und vor allem ist es eine ganz andere Geschichte.