Hamburg. Der HSV-Sportchef spricht über wechselwillige Spieler wie Olic und Díaz und plädiert für eine Modifizierung der Transferregelung.
Seinen Sinn für Humor hat Peter Knäbel in dieser Woche sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Auf der clubinternen Weihnachtsfeier im Schmidtchen, auf der sich alle Spieler und Verantwortlichen unter dem Motto „Auf dem Kiez“ verkleiden sollten, ließ sich auch der HSV-Sportchef nicht lange bitten. Der Manager, der im Tagesgeschäft jeden Cent zweimal umdrehen muss, trat mit feinem Hut, dicker Zigarre, fetter Goldkette inklusive übergroßem Dollarzeichen-Anhänger und einer „Was kostet die Welt“-Haltung als spendierfreudiger Dandy auf.
Am Tag nach der feuchtfröhlichen Weihnachtsfeier fand sich der unverkleidete Knäbel schneller, als ihm lieb war, zurück in der Realität wieder. Seinen ersten Termin hatte der 49-Jährige um 8.30 Uhr morgens, am Nachmittag flog er zu Beratergesprächen in den Westen, am Abend stand die nächste Weihnachtsfeier auf dem Programm. Die Tage vor dem Hinrundenfinale seien schon sehr intensiv, sagt Knäbel im Gespräch mit dem Abendblatt. Spieler, Berater und natürlich auch Vereine würden schließlich wissen wollen, wohin die Reise im Januar geht. Zur Erinnerung: Vom 1. bis zum 31. Januar öffnet wieder einmal das Wintertransferfenster, es darf wild spekuliert, ge- und natürlich auch verkauft werden.
Knäbel selbst hat in diesem Winter eine eher ungewöhnliche Meinung, wohin die Reise für den HSV aus seiner Sicht am besten gehen sollte. „Wir wollen eigentlich gar nicht viel ändern, sondern größtmögliche Stabilität und Kontinuität erreichen. Da unser Transferplan, den wir im Sommer aufgestellt haben, weitestgehend aufgegangen ist, birgt dieses Wintertransferfenster eher Risiko als Chance. Für uns wäre es in diesem Fall besser, wenn kein Verein im Winter nachlegen könnte und wir ohne Transferfenster in die Rückrunde gehen würden“, sagt Knäbel, der sogar anregt, grundsätzlich über eine Modifizierung der Transferregelung nachzudenken. Ein Großteil der Wintertransfers, so Knäbel, würde sich nicht auszahlen. Aber: „Natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass wir selber vor einem Jahr froh waren, als wir im Winter noch mal nachbessern konnten. Das geht anderen Clubs, die unter ihren Erwartungen geblieben sind, sicherlich in diesem Jahr ähnlich.“ Besser sei aber natürlich, bereits im Sommer die Hausaufgaben erledigt zu haben.
Olic und Rudnevs dürfen gehen
Gut 20 Millionen Euro hat der HSV im vergangenen Sommer ausgegeben. Es kamen Mittelfeldverstärkung Albin Ekdal (4,5 Millionen Euro), der talentierte Michael Gregoritsch (3 Millionen Euro) und Spielgestalter Aaron Hunt (3 Millionen Euro). Außenverteidiger Gotoku Sakai (750.000 Euro) wollte den Konkurrenzkampf neu beleben, Angreifer Sven Schipplock (2,5 Millionen Euro) sollte Sturmtank Pierre-Michel Lasogga Beine machen. 15 Spieler mussten den Club dagegen für rund elf Millionen Euro verlassen. „Wir können überwiegend mit unseren Entscheidungen im vergangenen Sommer zufrieden sein“, zieht Knäbel wenige Tage vor dem Hinrundenfinale gegen den FC Augsburg (Sa, 15.30 Uhr) eine positive Zwischenbilanz – und erklärt, warum auch er im Winter wohl noch zweimal auf dem Transfermarkt aktiv sein will.
„Da das Fenster offen ist, müssen auch wir unsere Optionen prüfen. Und sollten uns Spieler verlassen, dann müssen wir auch Ersatz holen“, sagt der Sportchef, der dabei besonders an die wechselwilligen Marcelo Díaz, Ivica Olic und Zoltan Stieber denkt, aber auch an Artjoms Rudnevs. Doch gerade im Sturm hätte der HSV eine besondere Situation zu bewältigen. So seien Olic und Rudnevs Wechselkandidaten, zudem könnte man nicht zu 100 Prozent sicher sein, dass die kaputte Schulter von Pierre-Michel Lasogga hält.
Sollten Olic und/oder Rudnevs gehen, würde der HSV in jedem Fall einen Stürmer verpflichten, zudem sei auch die Personaldecke in der Innenverteidigung sehr angespannt. „Wir können uns keine großen Sprünge leisten, müssen aber trotzdem immer die Augen und Ohren offen halten. Deswegen sind wir auch viel unterwegs, um schon jetzt Optionen für den Sommer und die kommenden Jahre abzuklopfen“, sagt Knäbel, der in den vergangenen Wochen fast pausenlos auf Achse war. Dass dabei ein Großteil von öffentlich spekulierten Neuzugängen für den HSV finanziell gar nicht infrage kommt, gehöre nun mal zum Geschäft.
HSV will Super-Talent Feka halten
Auf eine mittelfristige und vor allem bezahlbare Verstärkung hofft Knäbel umso mehr aus den eigenen Reihen. So seien die Vertragsgespräche mit Dren Feka, Hamburgs Nachwuchsfußballer des Jahres, weit vorangeschritten. „Er ist ein großes Talent, das wir gerne behalten wollen würden. Wir sind in intensiven Gesprächen“, bestätigt der Sportchef, der auf eine Vertragsverlängerung mit dem umworbenen U-19-Nationalspieler pünktlich zu Weihnachten hofft. Noch in dieser Woche wollen er und Trainer Bruno Labbadia deswegen überlegen, ob es Sinn machen würde, Feka sogar ins Trainingslager nach Belek mitzunehmen.
An die Winterpause möchte Knäbel vorerst noch nicht denken. Erst nach dem Hinrundenfinale gegen Augsburg will er sich am 22. Dezember auf den Weg zur Familie gen Süden machen. Spätestens ab dem zweiten Weihnachtstag würde die Telefoniererei dann weitergehen. „Die Familie wird begeistert sein“, sagt Knäbel. Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht.