Der Coach will in den letzten Tagen vor dem Spiel Ruhe und Gelassenheit vorleben und auch sein Team nicht übermäßig hart fordern. „Läuferisch haben wir gegen die Bayern ja überzeugt.“

Hamburg. Und wieder so ein Geschoss. Die Bälle von Hakan Calhanoglu beim Schusstraining abzuwehren ist für die Torhüter des HSV eine undankbare Aufgabe. Doch René Adler und Co. werden die Schmerzen gerne hinnehmen, sollte der 20-Jährige gegen Mainz 05 am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) ähnlich auftrumpfen. Aber auch Tomas Rincon und Tolgay Arslan wussten beim „Ausschießen“ zu überzeugen, während die Bälle von Ola John in schöner Regelmäßigkeit auf dem Dach des Geräteschuppens landeten.

Die Stimmung unter den Profis war gelöst, es wurde gelacht und gescherzt. Nur nicht verkrampfen vor dem großen Abstiegsfinale. „Freude an der Arbeit ist wichtig“, erklärte Trainer Mirko Slomka. „Doch ich glaube schon, dass die Stimmung immer angespannter wird, je näher wir dem Wochenende kommen.“ Der Coach will in den letzten Tagen vor dem Spiel Ruhe und Gelassenheit vorleben und auch sein Team nicht übermäßig hart fordern. „Wir müssen frisch und ausgeruht sein, werden mehr im gruppentaktischen Bereich arbeiten, als jetzt noch intensive Läufe ins Training einzubinden. Denn läuferisch haben wir gegen die Bayern ja überzeugt.“

Alles andere als ausruhen will sich Pierre-Michel Lasogga. Überraschenderweise stand der große Hoffnungsträger schon am Dienstag mit der Mannschaft auf dem Platz und hielt bis zum Ende der Einheit durch. Er verzichtete jedoch auf Zweikämpfe und Abschlüsse. Der weitere Plan: Am Donnerstag und Freitag soll Lasogga nach Möglichkeit alles mitmachen, um gegen Mainz tatsächlich wieder eine Option für die Startelf zu sein. Slomka sieht kein Risiko, dass sich sein Top-Angreifer für die mögliche Relegation wieder verletzt. „Wir haben ihn jetzt sehr lange komplett rausgehalten, ihn ganz langsam wieder herangeführt, immer wieder unter Beobachtung von Dr. Müller-Wohlfahrt. Wenn er auch bei der Arbeit mit dem Ball keine Probleme bekommt, können wir ihn reinhauen.“

Dickes Fragezeichen hinter Jansen

Doch die Personalie Lasogga ist bei Weitem nicht die einzige, bei der noch Unklarheit herrscht. Linksverteidiger Marcell Jansen trainierte nur individuell, will aber am Mittwoch wieder mit dem Team üben. Slomka ist da jedoch bei Weitem nicht so zuversichtlich. „Mit einer solchen Entzündung im Sprunggelenk ist nicht zu spaßen, ich bin mir nicht sicher, ob wir in Mainz auf ihn zählen können.“ Jansens Pendant auf der rechten Seite, Dennis Diekmeier, soll nach seiner leichten Zerrung am Mittwoch auf jeden Fall wieder einsteigen und am Sonnabend auflaufen. „Dennis ist ein Fighter“, lobt Slomka.

In der defensiven Zentrale könnte es zu einem Dreikampf kommen: Johan Djourou ist wieder dabei, für ihn gilt das Gleiche wie für Lasogga – bleibt seine Muskulatur intakt, könnte er in die Startelf rutschen. Michael Mancienne oder Heiko Westermann, der am Dienstag aufgrund eines privaten Termins fehlte, müssten dann weichen. Oder Westermann nimmt die Jansen-Position ein, sollte der Linksfuß ausfallen.

Auch in der Mittelfeldzentrale sucht Slomka noch den passenden Partner von Milan Badelj: Robert Tesche oder doch der gegen Bayern gelbgesperrte Tolgay Arslan? „Robert hat mich positiv überrascht, gegen die Bayern über 90 Minuten einen soliden Sechser gegeben, mit feiner Technik und gutem Kopfball“, ließ sich der Fußballlehrer ein wenig in die Karten gucken. In der Tat könnte die Lufthoheit Tesches den Ausschlag geben, denn außer Westermann und eventuell Lasogga hat der Club sonst keinen richtig guten Kopfballspieler in seinen Reihen.

Personell gibt es also noch einige Fragezeichen. Auf die Taktik hat sich Slomka allerdings schon festgelegt. „Wir wollen auf Sieg spielen und nicht abwarten, wie es auf den anderen Plätzen steht.“ Eine mutige Ansage, doch ein kurzer Blick zurück dürfte Mut machen: Vor etwas mehr als einem Jahr gewann der Bundesliga-Dino sein letztes Auswärtsspiel in Mainz mit 2:1. Damals standen nicht weniger als neun Profis in der Startelf, die auch am Sonnabend beginnen könnten. Außer Per Skjelbred und Heung Min Son, die von Calhanoglu und möglicherweise Lasogga mehr als adäquat ersetzt werden können, siegte der damalige Trainer Thorsten Fink verdient mit der Elf, die jetzt um den Klassenerhalt bangt, und rutschte in der Tabelle auf den achten Rang vor. Es muss also doch mehr Qualität in der Mannschaft stecken, als sie in den letzten Wochen und Monaten gezeigt hat.

Auch beim Gegner könnte es zu einem überraschenden Comeback kommen: Der neunfache Torschütze Nicolai Müller steht bei Mainz 05 vor der Rückkehr. Er stieg nach seinem Einriss im Außenmeniskus am Dienstag wieder ins Training der Rheinhessen ein und könnte am Sonnabend eine echte Alternative sein. Für Slomka kein Grund zur Sorge: „Wir wissen um die große Qualität der Mainzer, doch wenn wir die Leistung der ersten Bayern-Halbzeit über 90 Minuten abrufen, werden wir dort bestehen.“