Ein Aufwärtstrend in der Jugendarbeit ist erkennbar. Mit Zhi Gin Lam schaffte der nächste Nachwuchsspieler den Sprung zu den Profis der Hamburger.

Hamburg. Die Nachwuchsarbeit beim HSV hat in der Vergangenheit gelinde gesagt nicht gerade Vorbildcharakter gehabt. Doch ein Aufwärtstrend ist erkennbar: Heung-Min Son, Maxim Choupo-Moting, Muhamed Besic, Tunay Torun oder nun auch Zhi Gin Lam bewiesen zuletzt, dass die Durchlässigkeit aus dem Nachwuchsbereich in die Bundesliga durchaus vorhanden war. Doch die Ausbeute ist, verglichen mit anderen Mannschaften wie Stuttgart oder Bayern, weiter verbesserungswürdig.

In dieser Saison will der HSV weiter Boden gutmachen. Eine Maßnahme der bisherigen Regionalliga-Trainer Rodolfo Cardoso und Soner Uysal war schon in der letzten Spielzeit, das Alter deutlich zu senken und aus der U-23 eigentlich eine U-20 zu machen. Der Schnitt der eingesetzten Spieler lag etwa bei 19,5 Jahren, viele A-Jugendliche spielten regelmäßig im Herrenbereich. Das vom Verein angestrebte Ziel, mit der U-23 die höchstmögliche Spielklasse anzustreben, also die Dritte Liga, wird mit einer so jungen Mannschaft jedoch nur schwer zu erreichen sein. Das Team ist zwar hervorragend in die neue Spielzeit gestartet, doch profitierte es durch Leihgaben aus dem Profikader wie Romeo Castelen.

„Wir würden uns nicht gegen einen Aufstieg wehren, doch ich denke, dass die Anforderungen in der Regionalliga hoch genug sind, um unsere Spieler zu fordern und zu fördern“, erklärt Uysal, der nach der Beförderung Cardosos zum Trainer der Profis als Chefcoach des Viertligateams arbeitet. Uysal befürchtet vielmehr, dass sein Team in der Dritten Liga gegen den Abstieg kämpfen und junge Spieler dann vermehrt durch Bundesliga-Profis aus der zweiten Reihe ersetzt würden, um diesen zu verhindern.

Doch das Abschneiden ist zweitrangig, solange sich auf Erfolge auf übergeordneter Ebene einstellen: Die individuelle Verbesserung der Spieler im Hinblick auf die Erfordernisse des Profifußballs. So soll weiterhin an dem Konzept festgehalten werden, auch sehr jungen Akteuren auf höchstmöglichem Niveau Spielpraxis zu verschaffen und diese an den Profikader heranzuführen. Laut Uysal gibt es mehrere Kandidaten, die schon in dieser Serie das Zeug dafür haben. Allen voran der 20-jährige Lam, der sein Potenzial gegen Stuttgart schon unter Beweis stellte.

Abendblatt.de stellt die drei größten Talente des HSV vor. Alle drei stammen zudem aus Hamburg oder der unmittelbaren Umgebung und bringen neben ihren fußballerischen Fähigkeiten daher Identifikation mit Stadt und Verein mit.

Zhi Gin Lam, 20: Der gebürtige Hamburger mit Vater aus Hong Kong spielt seit 2005 beim HSV und hat die wohl größte Entwicklung im vergangenen Jahr vollzogen. Tat er sich anfangs noch schwer im Herrenbereich, war der Rechtsfuß im linken Mittelfeld zuletzt nicht mehr aus der ersten Elf der Regionalliga-Mannschaft wegzudenken. Dass er auch auf Rechts spielen kann, bewies er gegen den VfB eindrucksvoll. Uysal hatte Lam bereits in der Vorbereitung für höhere Aufgaben auf dem Zettel, doch Oenning überging ihn. Lam besticht durch gute Technik und seine herausragende Spielintelligenz. „Mein Ziel ist es, mit den Profis die Vorbereitung zu absolvieren“, sagte Lam vor der Saison. Das gelang ihm zwar nicht, doch dafür dürfte das Talent jetzt fester Bestandteil der Bundesligamannschaft sein. Selbstkritisch fügte er hinzu: "Ich muss aber noch präsenter auf dem Platz und torgefährlicher werden.“

Reagy Ofosu, 20: Der rechte Flügelstürmer zeigte in den letzten Spielen der vergangenen Saison bestechende Form und gilt als eines der größten Talente des Regionalligateams. Momentan muss er sich jedoch mit Kurzeinsätzen zufrieden geben. Er spielt seit 2005 beim HSV und besticht durch Schnelligkeit, gutes Dribbling und einen für sein Alter kräftigen Körperbau. Das Vorbild des gebürtigen Buxtehuders heißt Eljero Elia. „Ich habe mir von ihm einige Tricks abgeguckt und hoffe, dass er mir Ratschläge geben kann, sollte ich es zu den Profis schaffen“, sagte Ofosu vor der Saison. Dazu wird es jetzt zwar nicht mehr kommen, doch Einsätze in der Bundesliga sind weiter sein erklärtes Ziel.

Janek Sternberg, 18: Der Innenverteidiger kam erst im Winter aus der A-Jugend in die U-23, schlug dort aber sofort voll ein. Ihn zeichnet seine Schnelligkeit, Kopfballstärke, Konsequenz im Zweikampf sowie sein guter linker Fuß aus, der ihn auch Linksverteidiger spielen ließe. Der in Bad Segeberg aufgewachsene Fan von Rafael van der Vaart braucht vielleicht noch etwas Zeit, doch schon im Sommer wurde er in den Profikader beordert. „Wenn ich meinen schwächeren rechten Fuß verbessern und körperlich noch zulegen kann, will ich in dieser Saison weiter regelmäßig mit den Profis trainieren und ab und zu im Kader stehen“, erklärte Sternberg vor der Saison.

Die derzeit größte Nachwuchshoffnung des Vereins ist noch keine Option für die Profis, dennoch gilt der erst 16-jährige Mittelfeldspieler Matti Steinmann als hoch talentiert und gehörte zum festen Stamm der U-16-Nationalmannschaft. Außer ihm gibt es nur noch einen weiteren Nachwuchsspieler des HSV, der derzeit im Kader eines der Jugendnationalteams des DFB steht: Levin Öztunali, 15. Seine Gene dürften kaum zu toppen sein - er ist der Enkel von Uwe Seeler.