Hamburg. Boris Herrmann spricht mit seinem Team über die mentalen Herausforderungen des Segelns. Womit der Extremsegler besonders zu kämpfen hat.
Eine Achterbahn der Gefühle nennt Co-Skipper Will Harris die vergangenen Tage der Vendée Globe. Zuerst sei Boris Herrmann nach einem geglückten Start eine Weile ganz am Ende der Flotte gefahren. Habe sich dann nach vorne gekämpft, um am vergangenen Wochenende wieder nach hinten durchgereicht zu werden.
Noch heiße es allerdings nichts, rund 200 Meilen hinter dem Führenden zu liegen. „Da ist noch viel drin“, so Harris. Er sei deshalb sehr zuversichtlich, sagt Harris in dem neuen Youtube-Format von Herrmanns Team, der Malizia Vendée Show, am Montagabend.
Extremsegler: Boris Herrmann auf Youtube – Eine Achterbahn der Gefühle
Seit der vergangenen Woche wird das Format immer montags um 18 Uhr deutscher Zeit auf dem Youtube-Kanal Herrmanns ausgestrahlt. In den einzelnen Folgen soll es um den Extremsegler und seine Lage selbst, das Wetter und andere wichtige Themen rund um die härteste Regatta der Welt gehen.
Mit dabei waren in dieser Woche Teammanagerin Holly Cova, der britische Co-Skipper Will Harris und die US-amerikanische Soloseglerin Cole Brauer. Sie gehören zum festen Team der neuen Show, aber auch andere Gäste sollen regelmäßig dabei sein, hin und wieder sogar Herrmann selbst. Zugeschaltet hatte sich in dieser Woche außerdem Scott Stevenson, der Mentaltrainer des Extremseglers.
Cole Brauer berichtete von ihrer eigenen Weltumsegelung und den Herausforderungen
Cole Brauer nahm auf ihre eigene Weltumsegelung Bezug und berichtete, wie sie selbst einmal weit zurückgefallen war. Sie sei extrem krank gewesen, so die junge Frau, habe sich an Bord quasi nicht bewegen und so auch viele wichtige Manöver nicht fahren können. Deshalb sei sie von mehreren Konkurrenten überholt worden. „Ich glaube, die Leute am Tracker haben sich sicher gefragt, was ich da mache. Aber ich war nicht in der Lage, etwas zu tun.“ Als sie dann wieder fit gewesen sei, habe sie Stück für Stück all die Konkurrenten überholt – und am Ende das Rennen sogar gewonnen.
Auch um das Wetter ging es in der neuen Folge: Derzeit sei die Wetterlage extrem herausfordernd, berichtete Harris. Sehr viele wechselnde Winde, die untypisch für die Gegend seien, hätten die Segler in den vergangenen Tagen beschäftigt. Zudem seien die Winde zumeist sehr leicht. Einige der Konkurrenten seien diesen gut entkommen, nicht so Herrmann.
Die mentalen Herausforderungen einer Solo-Weltumsegelung
Die vier Teilnehmer diskutierten außerdem die mentalen Herausforderungen, denen sich Boris Herrmann bei einer derartig langen Soloregatta stellen muss. Das Besondere: Selbst in schwierigen Situationen dürfen die Segler bei der Vendée Globe keine Hilfe oder mentale Unterstützung von außen erhalten. Das sei das Härteste, sagt Cole Brauer.
„Ich konnte mich von meiner Mutter am Telefon aufrichten lassen, als ich am Boden war. Boris kann das nicht“, so die Seglerin. Für sie sei diese Situation aus der heutigen Sicht heraus unvorstellbar hart. Und Mentalcoach Stevenson, der mit Firmenchefs, aber auch Extremsportlern arbeitet, bezeichnet die Vendée Globe unter anderem deshalb als eine ganz besondere Herausforderung. Bei keinem anderen Sportevent sei man so sehr auf sich allein gestellt.
Harris vermutet, dass Herrmann sich gerade an einem Tiefpunkt befinden könnte
Herrmanns Vertrauter Harris berichtete, dass Herrmann derzeit eventuell sogar mental an einem Tiefpunkt sei. „Er hat gerade erst ein Achtel oder sogar ein Zehntel geschafft“, so der Brite. „Und dabei hat man das Gefühl, schon so lange auf See zu sein.“ Diese Situation sei extrem hart, auch wenn er glücklicherweise gerade mit keinen schweren technischen Problemen zu kämpfen habe.
Herrmann hatte immer wieder davon berichtet, wie sehr er bei der Vendée Globe 2020/21 unter der Einsamkeit gelitten habe. „Du musst einen Grund haben, weiterzumachen“, so Scott über den Umgang mit diesen Gefühlen. Er bezeichnet diesen Zustand als eine Art Survival-Modus. Außerdem müsse man sich immer wieder an den Wert von Familie und Freunden erinnern. Und Herrmann dürfe nicht vergessen, worauf man die ganze Zeit hin arbeite. „Du musst dir immer wieder versichern, dass du nicht alleine bist. Dass du Freunde, Familie und ein Team hast.“
Holly Cova berichtete, wie sie Herrmann mit vielen positiven Nachrichten unterstützen
Genau das versuche Herrmann jeden Tag, berichtet Cova. Das Team sende ihm deshalb auch möglichst oft kleine Kommentare von Freunden, vom Team oder von Zuschauern senden. „Das hilft ihm sehr.“ Und so berichtet der Hamburger in diesen Tagen in seinen Videos immer wieder von der Einsamkeit, aber auch von extrem schönen und erfüllenden Momenten.
- Das ist furchtbar: Boris Herrmann vor härtester Regatta der Welt
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- Bei voller Fahrt: Boris Herrmann setzt wichtige Boje aus
Am Montagnachmittag setzte Herrmann unter anderem eine Boje aus, die wichtige Wetterdaten liefert. Fröhlich berichtet er in einem Film von Bord, warum die Boje so wichtig sei, und wirft sie lachend ins Meer. Später am Tag ließ er sogar noch seine Drohne fliegen und schickte sonnige Segelbilder von sich und seiner „Malizia – Seaexplorer“ in die Heimat.
Noch rund 22.000 Meilen liegen vor den Teilnehmern der Vendée Globe
Somit war der Montag sicher einer der guten Tage für Herrmann auf See. Auch wenn der derzeit weiter hinten auf der Rangliste steht, was ihn nicht zufriedenstellen wird. Aber auf den rund 22.000 Meilen, die vor ihm und den anderen Seglern liegen, kann noch viel passieren. Alles ist drin.