Hamburg. Daniel Altmaier aus Kempen will im Daviscup-Relegationsspiel in Bosnien an diesem Wochenende für die notwendigen Punkte sorgen.

Gut sechs Jahre ist es her, dass Daniel Altmaier die große Tennisbühne betrat. Am Hamburger Rothenbaum hatte der 18-Jährige von Turnierdirektor Michael Stich erstmals eine Wildcard für ein ATP-Turnier der 500er-Kategorie erhalten, und schon damals war zu spüren, dass der Fachabiturient vom Niederrhein nicht zu der Kategorie Mensch zählt, die sich auf Erreichtem ausruht.

„Ich hatte damals schon die Vision, ein Topspieler zu werden und für Deutschland im Daviscup zu spielen“, sagt er am Donnerstag, als ihn das Abendblatt in Mostar erreicht. In der rund 120.000 Einwohner zählenden Stadt im Süden Bosnien-Herzegowinas müssen die deutschen Tennisherren an diesem Wochenende auf langsamem Sandplatz den Klassenerhalt in der Weltgruppe des traditionsreichen Teamwettbewerbs sichern.

Zverev und Struff fehlen dem Team

Und weil der Hamburger Olympiasieger Alexander Zverev (26) wegen einer Oberschenkelblessur und der Warsteiner Jan-Lennard Struff (33) wegen einer Hüftverletzung nicht mithelfen können, steht nun Daniel Altmaier in der Verantwortung.

An Position 49 der Weltrangliste ist der 25 Jahre alte Kempener der am höchsten eingestufte Deutsche und wird, sofern Teamchef Michael Kohlmann nicht über Nacht auf verrückte Ideen kommt, bei der Auslosung an diesem Freitag (12 Uhr) neben dem Karlsruher Yannick Hanfmann (31/Nr. 54) für die Einzelpartien gegen den früheren Top-30-Spieler Damir Dzumhur (31/Nr. 157) und Nerman Fatic (28/Nr. 218) nominiert werden.

Neue Rolle ist ein Privileg

„Als Jugendlicher waren die Einsätze im Teamcup für Deutschland meine Chance, viel zu reisen. Damals habe ich davon geträumt, Daviscup zu spielen. Natürlich bedeutet es mir deshalb viel, die Mannschaft als Nummer eins anzuführen, auch wenn wir hier alle auf Augenhöhe agieren und sich niemand über den anderen stellt“, sagt der Rechtshänder.

Seine neue Rolle begreift er „überhaupt nicht als Druck, sondern als großes Privileg“. Es gehe nun darum zu beweisen, dass auf ihn Verlass ist. „Für mich soll der Daviscup in den kommenden zehn Jahren ein wichtiger Bestandteil meiner Karriere sein“, sagt er.

Wendepunkt Anfang April

Es ist ein Selbstverständnis, das keinesfalls als Arroganz ausgelegt werden sollte, denn Daniel Altmaier ist ein sehr reflektierter, selbstkritischer Mensch, der zugibt, seine Zeit gebraucht zu haben, um sein Ziel zu erreichen, zu einem strukturierten Tennisprofi heranzureifen. Als Wendepunkt bezeichnet er das Turnier in Houston (USA) Anfang April.

„Bis dahin war ich mit meinen Ergebnissen nicht zufrieden. Ich wusste, dass ich es besser kann, habe mir viele Fragen gestellt und eingesehen, dass vieles selbst verschuldet war. Also habe ich einiges verändert. Seitdem läuft es besser“, sagt er. In der auf Houston folgenden Woche gewann er ein Challengerturnier in Florida, schaffte es Anfang Mai in Madrid erstmals in ein Masters-Viertelfinale. Auch am Rothenbaum stand er im Juli im Viertelfinale.

Acht Wochen im Jahr in Argentinien

Möglich wurde dieser Umschwung durch eine größere Offenheit im Umgang mit seinen eigenen Bedürfnissen. „Ich habe Zeit gebraucht, um zu verstehen, was nötig ist, um dieses Level zu erreichen. Ich habe mit viel Geduld daran gearbeitet, wie man sich als Profi verhalten sollte. Es kommt jetzt deutlich mehr Kommunikation von meiner Seite, mein Team und ich wissen nun besser voneinander, was wir brauchen, um erfolgreich zu sein“, sagt er.

Ein wichtiger Baustein sei die körperliche Fitness, an der er mit seinem argentinischen Coach Alberto Mancini (54) in dessen Heimat Buenos Aires arbeitet. Fünf Wochen in der Saisonvorbereitung und noch einmal drei im Verlauf des Spieljahres verbringt er in Südamerika, „das hat mich nicht nur athletisch, sondern auch menschlich enorm weitergebracht.“

Niederlage bei Daviscupdebüt

In Mostar will er, nachdem er im Februar beim 2:3 gegen die Schweiz in seinem Daviscupdebüt knapp gegen Stan Wawrinka unterlegen war, seine ersten Punkte für Deutschland holen. „Wir sind zwar Favorit, werden den Heimvorteil der Bosnier aber nicht unterschätzen und sind auf alles vorbereitet. Deshalb glaube ich, dass wir am Sonntag als Sieger vom Platz gehen werden.“

Darauf ausruhen, sofern es gelingt, würde er sich keinesfalls. „Ich bin an einem Punkt der Karriere angekommen, an dem ich Wege finden muss, um Matches zu gewinnen“, sagt er, „wenn ich zufrieden damit wäre, unter den Top 50 zu stehen, wäre ich schlecht beraten.“