Hamburg. Die Tennisherren sprechen über den Jahresauftakt gegen die Schweiz, den Triumph von 1993 – und was ihnen ein eigener bedeuten würde.
Das Erstrundenduell mit der Schweiz, zu dem die deutschen Tennisherren an diesem Freitag und Sonnabend in Trier antreten, ist nicht einfach irgendein Daviscupmatch. Es soll, so hoffen die fünf nominierten Profis – die Einzelspieler Alexander Zverev (25/Hamburg/Nr. 14 der Weltrangliste), Oscar Otte (29/Köln/Nr. 80), Daniel Altmaier (24/Kempen/Nr. 91) sowie das Doppel Andreas Mies (32/Köln) und Tim Pütz (35/Frankfurt am Main) – und Teamchef Michael Kohlmann (49/Hagen), die Initialzündung sein, um Geschichte neu zu schreiben.
1993 gewann Deutschland letztmals den Daviscup
30 Jahre ist es her, dass deutsche Tennisherren zuletzt den prestigeträchtigsten Teamwettbewerb der Sportwelt gewinnen konnten. Vom 3. bis 5. Dezember 1993 bezwangen Hamburgs Tennisidol Michael Stich (54), Marc-Kevin Goellner (52/Köln) und Patrik Kühnen (56/München) in der Messehalle Düsseldorf Australien mit 4:1. Stich, der zum Auftakt Jason Stoltenberg in fünf Sätzen niedergerungen hatte, holte mit einem 6:4, 6:2, 6:2 gegen Richard Fromberg den entscheidenden dritten Punkt, nachdem er an der Seite Kühnens auch Australiens Weltklassedoppel Todd Woodbridge/Mark Woodforde bezwungen hatte.
Anlässlich dieses Jubiläums, das den Abschluss einer deutschen Ära mit drei Daviscuptriumphen innerhalb von fünf Jahren bildete, bat das Abendblatt Teamchef Kohlmann und seine Mannschaft um ihre Erinnerungen an 1993 respektive die Verbindungen, die sie mit der damaligen Generation haben. Zudem liefern die Akteure von heute Antworten auf die Fragen, welchen Stellenwert der Daviscup für sie heute noch hat und was ihnen ein eigener Triumph bedeuten würde.
Alexander Zverev: „Werden alles für den Titel tun“
Den Daviscup zu gewinnen, das ist immer eine besondere Geschichte. Natürlich weiß ich über die Historie und vor allem die erfolgreiche Ära mit den drei Titeln zwischen 1988 und 1993 Bescheid. Die Jungs und ich werden alles dafür tun, dass wir den Titel nach 30 Jahren endlich wieder nach Deutschland holen. Das Potenzial haben wir, davon bin ich überzeugt. Dafür müssen wir allerdings alle gesund bleiben und unser bestes Tennis zeigen, wenn es drauf ankommt.
Aber ohne Frage ist der vierte Titel im Daviscup ein großes Ziel, das Tennis-Deutschland haben sollte. Was ich vom neuen Format halte, habe ich oft genug gesagt. Aber trotzdem bin ich bereit, für die Mannschaft alles zu geben, wenn ich auf dem Platz stehe. Heimspiele im Daviscup sind immer etwas gewesen, das ich sehr schätze, insofern freue ich mich jetzt auf die Woche hier in Trier.
Tim Pütz: „Daviscup ist besonders“
Keine Frage, der Triumph 1993 markiert das Ende der erfolgreichsten deutschen Ära im Herrentennis. Es war eine beeindruckende Zeit mit großartigen Spielern, an deren Leistungen anzuknüpfen sicherlich nicht einfach ist, aber unser Ziel ist das selbstverständlich. In den vergangenen Jahren hat der Trend meines Erachtens auch sehr deutlich nach oben gezeigt, insofern bin ich guter Dinge, dass ein vierter Titel keine Träumerei bleiben muss.
Ich glaube, dass ich nicht nur für mich spreche, wenn ich sage, dass wir für einen Triumph im Daviscup alles geben werden. Mir persönlich fällt es nicht schwer, in den Einsätzen für Deutschland das Beste aus mir herauszuholen. Der Daviscup ist und bleibt besonders. Ich freue mich darauf
Andreas Mies: „Habe mich viel mit der Historie beschäftigt“
Ich war drei Jahre alt, als Deutschland zum bislang letzten Mal den Daviscup gewinnen konnte, von daher habe ich selbstverständlich keine persönlichen Erinnerungen. Ich habe mich aber viel mit der Historie beschäftigt und ziehe als Doppelspezialist insbesondere vor Michael Stich und Patrik Kühnen den Hut, die damals gegen Australiens Weltspitzenduo Todd Woodbridge und Mark Woodforde die so wichtige 2:1-Führung erkämpft haben. Das war ein unglaublicher Sieg!
Ich wollte in meiner Karriere immer einen Grand-Slam-Titel holen. Das ist mir im Doppel mit Kevin Krawietz in Paris sogar zweimal gelungen. Ein weiterer Traum ist nun, dass ich mit der Mannschaft im Daviscup an die Erfolge der größten Ära des deutschen Herrentennis anknüpfen und diesen Wettbewerb gewinnen kann. So etwas erleben zu dürfen, das wäre für mich wirklich etwas ganz Großes.
Daniel Altmaier: „Freue mich auf die Chance, am Daviscup teilzunehmen“
Erinnerungen an die oder Verbindungen zu der Mannschaft, die 1993 den Titel geholt hat, habe ich keine. Aber ich kenne Charly Steeb, der 1988 und 1989 bei den Finalsiegen über Schweden im Team war, persönlich. Er hat mir viel darüber erzählt, dass der Zusammenhalt in der Mannschaft der größte Pluspunkt war. Wenn ich spüre, wie gut wir uns im aktuellen Team verstehen, kann ich das sehr gut nachvollziehen.
Ich möchte jetzt keinen Vergleich zu 1993 anstellen, allein Michael Stich, der damals drei Punkte zum Sieg beigetragen hat, ist mit seinem Wimbledonsieg eine andere Liga. Aber was ich sagen kann: Für mich als jüngsten Spieler der aktuellen Mannschaft ist der Gewinn des Daviscups ein riesengroßes Ziel. Ich empfinde diesen Wettbewerb noch immer als etwas ganz Besonderes und freue mich sehr, dass ich die Chance erhalte, daran teilzunehmen.
Oscar Otte: „Wollen an Triumph von 1993 anknüpfen“
An den Triumph von 1993 habe ich zwar keine persönlichen Erinnerungen, weil ich damals noch nicht geboren war. Aber mein ehemaliger Trainer Marc-Kevin Goellner war als Einzelspieler Teil des deutschen Teams, hat das Schlusseinzel gegen Jason Stoltenberg in drei Sätzen gewonnen und für das Endergebnis von 4:1 gesorgt. Er hat mir einiges darüber erzählt, was für eine besondere Ära das damals für das deutsche Tennis war.
Ganz besonders hat er den Teamgeist hervorgehoben, der die Mannschaft damals zu den Erfolgen getragen hat. Nach meinen Erfahrungen zu urteilen, die ich bislang machen durfte, ist mein Gefühl, dass wir in der aktuellen deutschen Auswahl einen ähnlich guten Zusammenhalt haben, wie er damals herrschte. Insofern hoffe ich sehr, dass es uns gelingt, in diesem Jahr endlich an den Triumph von 1993 anzuknüpfen.
Teamchef Michael Kohlmann: „Gute Chance, die Durststrecke zu beenden“
Ich bin der Einzige im Team, der sich aktiv an 1993 erinnert. Ich habe das Match selbstverständlich im Fernsehen verfolgt und denke gern daran zurück, vor allem an das Doppel von Michael Stich und Patrik Kühnen gegen Australiens Spitzenduo Todd Woodbridge/Mark Woodforde. Aber auch Marc-Kevin Goellner mit seiner umgedrehten Baseballkappe ist mir natürlich noch lebhaft vor Augen. Düsseldorf hat damals leider das Ende einer deutschen Ära erlebt.
Selbstverständlich ist meine Hoffnung groß, dass es meiner Mannschaft gelingt, an diese Erfolge anzuknüpfen. Ich denke, wir haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass wir durchaus das Potenzial haben, uns zum Titel durchzuschlagen. Leider ist uns das bislang verwehrt geblieben, aber wenn wir tatsächlich mal in Bestbesetzung zum Finalturnier reisen könnten, sehe ich gute Chancen, die nun 30 Jahre währende Durststrecke zu beenden. Freuen würde mich das vor allem für die Jungs. Aber natürlich ist es auch mein Ziel als Teamchef, diesen Titel zu holen.