Hamburg. Das Damentennis braucht eine Zukunft in Hamburg. Hat sich der Deutsche Tennis-Bund verzockt?

Sie habe früher nie davon geträumt, den Titel am Rothenbaum zu gewinnen, hatte die Hamburger Tennis-Hoffnung Noma Noha Akugue gesagt, als sie am Freitag das Finale bei ihrem Heimturnier erreicht hatte. Eine Aussage war das, die merkwürdig klang. Aber wer weiß, dass zwischen 2002 und 2021 keine Damen auf der Anlage an der Hallerstraße aufschlugen, der wird verstehen, dass eine heute 19-Jährige vor zehn Jahren andere Träume hatte, als sie sich für die Tenniskarriere entschied.

Umso trauriger ist es, dass die Zukunft des Damentennis in Hamburg schon wieder infrage steht. Nachdem Turnierdirektorin Sandra Reichel und ihr Vater Peter-Michael Reichel 2021 eine Lizenz für ein Damenturnier der 250er-Serie – vierte Kategorie nach Grand Slam, Masters (1000er) und 500er – gekauft und im Jahr darauf dem traditionsreichsten deutschen Turnier mit der Zusammenführung von Damen und Herren ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal verschafft hatten, weiß niemand, wie es nun weitergeht.

DTB will Mastersturnier ausrichten

Zum Hintergrund: Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) als Inhaber der Herren­lizenz will sich für das Jahr 2025 um eine Aufwertung des 500er-Events zu einem Mastersturnier bewerben, das es bis zum Jahr bereits 2008 war. Da diese Kategorie mit einem 64er-Starterfeld gespielt wird, wäre für ein gleichzeitig stattfindendes Damenturnier kein Platz. Weil dem DTB diese Pläne mit den Reichels nicht umsetzbar schienen, vergab er die Ausrichtung des Herrenturniers von 2024 an für fünf Jahre an die spanische Agentur Tennium.

Leider hat die Sache einige Haken. Die Herrentennis-Organisation ATP hat bislang noch nicht entschieden, ob sie überhaupt eine zehnte Masterslizenz ausschreiben will.

Hauptkonkurrent kommt aus Saudi-Arabien

Sollte sie es tun, so heißt es, müsste auf Rasen gespielt werden. Wer um die Probleme weiß, die die komplizierten Verhältnisse am Rothenbaum mit dem DTB, dem Club an der Alster als Eigentümer der Anlage, der Stadt und dem Bezirk als Mitsprechende sowie den streitlustigen Anwohnern mit sich bringen, kann ermessen, wie schwierig eine Umwidmung der Anlage von Sand- auf Rasenplätze werden würde.

Dazu kommt, dass der Hauptkonkurrent um diese zehnte Lizenz Saudi-Arabien zu werden droht. Die finanziellen und strukturellen Möglichkeiten dort sind unbegrenzt.

Hat sich der DTB verzockt?

Insofern drängt sich die Frage auf, ob sich der DTB verzockt hat. Er tauscht ein Produkt, das von den Fans hervorragend angenommen wird – am Freitag und Sonntag war der Center-Court nahezu, am Sonnabend komplett ausverkauft –, und das bei der von den Reichels beabsichtigten Aufwertung der Damen auf 500er-Status als optimale Lösung erscheint, gegen die vage Hoffnung auf ein Mastersturnier. Allerdings, das muss man dem Verband zugutehalten, ist er in der Pflicht, das Bestmögliche anzustreben – und das wäre finanziell ein 1000er-Event.

Was auch mit dem Herrenturnier passiert: Die Stadt und auch der DTB sollten alles dafür tun, um das Damenturnier in Hamburg zu erhalten und die Reichels weiter zu unterstützen.

Stich rettete einst das Herrenturnier

Sie haben das vom DTB lange vernachlässigte und von Reichels Vorgänger Michael Stich zwischen 2009 und 2018 gerettete und konsolidierte Herrenturnier nicht nur weiterentwickelt, sondern mit dem kombinierten Event eine Identität geschaffen, die ihren Platz in Hamburgs Sportgeschichte verdient. Auch wenn es, wie aktuell, zwei Finals mit Hamburger Beteiligung am selben Wochenende wohl nicht mehr geben wird, sollten künftige Generationen weiblicher Tennistalente wieder vom Triumph am Rothenbaum träumen dürfen.