Huddersfield/München. Deutsch geprägtes Huddersfield kehrt nach 45 Jahren sensationell in die erste englische Liga zurück. Beim Trainer war Klopp Trauzeuge.
Als Christopher Schindler um 17.53 Uhr Ortszeit den entscheidenden Elfmeter verwandelte, kannte der Wahnsinn keine Grenzen mehr. Im legendären Wembley-Stadion brachen ebenso wie im 300 Kilometer entfernten Huddersfield alle Dämme – und im Mittelpunkt einer rauschenden Party stand Trainer David Wagner, dem ein Denkmal im 150.000-Einwohner-Städtchen in der Grafschaft Yorkshire gewiss sein dürfte.
Für seine Spieler ist der 45-Jährige nach dem sensationellen Aufstieg der Terriers sogar schon "besser als Klopp". Dies stimmten die Profis angeführt vom Ex-Ingolstädter Elias Kachunga im Freudentaumel in der Kabine immer wieder lautstark an. Jürgen Klopp, Coach beim FC Liverpool, ist der beste Kumpel von Wagner und gleichzeitig dessen Trauzeuge. Nun treffen beide, die sich aus gemeinsamen Dortmunder Zeiten bestens kennen, in der Premier League aufeinander.
Wagner: "Schau'n wir mal, was passiert"
"Das wird echt lustig. Wir verlieren ja beide bei Anpfiff an der Seitenlinie manchmal die Kontrolle. Schau'n wir mal, was passiert", sagte Wagner schmunzelnd, aber auch etwas ungläubig, das schier Unmögliche an diesem historischen Montag für Huddersfield Town geschafft zu haben.
"Ich bin einer der glücklichsten Menschen auf diesem Planeten", sagte Wagner nach dem 4:3 i.E. im Play-off-Finale in Wembley gegen den FC Reading sichtlich gerührt. Er sei "überglücklich und stolz. Wir haben dieses Märchen zu einem unglaublich glücklichen Ende gebracht".
Huddersfield finanziell nur auf Rang 18
Es ist in der Tat ein Fußball-Märchen: Die Terriers lagen in der 2. englischen Liga mit einem Mini-Etat von 16 Millionen Euro finanziell nur auf Rang 18 – doch Wagner formte aus dem krassen Außenseiter mit den fünf deutschen Profis Schindler, Kachunga, Chris Löwe, Collin Quaner und Michael Hefele ein Spitzenteam.
Er habe schon vor den Play-offs zu seinen Spielern gesagt, "dass sie für das, was sie in der Liga erreicht haben, Helden sind", berichtete der Deutschamerikaner. Aber er habe sie "aufgefordert, dass sie zu Legenden werden können. Das haben sie geschafft: Sie sind Legenden". Der Aufstieg sei "einfach verrückt", betonte Hefele, zuvor in Dresden aktiv.
Zuletzt spielte Huddersfield vor 45 Jahren im Oberhaus. Die Rückkehr bringt dem Club nun bis zu 200 (!) Millionen Pfund (237,5 Mio. Euro); vor allem Fernsehgeld und "Fallschirm-Zahlungen" bei Wiederabstieg inklusive. In der Championship waren es keine fünf Millionen vom TV.
"Terriers" erzielten nur einen Treffer in den Play-offs
Diesen Quantensprung ermöglichte insbesondere der ehemalige Münchner Löwe Schindler, mit nur 1,8 Millionen Pfund (2,1) Ablöse teuerster Transfer der Terriers, der nach torlosen 120 Minuten beim Elfmeterschießen als letzter Schütze die Nerven behalten hatte.
Huddersfield erzielte inklusive des Halbfinales gegen Sheffield nur einen Treffer in der regulären Spielzeit, doch das genügte zum Wunder. "Wer braucht schon Tore, wenn er Nerven aus Stahl hat", schrieb die "Yorkshire Post".
Die Spieler hatten Wagner offenbar gut zugehört. Der sagte vor dem Elfmeterschießen lapidar: "Jungs, hört zu: Es ist die einfachste Sache der Welt, den Ball aus elf Metern reinzuschießen."
Wagner bedankt sich beim Vereinsboss
Wagner, früher U-23-Coach in Dortmund und seit 2015 in Huddersfield, scheint die richtige Ansprache gefunden zu haben – und einen Club, bei dem er seine Ideen verwirklichen kann. Er freue sich vor allem für Vereinsboss Dean Hoyle, meinte er: "Er hat immer alle meine Ideen unterstützt, selbst wenn er einige davon bescheuert fand."
Damit Huddersfield auch in der besten Liga der Welt mithalten kann, müsse er in den kommenden Wochen "viel telefonieren", kündigte der von vielen Clubs umworbene Wagner an: "Ich weiß, wie viel Arbeit auf mich zukommt." Wenn der Rausch vorbei ist.