Ahrensburg. Mobilitätswende kommt in Stormarn nicht voran. Was die Zahlen der Zulassungsstelle aussagen – und wie die Energieanbieter reagieren.
Kurz vor Weihnachten hatten die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (vhh.mobility) hohen Besuch. Bundesverkehrsminister Volker Wissing war Mitte Dezember auf den Betriebshof Hamburg-Bergedorf gekommen, um Deutschlands drittgrößtem kommunalem Busunternehmen, das auch viele Linien im Kreis Stormarn betreibt, 95 moderne E-Busse zu übergeben. Damit werden künftig 277 von insgesamt 847 Bussen emissionsfrei unterwegs sein, also rund 33 Prozent der Flotte. War 2024 damit ein gutes Jahr für die viel beschworene Mobilitätswende zwischen Reinfeld und Reinbek?
E-Autos in Stormarn: Zuwachs gibt es nur noch in einem Segment
„Die Umstellung unseres Mobilitätssystems auf klimafreundliche Antriebe ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, sagt Wissing. Gerade im öffentlichen Nahverkehr sei der Umstieg auf alternative Antriebe unbedingt notwendig, schon wegen der enorm hohen Fahrleistung der Busse in den Innenstädten. „Die 95 neuen E-Busse werden nachhaltig und dauerhaft die Emissionen in der Metropolregion Hamburg senken“, so der Minister.
Die neuen Fahrzeuge, 47 Solobusse und 48 Gelenkbusse vom Typ Mercedes eCitaro, sollen zusammen bis zu 7187 Tonnen CO₂ im Jahr einsparen. Diese Menge entspricht dem jährlichen Energieverbrauch von 1300 Durchschnittshaushalten in Deutschland, inklusive Strom und Heizung.
E-Autos: On-Demand-Service HVV hop hat sich positiv entwickelt
Umweltfreundlich ist auch ein anderer Service des Verkehrsunternehmens vhh.mobility unterwegs: Der On-Demand-Service HVV hop wird seit seiner Einführung 2022 ausschließlich mit E-Shuttles betrieben. Wie bereits berichtet, ist das ursprüngliche Einsatzgebiet Trittau-Brunsbek am 16. Dezember auf die Gemeinden Braak und Siek ausgeweitet worden und umfasst statt 60 nunmehr 83 Quadratkilometer.
Laut Angaben des Unternehmens nutzen im Schnitt 3500 Fahrgäste pro Monat das Angebot, Tendenz steigend. Deshalb hatte der Kreis Stormarn entschieden, den Vertrag mit vhh.mobility bis Ende 2026 zu verlängern. Um der Nachfrage gerecht werden zu können, hat das Unternehmen die Flotte der elektrisch angetriebenen und barrierefreien Shuttles um zwei Fahrzeuge auf jetzt sieben aufgerüstet.
Stormarn: Neuzulassungen von E-Fahrzeugen sind klar rückläufig
Doch so erfreulich sich die Mobilitätswende im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs in den vergangenen Monaten entwickelt hat, so sehr tritt dieser klimarelevante Prozess im privaten Bereich auf der Stelle. Das belegen aktuelle Zahlen der Kfz-Zulassungsstelle in Bad Oldesloe.
Sind die Zulassungen von E-Fahrzeugen (Autos und Kräder) in Stormarn von 2020 bis 2023 kontinuierlich gestiegen, so gab es im laufenden Jahr einen deutlichen Rückgang. Zu Beginn dieser Dekade wurden 893 Neuanmeldungen verzeichnet, 2023 waren es dann schon 2262. Bis zum Stichtag 20. Dezember sind es im laufenden Jahr aber nur noch 2094 gewesen.
E-Autos in Stormarn: Abwärtstrend wird durch Zahl der Abmeldungen verstärkt
2020 sind im Kreis 846 E-Autos zugelassen worden, 2023 waren es dann 2150. In diesem Jahr wurden bislang 2051 gezählt. „Verstärkt wird dieser Abwärtstrend durch die Zahl der Außerbetriebsetzungen“, sagt Kerstin Hauschild-Wegener, die Leiterin der Zulassungsstelle. Mit 284 waren es 2024 gleich 128 mehr als im Vorjahr. Nur einmal innerhalb der vergangen fünf Jahre wurden mehr Abmeldungen gezählt, nämlich 2022, als es 419 waren.
Davon unbeeindruckt, hat sich die Ladeinfrastruktur in den Kreisgrenzen unterdessen rasant entwickelt. Hatte die Bundesnetzagentur Ende 2021 für Stormarn noch 172 Ladestandorte ausgewiesen, so sind es aktuell 215. Dabei fällt die Anzahl der Ladesäulen in den einzelnen Kommunen höchst unterschiedlich aus.
E-Mobilität: Entlang der A1 hat die Zahl der Ladesäulen deutlich zugenommen
„Natürlich gibt es in den Städten und entlang der A1 zwischen Reinfeld und Stapelfeld deutlich mehr öffentlich zugängliche Ladesäulen als in den Dörfern“, sagt Kreissprecher Michael Drenckhahn. In den ländlichen Bereichen nehme indes die Zahl der privaten Wallboxen stetig zu, mit denen die Bürger ihre E-Autos laden.
Die meisten Standorte von Ladesäulen weisen laut dem Portal ChargeFinder aktuell die Städte Ahrensburg (28), Reinbek (27) und Glinde (20) auf. Im Innenstadtbereich von Reinfeld ist hingegen nur ein Standort mit zwei Ladesäulen ausgewiesen. Dafür finden sich im Gewerbegebiet an der A1 aber zehn Standorte mit 26 Säulen. Gleich acht der Standorte verfügen über Schnellladesäulen, darunter der Tesla-Supercharger mit zwölf Säulen in der Straße Im Weddern.
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Mit knapp 100 die meisten Säulen gibt es in der Schlossstadt Ahrensburg. In der Gemeinde Trittau sind es nach einer Ausbauoffensive in diesem Jahr inzwischen 23 an zwölf verschiedenen Standorten. Die größte Dichte an Ladesäulen findet sich in Südstormarn mit insgesamt 47 Standorten in den Städten Reinbek und Glinde sowie weiteren 24 in den Gemeinden Oststeinbek und Barsbüttel, wo es ebenfalls einen Tesla-Supercharger mit acht Säulen an der Rahlstedter Straße 1 gibt.
E-Scooter: Haben Anbieter Pläne für den Kreis Stormarn?
Ganz aus dem Kreis Stormarn verschwunden sind hingegen die Anbieter von E-Scootern. Lime hatte von Juni bis September des Vorjahres 100 Roller in Oststeinbek stationiert und ein Engagement in Reinbek erwogen. Davon ist inzwischen keine Rede mehr. „Weitere Aktivitäten sind derzeit weder für Südstormarn noch für Ahrensburg geplant“, teilte Lime-Sprecherin Paula Faul auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Eine Absage gab es auch von Voi. Der schwedische Mikromobilitätsanbieter ist in Hamburg inzwischen flächendeckend vertreten und vermeldete Mitte September mit 15 Millionen E-Scooter-Fahrten seit dem Einstieg in der Hansestadt 2019 einen „beeindruckenden Meilenstein“. Eine Ausweitung nach Stormarn sei vorerst jedoch nicht vorgesehen. „Der östlichste Punkt unseres Hamburger Betriebsgebiets liegt in Bergedorf. Und dabei wird es wohl erst einmal auch bleiben“, so Voi-Sprecher Tim Schäfer.