Reinbek. Martin Habersaat macht sich für den Erhalt des Amtsgerichts Reinbek stark. Wie Lukas Kilian (CDU) Standort Ahrensburg ins Spiel bringt.
In den kommenden Jahren soll ein Großteil der Gerichtsstandorte in Schleswig-Holstein geschlossen werden. Diese Nachricht, die das Justizministerium Ende September veröffentlicht hat, war nicht nur für Reinbek ein Schlag ins Kontor. Betroffen sind die Amtsgerichte sowie die Sozial- und die Arbeitsgerichte. Dies wurde zwar von Seiten des Richter- und des Sozialverbandes sowie von der Opposition stark kritisiert, ansonsten waren die Reaktionen auf die Schließung des Amtsgerichtes Reinbek eher verhalten, wie Bürgermeister Björn Warmer mitteilt.
Jetzt macht sich Martin Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und selbst Reinbeker, für den Standort Reinbek als Amtsgericht stark: In diesem Jahr sei der Mietvertrag für das Amtsgericht bis zum 31. Dezember 2029 verlängert worden. „Die Justizministerin hat, überraschend für viele Beteiligte, eine Gerichtsreform für Schleswig-Holstein angekündigt“, sagt der Sozialdemokrat. Nach seiner Einschätzung könne diese so nicht von langer Hand geplant gewesen sein. Vielleicht sei Kerstin von der Decken schlecht beraten worden?, fragt sich der Landtagsabgeordnete.
SPD-Landespolitiker: „Die Gerichtsreform ist mit heißer Nadel gestrickt“
Demnach sollen alle Arbeits- und Sozialgerichte auf einen Standort konzentriert werden. Von den Amtsgerichten soll nur noch eines pro Kreis erhalten bleiben. „Viel mehr an Überlegung scheint noch nicht hinter diesen Plänen zu stecken“, sagt Martin Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Abgeordneter aus Reinbek. Derzeit gibt es in Schleswig-Holstein noch 22 Amtsgerichte sowie fünf Arbeits- und vier Sozialgerichte. Bis 2027 sollen nach dem Plan vom Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) letztere in einem „Fachgerichtszentrum“ zusammengelegt werden, im Gespräch dafür ist Neumünster. Außerdem soll das Finanzgericht von Kiel nach Schleswig ziehen, wo bereits die Verwaltungsgerichtsbarkeit ihren Sitz hat.
Aus Habersaats Sicht fehlt jedenfalls vieles, was für die Durchführung einer so grundsätzlichen Reform erforderlich wäre. Etwa ein Dialog mit den Betroffenen. Den wolle die Ministerin jetzt bei einer Tournee durch die Gerichte nachholen. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die die behaupteten Einsparungen nachweist. „Es gibt diesen Justizpalast in Neumünster noch nicht“, bemängelt Habersaat. „Und es gibt am Amtsgericht Ahrensburg sicher nicht den Platz, um mal eben die Kolleginnen und Kollegen aus Reinbek aufzunehmen. Man müsste neu bauen, hätte zusätzliche Kosten und eine schlechtere Erreichbarkeit der Justiz.“
„Justizpalast“ Neumünster müsste erst gebaut werden
Neben der direkten S-Bahnanbindung sieht Habersaat einen weiteren Vorteil in Reinbek: „Das Gebäude gehört nicht dem Land, für Sanierungen ist der Vermieter zuständig und nicht die GMSH, die viele Großprojekte im Land zu stemmen hat.“ In den vergangenen Jahren habe es zahlreiche Investitionen in Höhe von knapp 100.000 Euro in das ehemalige Sophienbad gegeben, wie eine Kleine Anfrage der SPD aus dem März ergeben hat. Die Summe ist unter anderem in eine Überwachungs- und in eine Brandmeldeanlage investiert worden.
Darauf hebt auch Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer ab: Denn wenngleich sich um das Amtsgericht Reinbek auch viele Notar- und Anwaltskanzleien angesiedelt hätten, wäre die Schließung des Gerichts in erster Linie kein monetärer Verlust für Reinbek: „Das Amtsgericht ist ein stark frequentierter Ort“, sagt der studierte Jurist. „Gerade für Erbschaftsangelegenheiten ist häufig noch ein persönliches Erscheinen, und sei es durch beauftragte Vertreter, erforderlich. Deshalb ist in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein die gute Erreichbarkeit von zentraler Bedeutung.“ Daher sei die Lage in Reinbek optimal.
Habersaat: Abwicklung des Amtsgerichts Reinbek unvorstellbar
Habersaat kommentiert die Besuche der Justizministerin Kerstin von der Decken bei den Gerichten ironisch als „Versetzungs-Tournee“. Er äußert sich besorgt: „Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger und andere Justizangestellte werden sich nicht einfach so im Land hin- und her-versetzen lassen, zumal mit Hamburg ein attraktiver Arbeitgeber in unmittelbarer Nachbarschaft liegt.“
Noch gibt Habersaat die Hoffnung allerdings nicht auf: „Die Reform ist mit heißer Nadel gestrickt und kann genauso schnell fallen gelassen werden, wie sie präsentiert wurde. Es gab noch nie in der Geschichte den Umstand, dass die größte regierungstragende Fraktion im Wahlkreis Stormarn-Süd mit zwei Juristen vertreten war. Ich kann mir auch deshalb nicht vorstellen, dass das Amtsgericht Reinbek einfach so abgewickelt werden wird.“
Kilian: Standort des Stormarner Amtsgericht noch offen
Die sei auch noch keine beschlossene Sache, sagt Lukas Kilian, Generalsekretär der CDU Schleswig-Holstein. „Bisher steht fest, dass es eine Strukturreform geben soll. Aber es wird gerade erst der Beteiligungsprozess gestartet.“ Der erste Schritt der Reform sei ohnehin die Zusammenlegung der Fallgerichtsbarkeit. In einem zweiten Schritt werde überlegt, ob und wie die Standorte der Amtsgerichte konzentriert werden könnten, pro Kreis solle es nur noch einen Standort geben. „Es könnte genauso sein, dass der Standort Ahrensburg geschlossen wird, oder dass es wie auch immer geartete Kooperationen geben wird“, erklärt der Rechtsanwalt und Notar, der mit seiner Familie in Wentorf lebt.
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Online-Petition gegen Reform hat schon 3600 Unterstützer
Selbst wenn es zurzeit jede Menge heißer Gerüchte und Diskussionen gebe, will Lukas Kilian sich nicht daran beteiligen. Außerdem will er sich weder auf einen möglichen zeitlichen Ablauf festlegen, noch will er seinen favorisierten Gerichtsstandort zu diesem Zeitpunkt öffentlich nennen.
Seit dem 9. Oktober läuft jetzt eine Online-Petition, die die Zusammenlegung aller Arbeits- und Sozialgerichte in Schleswig-Holstein stoppen soll. Diese hat bislang 3600 Unterstützer gefunden – für eine Befassung des Petitionsausschusses wären 2000 erforderlich gewesen. Für den 17. Oktober ab 15 Uhr ist zudem eine Demonstration gegen die Reform vor dem Landeshaus in Kiel angekündigt.