Ammersbek. Ammersbeker zahlen nichts mehr. Aber wo kommt das Geld jetzt her? Unter Stormarns größeren Orten kassieren nur noch wenige Beiträge.

Als einer der letzten größeren Orte im Kreis Stormarn hat nun auch Ammersbek die Straßenausbaubeiträge für Anwohner abgeschafft. Die Entscheidung der Gemeindevertretung fiel mit elf zu zehn Stimmen denkbar knapp aus. Sie kam auch zustande, weil ein Grünen-Fraktionsmitglied bei der Sitzung entschuldigt fehlte. CDU (sechs), FDP (drei) und zwei Vertreter der Wählergemeinschaft UWA votierten für die Abschaffung. SPD (fünf), Grüne (vier) und ein UWA-Politiker waren dagegen.

Für die Haus- und Wohnungseigentümer unter den 10.000 Einwohnern bedeutet dies, dass sie bei einer Sanierung ihrer Straße nichts mehr zuzahlen müssen. Beim 2018 erneuerten Alten Teichweg lag der Beitragssatz beispielsweise bei 7,35 Euro je Quadratmeter Grundstücksgröße – bei 1000 Quadratmetern kamen so 7350 Euro für den Anlieger zusammen. Im Einzelfall können es durchaus mehrere Zehntausend Euro werden.

Straßenausbaubeiträge Ammersbek: Anlieger sparen jetzt Tausende Euro

Während sich die betroffenen Grundstückseigentümer über die finanzielle Entlastung freuen können, klafft nun in der Gemeindekasse ein weiteres Loch. „Die neue Regelung gilt rückwirkend ab Januar 2024“, sagt Bürgermeister Horst Ansén. Dies hat zur Folge, dass die Anwohner für den nahezu fertigen neuen Geh- und Radweg an der Ohlstedter Straße als auch für den Ausbau des Volksdorfer Wegs nichts mehr dazuzahlen müssen. Allein für den rund 420 Meter langen, 2,50 Meter breiten und asphaltierten Geh- und Radweg bis zur Hamburger Landesgrenze hatte Ammersbek damit kalkuliert, dass die Anlieger 223.000 von 600.000 Euro übernehmen. Von den mehr als 800.000 Euro Kosten im Volksdorfer Weg sollten gut 280.000 Euro auf die Anwohner entfallen.

Ammersbek
Die Gemeinde Ammersbek hatte kalkuliert, dass die Anwohner den Geh- und Radweg an der Ohlstedter Straße mit 230.000 Euro mitfinanzieren. © Harald Klix | Harald Klix

„Wir werden nun sicherlich darüber diskutieren müssen, wie diese Lücke zu schließen ist“, sagt der Bürgermeister. Laut Verwaltung verfügt die Gemeinde nicht über so hohe liquide Mittel, um die Straßenbaumaßnahmen der kommenden Jahre vollständig zu bestreiten. „In der Regel wird damit zu rechnen sein, dass bei einem vollständigen Verzicht auf Straßenbaubeiträge künftige Maßnahmen zumindest zum Teil über Kredite finanziert werden müssen“, so die Einschätzung. Die Kämmerei im Rathaus hat bereits ausgerechnet, dass zur Kompensation des Einnahmeausfalls beispielsweise die Grundsteuer B (Baugrundstücke) von derzeit 450 auf etwa 534 Prozentpunkte erhöht werden müsste (entspricht knapp 20 Prozent).

CDU und FDP jubeln über Abstimmung, SPD kritisiert „Zufallsmehrheit“

CDU und FDP hatten schon zur Kommunalwahl im Vorjahr angekündigt, die Anwohnerbeiträge zu streichen. Entsprechend zufrieden fällt jetzt ihr Fazit aus. So sagt der FDP-Ortsvorsitzende Mitchell Glindemann: „Die Finanzierung von Straßenbauprojekten sollte eine gemeinschaftliche Aufgabe sein, die von der Allgemeinheit getragen und durch allgemeine Steuermittel aus dem laufenden Haushalt finanziert wird.“ Hohe Beiträge für einzelne Einwohner seien sozial unverträglich und teilweise sogar existenzgefährdend. Zudem werde die Sanierung von Straßen nun einfacher und die Verwaltung entlastet.

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Grüne und SPD sprachen sich vergeblich für einen Kompromiss aus. Sie wollten den Anwohneranteil weiter reduzieren. Das war bereits 2019 geschehen, als der Satz für Anliegerstraßen von 85 auf 67 Prozent gesenkt wurde. Parallel wurde damals die Grundsteuer von 410 auf 450 Prozentpunkte erhöht. „Für die Gegenfinanzierung liegt kein Modell vor“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Lehmann. Zudem kritisiert er, dass für das Votum eine „Zufallsmehrheit“ genutzt wurde, da ja ein Grünen-Politiker fehlte.

Von den Städten und größeren Gemeinden in Stormarn verlangen jetzt nur noch Barsbüttel (rund 13.200 Einwohner), Trittau (9200 Einwohner) und Reinfeld (9000) Straßenausbaubeiträge. Mit 85 Prozent der Kosten verlangt Reinfeld bei Anliegerstraßen am meisten, gefolgt von Barsbüttel mit 70 Prozent und Trittau mit 60 Prozent. Abgeschafft haben die Beiträge Ahrensburg (34.600 Einwohner), Reinbek (28.600), Bad Oldesloe (25.100), Glinde (18.700), Bargteheide (16.300) und Oststeinbek (9000). Großhansdorf (9500) hatte gar keine entsprechende Satzung. Die Landesregierung hatte die Pflicht zum Kassieren von Ausbaubeiträgen zum Januar 2018 gestrichen.