Glinde. Glinde hat rund acht Millionen Euro Schulden, trotzdem macht sich Verwaltungschef Rainhard Zug für die Abschaffung der Satzung stark.
Vielerorts in Stormarn prüfen Verwaltungen von Städten und Gemeinden die finanziellen Auswirkungen bei einem Verzicht auf Straßenausbaubeiträge. In der Vergangenheit mussten diese erhoben und Grundstückseigentümer damit an Vollsanierungen finanziell beteiligt werden. Das hat die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Kiel geändert, lässt die Kommunen jetzt selbst bestimmen. Viele haben jedoch Schulden und große Projekte vor der Brust. Deswegen zögern Politiker, eine zeitnahe Entscheidung zu treffen. Auch Glindes Kasse ist nicht prall gefüllt. Dennoch plädiert Bürgermeister Rainhard Zug für eine rasche Abschaffung der Satzung. Seiner Ansicht nach kann es sich die Stadt leisten, Straßenprojekte ausschließlich aus dem Haushalt zu finanzieren.
Christdemokraten wollen die Satzung sofort abschaffen
„Wenn die Rahmenbedingungen so wie jetzt bleiben, können wir das auch ohne Grundsteuererhöhung und Zuschüsse vom Land über 2020 hinaus stemmen“, sagt der Verwaltungschef. Vorerst gelte die Einschätzung für drei Jahre. Die Landesregierung hat den Kommunen zwar Unterstützung für einen Systemwechsel bei der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Aussicht gestellt, damit rechnet Zug allerdings frühestens 2021. Glinde drücken derzeit rund acht Millionen Euro Schulden, andererseits hat die Stadt 2017 drei Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern eingenommen als erwartet.
Zuletzt wurde die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld über mehrere Jahre für elf Millionen Euro ausgebaut. Und es wird weiter geklotzt: Derzeit und noch bis 2020 werden die beiden Sporthallen am Schulzentrum für 8,1 Millionen Euro auf Vordermann gebracht inklusive Schaffung eines Jugendzentrums. Auch eine Schadstoffsanierung an Lehranstalten kommt hinzu, die rund 7,5 Millionen Euro kostet und noch nicht terminiert ist. „Wenn wir solch hohe Investitionen über Jahre verteilen, sind auch Straßensanierungen für Glinde machbar“, sagt Rainhard Zug.
Zug möchte Bürgerinformationsveranstaltung organisieren
Am Donnerstag wird der Bürgermeister im Bauausschuss einen Bericht präsentieren, der Vor- und Nachteile von drei Systemen skizziert: jenes mit hohen Einmalbeiträgen wie bisher gehandhabt, dazu wiederkehrende Beiträge und die Variante ohne Beteiligung der Bürger. Zug sagt: „Beim Verzicht auf Beiträge sparen wir Verwaltungskosten und können dieses Geld in die Straßen stecken.“ Außerdem gebe es keine Klagen von Bürgern gegen die Stadt.
Die CDU hat für die Sitzung den Antrag gestellt, die Ausbaubeiträge abzuschaffen. Die SPD möchte dagegen einen Beschluss erwirken, der grundsätzlich die Absicht dokumentiert, allerdings soll die Verwaltung unter anderem bis April eine Liste der angestrebten Straßenprojekte bis 2028 vorlegen und die Kosten schätzen. Zug möchte vor einer Entscheidung noch eine Bürgerinformationsveranstaltung organisieren. Die von der SPD geforderte Liste halte er für nicht umsetzbar, weil im Rathaus nur zwei Mitarbeiter für das Thema zuständig seien und noch andere Aufgaben hätten. „Deswegen können wir auch nur alle zwei bis drei Jahre eine Fahrbahn erneuern“, sagt Zug. 40 der 60 städtischen Straßen seien sanierungsbedürftig, bisher aber nur die Blockhorner Allee kalkuliert.
Diese sollte 2016 für rund 560.000 Euro ausgebaut werden. Anlieger leisteten Widerstand und gründeten eine Bürgerinitiative. Ihr Anteil war mit 75 Prozent beziffert. Einige Grundstückseigentümer wären mit knapp 20.000 Euro betroffen gewesen. Daraufhin sah die Politik von einem Beschluss ab und erwog einen Systemwechsel von einmaligen hin zu regelmäßigen Beiträgen. In diesem Fall zahlen Anlieger keine hohe Summe, wenn ihre Straße saniert wird, sondern alle Grundstückseigentümer im Ort eine jährliche und wesentlich geringere für sämtliche Arbeiten. Das auf viele Schultern verteilte Modell ist jedoch mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden. „Es hätte uns pro Jahr 50.000 bis 70.000 Euro extra gekostet wegen des nötigen Personals und der Installation einer Software“, sagt Rainhard Zug. Ein Entwurf hatte sechs Abrechnungsgebiete für Glinde vorgesehen. Zuletzt wurde die Mühlenstraße grunderneuert. Laut Zug gibt es drei Widersprüche, die vor Gericht enden könnten. „Dafür haben wir externe Rechtsberater. Das kostet auch Geld.“
In Oststeinbek werden Straßenausbaubeiträge abgeschafft
Nachbar Oststeinbek hat sich bereits für die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen ausgesprochen. In Reinbek ist die Satzung bereits 2015 abgelaufen, ohne dass es die Verwaltung registriert hat. Deswegen sollten die Stadtverordneten die Einmalbeiträge noch einmal befristet beschließen. Zu einem Votum kam es nicht. „Weil in diesem Fall Bescheide an Anlieger dreier Straßen gegangen wären“, sagt SPD-Politiker Tomas Unglaube. Es gehe davon aus, dass man sich von Ausbaubeiträgen verabschiede. Derzeit prüft das Rathaus die Folgen eines Wegfalls. In Ahrensburg hatte die Satzung in der vergangenen Woche ihre Gültigkeit verloren und wurde um zwei Jahre verlängert. Die Verwaltung soll nach der Kommunalwahl im Mai Lösungsmöglichkeiten in Bezug auf Beiträge aufzeigen.