Ahrensburg. Im Wulfsdorfer Weg gebe es zu viel Autoverkehr, so die Ahrensburger Verkehrsaufsicht. Nachbarn machen gegen die Pläne mobil.
Seit rund 30 Jahren ist der Wulfsdorfer Weg in Ahrensburg auf dem Abschnitt zwischen Fritz-Reuter-Straße und Hamburger Straße eine Fahrradstraße. Als sie in den 1990er-Jahren eingerichtet wurde, zählte die Schlossstadt zu den Vorreitern. Doch nun sollen die Fahrradstraßen-Schilder zeitnah wieder abmontiert werden. Aus rechtlichen Gründen sei man dazu gezwungen, so die Verkehrsaufsicht im Ahrensburger Rathaus.
Gegen den Schritt hat sich jetzt eine Anwohnerinitiative formiert. Das Bündnis um Philipp Schwanenberg hat einen Appell an den Bau- und Planungsausschuss verfasst, in dem es Politiker und Stadtverwaltung auffordert, „effektive Maßnahmen“ zum Schutz der Radfahrer auf dem Straßenabschnitt umzusetzen. Mehr als 85 Anwohner des Viertels haben das Schreiben bislang bereits unterzeichnet.
Fahrradstraße in Ahrensburg vor dem Aus – Anwohner wehren sich
„Die Situation für Fahrradfahrer hat sich in den vergangenen Jahrzehnten durch verschiedene von der Stadt umgesetzte Maßnahmen systematisch verschlechtert“, sagt Schwanenberg, der seit 1999 am Wulfsdorfer Weg wohnt. „Als wir hier eingezogen sind, standen noch alle 50 Meter Pflanzkübel auf der Fahrbahn, um zu verhindern, dass Autos hier rasen“, so der 54-Jährige. „2004 oder 2005 wurden sie ohne Angabe von Gründen entfernt.“
Außerdem hätten die Autos der Anwohner, die damals noch auf der Straße parken durften, den Verkehr ausgebremst. „2008 wurde dann zunächst auf der einen Seite mit entsprechender Beschilderung die Pflicht eingeführt, auf dem Seitenstreifen zu parken, im März vergangenen Jahres dann auch noch auf der anderen Straßenseite.“ Damit habe das Dilemma erst so richtig begonnen. „Seitdem können Autos ungehindert heizen.“ Nicht nur das: „Weil der Seitenstreifen so schmal ist, parken die Autos regelmäßig auf dem halben Fußweg.“
Abbau von Hindernissen machte die Abkürzung für Autofahrer attraktiv
Schwanenberg vermutet, dass der Grund für die Maßnahmen der Linienbusverkehr ist, der seit 2014 durch den Wulfsdorfer Weg fahre und nicht behindert werden solle. „Vorher fuhren hier nur Schulbusse.“ Alle Maßnahmen zusammen hätten dazu beigetragen, dass die Straße bei Autofahrern als Abkürzung zwischen den Wohnvierteln im Ahrensburger Westen und der Hamburger Straße so attraktiv geworden sei.
Es ärgert den Familienvater deshalb, dass die Verkehrsaufsicht die Fahrradstraße nun mit der Begründung abschaffen will, dass es im Wulfsdorfer Weg zu viel Autoverkehr gebe, um diesen Status zu rechtfertigen. „Entsprechend der nunmehr geltenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung dürfen Fahrradstraßen nur dort angeordnet werden, wo der Radverkehr die überwiegende Verkehrsart ist“, hatte Anette Kruse, Leiterin der Verkehrsaufsicht, erklärt.
Anwohnerinitiative verweist auf Novelle der Straßenverkehrsordnung
Diese gesetzlichen Vorgaben lägen am Wulfsdorfer Weg nicht mehr vor. Die Verwaltung müsse den Fahrradstraßen-Status daher aufheben und habe dabei auch keinen Auslegungsspielraum. Tempo 30 soll allerdings weiterhin gelten.
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Philipp Schwanenberg und seine Mitstreiter sehen das anders. „Im November 2021 gab es eine Novelle der Straßenverkehrsordnung. Nun heißt es explizit, dass eine hohe Fahrradverkehrsdichte nicht voraussetzt, dass Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Es reicht auch, dass durch die Anordnung einer Fahrradstraße eine hohe Radverkehrsdichte zu erwarten ist“, sagt der Jurist.
Das Bündnis ist offen für andere Maßnahmen zum Schutz von Radfahrern
Den Anwohnern gehe es aber im Wesentlichen gar nicht um den Status als Fahrradstraße. „Uns ist wichtig, dass Maßnahmen umgesetzt werden, um die Straße für Radfahrer sicherer zu gestalten – egal, welche“, so Schwanenberg. Aus dem Fenster seines Arbeitsplatzes im Homeoffice beobachte er regelmäßig gefährliche Situationen zwischen Radfahrern und rasenden Autos. „Regelmäßig halten Autofahrer beim Überholen den Mindestabstand nicht ein, Radfahrer werden bedrängt, und wenn sie nebeneinander fahren, wird gehupt“, berichtet er.
Dabei seien auch zahlreiche Kinder und Jugendliche auf dem Wulfsdorfer Weg unterwegs. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt die Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule. Aber auch für viele Schüler des Schulzentrums Am Heimgarten, der Grundschule Am Reesenbüttel und der Stormarnschule sei die Straße Teil des Schulwegs, sagt Schwanenberg.
Anwohner schlagen Blumenkübel und Piktogramme auf der Fahrbahn vor
Konkrete Maßnahmen zum Schutz der Radfahrer hat das Anwohnerbündnis bereits vorgeschlagen. „Die Blumenkübel könnten wieder aufgestellt werden, das Parken auf der Fahrbahn wieder zugelassen werden, um den Verkehr zu entschleunigen“, sagt der Schwanenberg. „Außerdem könnte die Fahrradstraße durch Piktogramme und farbige Markierungen auf der Fahrbahn besser als solche erkennbar gemacht werden.“
Zudem könne die Stadt den Busverkehr durch eine Änderung der Linienführung aus dem Wulfsdorfer Weg herausnehmen. „Vielleicht sind auch eine Einbahnstraßenregelung für Pkw oder eine Freigabe der Fahrradstraße nur für motirisierten Anliegerverehr möglich“, so der 54-Jährige.
Verkehrsaufsicht reagiert skeptisch auf die Ideen der Initiative
Die Verwaltung zeigt sich in einer ersten Einschätzung skeptisch. Die sechs Meter breite Straße, an der viele alte Bäume stehen, sei eine Hauptverbindung zwischen dem Ahrensburger Westen und der Hamburger Straße, so die Chefin der Verkehrsaufsicht, Kruse. Außerdem diene sie der Erschließung von mehreren Wohnstraßen zu beiden Seiten.
Hinzu komme, dass die Busse nicht nur hindurchführen, sondern es auch zwei Haltestellenam Wulfsdorfer Weg gebe. Hindernisse wie Betonkübel machten die Straße besonders für Kinder unübersichtlicher und gefährlicher, gab Kruse zu bedenken. Eine Einbahnstraße löse mangels Ausweichrouten weite Umwege und damit mehr Lärm und Abgase aus.
Dennoch erklärten sich Politiker und Verwaltung während der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses bereit, sich noch einmal mit den Vorschlägen der Anwohner zu befassen. Von Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege gab es zudem die Zusage, zumindest bis zum Abschluss der Prüfung keine Tatsachen zu schaffen und nicht am Fahrradstraßen-Status zu rütteln.