Reinfeld. Die Tierhaltung in der Fasanerie war als nicht artgerecht bewertet worden. Was ist aus den Tieren geworden, was geschieht mit dem Land?
Jahrzehntelang war sie ein beliebtes Ausflugsziel für Einheimische und Gäste. Nun ist die Fasanerie in Reinfeld Geschichte. Wie Bürgermeister Roald Wramp auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, wurde der beliebte Vogelpark am Herrenteich vor Kurzem komplett aufgelöst. „Die Tiere wurden sowohl vom Tierheim in Lübeck als auch zuletzt vom Tierschutz in Bad Segeberg abgenommen. Allein der Tierschutz in Bad Segeberg konnte 59 Wellensittichen ein neues Zuhause geben“, so Wramp. Über diese Entwicklung zeigt sich der Bürgermeister erfreut: „Ich bin sehr froh darüber, dass wir dies in so einer Zeitnähe umsetzen konnten.“
Wie berichtet, hatte der Hauptausschuss der Stadt Reinfeld im Mai mehrheitlich mit einer Gegenstimme beschlossen, die Fasanerie am Herrenteich nach 75 Jahren für immer zu schließen. Der Entschluss besiegelte das endgültige Aus, nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder über die Zukunft des Vogelparks diskutiert worden war. Grund für die Entscheidung war, dass die Ausstattung der Fasanerie nach Einschätzung eines Experten nicht dem Tierwohl entsprach.
Fasanerie Reinfeld geschlossen: Wie geht es nun weiter?
Noch in der Sitzung des Hauptausschusses Ende Februar hatten die Mitglieder eigentlich beschlossen, einem Weiterbetrieb der Fasanerie zuzustimmen, „wenn die Haltung der Tiere tierwohlgerecht ist und die Sicherstellung der tierwohlgerechten Haltung nicht zulasten des städtischen Haushaltes geht“. Um Letzteres sicherzustellen, war öffentlich nach Sponsoren gesucht worden.
Doch Anfang März hatte ein Gespräch zwischen Kai Frölich, Direktor des Tierparks Arche Warder bei Kiel, und der Reinfelder Stadtverwaltung stattgefunden. Das Urteil des Experten für Haus- und Wildtierkunde war eindeutig. Seiner Einschätzung zufolge entsprach die Haltung der Tiere in der Anlage nicht den Standards. Es fehlte an „Behavioral Enrichment“, also naturnahen Lebensbedingungen für die Tiere.
Experte hatte geurteilt, dass der Vogelpark nicht artgerecht ist
Das wären zum Beispiel Pflanzen, Versteckmöglichkeiten oder Sitzstangen in unterschiedlicher Dicke. Der Schutz vor Füchsen und Ratten sei nicht ausreichend und auch der Bodenaufbau ungeeignet gewesen. Zudem sei es wegen der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich gewesen, die Tiere im Falle einer Bedrohung durch die Vogelgrippe in einem geschlossenen Stall unterzubringen.
Frölich hatte der Stadt Reinfeld als Betreiberin dringend empfohlen, die Fasanerie nicht provisorisch weiterzuführen. Die Chancen, einen Sponsor für den Weiterbetrieb der Fasanerie zu gewinnen, hatte er als sehr gering eingeschätzt. Es wären zahlreiche Kosten zu leisten gewesen, auch laufende für Tierarzt oder Futter. Auch die fachgerechte Betreuung der Tiere wäre kontinuierlich zu gewährleisten gewesen. Bislang zuletzt waren keine Sponsoren an die Stadt herangetreten.
Schließung der Fasanerie bedeutet das Aus für einen Vogelpark mit Seltenheitscharakter
Der Weiterbetrieb der Fasanerie hätte aus Sicht Frölichs nur Sinn gemacht, wenn ein pädagogisches Konzept dahintergestanden hätte. Das Zurschaustellen von Tieren allein sei kein Konzept und nicht mehr zeitgemäß. Die serielle Käfighaltung hatte dem Stand der 1960er-Jahre entsprochen. Daher hatte der Experte die klare Empfehlung abgegeben, den Betrieb der Fasanerie einzustellen und die Tiere nach und nach abzugeben. Was nun geschehen ist.
Die Schließung der Fasanerie am Herrenteich bedeutet das Aus für einen Vogelpark mit Seltenheitscharakter. 1949 vom Deutschen Jagdverband eingerichtet, gehörte die Fasanerie zuletzt der Stadt Reinfeld und war eine von dreien in ganz Schleswig-Holstein. Nur auf Gut Basthorst im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg und in Schleswig sind weitere Fasanengehege zu finden. Die Fasanerie in Reinfeld umfasste neun Volieren, in denen ein Pfau, acht Fasane, rund 80 Sittiche und einige weitere Vögel lebten.
Ursprünglich war die Fasanerie nicht aus Ausflugsziel geplant gewesen
Ursprünglich war die Fasanerie gar nicht als Ausflugsziel gedacht gewesen. Der Zweite Weltkrieg hatte den Fasanenbestand wegen der Nahrungsmittelknappheit und der vermehrten Jagd auf die Tiere an den Rand des Aussterbens gebracht. Der Deutsche Jagdverband richtete daraufhin in mehreren westdeutschen Gebieten Fasanerien mit dem Ziel ein, die stark dezimierten Wildbestände wieder zu stärken – so auch in Reinfeld.
Eigentlich für den Artenschutz etabliert, wurde die Fasanerie in den Folgejahren aber auch zum Anziehungspunkt für Ornithologen. Als im Juni 1949 Hermann Schuldt Bürgermeister wurde, suchte er nach Wegen, um den Tourismus anzukurbeln und die finanzielle Lage der Stadt zu verbessern. Dabei begab er sich auch auf unkonventionelle Wege. Im Oktober desselben Jahres wurde unter seiner Leitung das erste Karpfenfest ausgerichtet. Schuldt wollte, dass seine Stadt zum Feinschmeckerzentrum der Region avanciert.
Fasanerie am Herrenteich wurde vom Fleischlieferanten zum Tiergarten
Neben der Karpfen- und Weinbergschneckenzucht setzte der Bürgermeister dabei auch auf die Fasanerie. In diesem Zuge erweiterte er ihre Aufgaben. Es ging nicht länger nur um Artenschutz, sondern sie belieferte fortan auch lokale Gaststätten mit Wild. Wie wichtig die Fasanerie für ihre Stadt war, zeigt der erste Werbeslogan, den die Stadt Reinfeld ab 1954 erstmals hatte: „Reinfeld, die Stadt der Karpfen, Fasane und Weinbergschnecken“.
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1958 beendete der Jagdverband die Züchtung von Fasanen in Reinfeld, weil sich der Bestand erholt hatte. Er übergab das Gelände an die Stadt, die die Volieren übernahm. Anstatt die Fasanerie zurückzubauen, entschieden die Stadtverordneten, das Gelände weiterzubetreiben. Nach und nach wurden auch andere Vogelarten in der Fasanerie untergebracht, sie wurde vom Fleischlieferanten zum Tiergarten.
Wie es mit der Fläche am Herrenteich weitergeht, steht laut Bürgermeister Roald Wramp noch nicht fest. „Über die zukünftige Nutzung der Fläche wurde noch nicht beraten und noch nicht entschieden.“ Die baulichen Nutzungsmöglichkeiten seien aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Wald auch eingeschränkt. Wramp: „Im nächsten Schritt wird seitens meines Hauses nunmehr der Abriss der Fasanerie geprüft und die Frage der zukünftigen Nutzung den Ausschüssen nach den Ferien zur Beratung vorgelegt werden.“