Reinfeld. Der Tiergarten mit den exotischen Vögeln ist einer von nur dreien in Schleswig-Holstein. Doch er ist in die Jahre gekommen.
Sie haben exotische Namen, erstrahlen in allen Farben des Regenbogens und erfüllen die Landschaft rund um den Herrenteich in Reinfeld mit hellem Vogelgezwitscher: Wer einen Ausflug zur Fasanerie der Karpfenstadt macht, der trifft wahrlich auf ein Kleinod. In neun Volieren sind hier exotische Fasanarten wie der Diamant-, der Silber- oder der Tenebrosusfasan, aber auch andere Vogelarten wie das Seidenhuhn, die europäische Wachtel oder der Nymphensittich zu Hause.
Fasanerie: Politik diskutierte über die Zukunft
1949 vom Deutschen Jagdverband eingerichtet, gehört die Fasanerie mittlerweile der Stadt Reinfeld und ist eine von nur dreien in ganz Schleswig-Holstein. Nur auf Gut Basthorst im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg und in Schleswig sind weitere Fasanengehege zu finden. Doch: Wie es mit dem Ausflugsziel mit Seltenheitscharakter weitergeht, ist noch nicht ganz gewiss. Im jüngsten Hauptausschuss haben Politik und Verwaltung über Entwicklungsmöglichkeiten der Fasanerie beraten.
„Hintergrund der Diskussion war, dass sich die persönliche Situation der ehrenamtlichen Betreuer verändert und dadurch der Arbeitsaufwand für die Stadt sich zeitweilig erhöht hat“, sagt Inga Burmeister, Fachbereichsleiterin Bürgerservice bei der Stadt Reinfeld. Das habe sich mittlerweile aber wieder entspannt. Nach wie vor kümmern sich die Eheleute Maria José und Rolf Bartels ehrenamtlich um die Fasanerie. Seit Jahrzehnten füttern sie die Vögel, säubern und reparieren die Gehege.
Volieren müssten renoviert werden
Das war aber nicht der einzige Grund, weshalb die Verwaltung die Politik um eine Grundsatzentscheidung zur Fasanerie gebeten hat. „Die Volieren sind in die Jahre gekommen und langsam renovierungsbedürftig“, so Burmeister. Aus diesem Grund schlug die Verwaltung der Politik drei Möglichkeiten vor: Die Beibehaltung des Status quo, eine schrittweise Renovierung oder die komplette Abschaffung der Fasanerie.
Zumindest Letzteres scheint nach der Ausschusssitzung aber so gut wie vom Tisch zu sein. Burmeister: „In der Vorlage hat die Verwaltung geschrieben, dass wegen der ungebrochenen Popularität innerhalb und außerhalb der Stadt von dieser Möglichkeit eher abzuraten ist.“ Dennoch habe man ein Stimmungsbild von der Politik einholen wollen. Und: „Die sieht das genauso“, so Burmeister.
Fasanerie diente nach dem Zweiten Weltkrieg dem Artenschutz
Gute Nachrichten also für Vogelliebhaber, die auch künftig einen Abstecher zu den exotischen Vögeln am Herrenteich machen wollen. Ursprünglich war die Fasanerie gar nicht als Ausflugsziel gedacht. Der Zweite Weltkrieg hatte den Fasanenbestand wegen der Nahrungsmittelknappheit und der vermehrten Jagd auf die Tiere an den Rand des Aussterbens gebracht. Der Deutsche Jagdverband richtete daraufhin in mehreren westdeutschen Gebieten Fasanerien mit dem Ziel ein, die stark dezimierten Wildbestände wieder zu stärken – so auch in Reinfeld.
Ursprünglich für den Artenschutz etabliert, wurde die Fasanerie in den Folgejahren aber auch zum Anziehungspunkt für Ornithologen. Als im Juni 1949 Hermann Schuldt Bürgermeister wurde, suchte er nach Wegen, um den Tourismus anzukurbeln und die finanzielle Lage der Stadt zu verbessern. Dabei begab er sich auch auf unkonventionelle Wege. Im Oktober desselben Jahres wurde unter seiner Leitung das erste Karpfenfest ausgerichtet. Schuldt wollte, dass seine Stadt zum Feinschmeckerzentrum der Region avanciert.
Fasanerie war 1954 Teil des ersten Werbeslogans für die Stadt
Neben der Karpfen- und Weinbergschneckenzucht setzte der Bürgermeister dabei auch auf die Fasanerie. In diesem Zuge erweiterte er ihre Aufgaben. Es ging nicht länger nur um Artenschutz, sondern sie belieferte fortan auch lokale Gaststätten mit Wild. Wie wichtig die Fasanerie für ihre Stadt war, zeigt der erste Werbeslogan, den die Stadt Reinfeld ab 1954 erstmals hatte: „Reinfeld, die Stadt der Karpfen, Fasane und Weinbergschnecken“.
1958 beendete der Jagdverband die Züchtung von Fasanen in Reinfeld, weil sich der Bestand erholt hatte. Er übergab das Gelände an die Stadt, die die Volieren übernahm. Anstatt die Fasanerie zurückzubauen, entschieden die Stadtverordneten, das Gelände weiter zu betreiben.
„Dass eine Stadt eine Fasanerie betriebt, kommt gar nicht so häufig vor, das hat schon Seltenheitscharakter“, sagt Inga Burmeister. Auch andere Vogelarten wurden nach und nach in der Fasanerie untergebracht. Die Stadt und ehrenamtliche Helfer aus dem Umfeld des Bürgervereins kümmerten sich um die Tiere. Heute ist die Fasanerie kein Fleischlieferant mehr, sondern ein kleiner Tiergarten.
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Weil er kostenlos und frei zugänglich ist, werden keine Besucherzahlen erfasst. Aber: „Er ist sowohl für Touristen als auch für Einheimische ein beliebtes Ausflugsziel“, so Burmeister. Wie gut die Fasanerie ankommt, sei unter anderem an aussagekräftigen positiven Bewertungen im Internet zu erkennen.
Im Hauptausschuss hat die Politik die Verwaltung beauftragt, sich Gedanken über eine Konzeption und auch mögliche Kooperationspartner für die Zukunft zu machen. „Der Landesjagdverband oder das Tierheim in Bad Oldesloe wären denkbar“, so Burmeister. Außerdem soll über eine Renovierung nachgedacht werden, bei der die Volieren modernisiert und vergrößert werden. Eventuell könnte man die Wiedereröffnung dann sogar mit einem weiteren Anlass zum Feiern verbinden. Denn, so Burmeister: „Im nächsten Jahr wird die Fasanerie 75 Jahre alt.“