Glinde. 100-Meter-Abschnitt in Glinde ist auch für Fußgänger. Umbau kostet 50.000 Euro, das Land zahlt. Warum die CDU auf das Geld pfeift.
Die Radfernroute 1 führt von Hamburg-Bergedorf bis nach Trittau. Sie verläuft auch durch Glinde. Nahe der Brücke über die Autobahn 24 wurde im vergangenen Jahr die neue Querung über die Straße Hinter den Tannen fertiggestellt sowie ein Stück des kombinierten Rad- und Fußwegs ertüchtigt. Der 50-Meter-Abschnitt hat rund 20.000 Euro gekostet. Jetzt geht es weiter in Richtung Süden und damit zur Sportanlage des TSV Glinde, diesmal auf 100 Metern. Die Kommune muss dabei nicht einmal in die eigene Kasse greifen. Sie bekommt den Ausbau gesponsert. Eine tolle Sache. Die CDU pfeift jedoch auf das Geld, lehnt die Sanierung ab.
Finanziert wird das Projekt vom Land Schleswig-Holstein. Maßgeblich ist der Paragraf 33a des Finanzausgleichsgesetzes, in diesem Jahr eingeführt über das Haushaltsbegleitgesetz. Demnach erhalten Kreise und Kommunen 2024 insgesamt 20 Millionen Euro zur Förderung des Radverkehrs – erstere zwölf, Städte und Gemeinden acht. Die Mittel stammen aus den Corona-Notkrediten. Der Verteilungsschlüssel berechnet sich nach Länge der vorhandenen Kreisstraßen und Einwohnerzahl. Glinde stehen exakt 50.562,67 Euro zu. Diese Summe ist zweckgebunden, wird vom Verkehrsministerium ausgezahlt. Das Geld ist also futsch, wenn es nicht für den Radverkehr genutzt wird.
Stadt sucht Tiefbauingenieur mit Schwerpunkt Radverkehr
Wieso wollen die Christdemokraten diese Hilfe nicht annehmen? „Für uns ist der Zustand des Radwegs gut, außerdem bindet die Maßnahne Personal in der Verwaltung“, sagte Fraktionschefin Claudia Sahlmann auf der jüngsten Sitzung der Stadtvertretung. Vor allem das zweite Argument zählt für die CDU. Dazu muss man wissen: Derzeit hat das Tiefbauamt, zuständig für Straßen- und Radwegeinstandhaltung, keinen Ingenieur. Techniker Heiko Wisser ist allein, ein Kollege in Rente gegangen. Die Stelle ist ausgeschrieben. Eine weitere mit der Qualifikation Tiefbauingenieur wird laut Bürgermeister Rainhard Zug in Kürze öffentlich gemacht. Die Kraft soll sich schwerpunktmäßig um den Radverkehr kümmern. Es ist eine neue Position. Beschlossen hatte das die Politik.
Momentan bleibt einiges liegen in der Tiefbauabteilung wegen der knappen Ressourcen. „Die Kapazitäten sollten für die notwendigen Arbeiten verwendet werden“, so Sahlmann. Im Gremium machte sie folgende Rechnung auf, um die anderen Parteien auf ihre Seite zu ziehen: Demnach produziert das Radwegeprojekt so viel CO2, dass man viermal in die USA fliegen kann. Damit blitzte sie nicht nur bei Peter Michael Geierhaas, dem umweltpolitischen Sprecher der SPD, ab. Für ihn ist diese Darstellung kleinkariert. Er zog einen Vergleich zur Wellness-Oase, die seit zwei Jahren in Glinde existiert und wo das integrierte Hotel gerade vergrößert wird. Geierhaas richtete den Blick dabei auf die Zahl der Autos, die pro Jahr die Freizeitstätte ansteuern. 2023 zählte das Vabali Spa 300.000 Gäste. Die SPD wollte den Bau verhindern.
SPD, FDP und Grüne stimmen für Ausbau von 100-Meter-Abschnitt
In Sachen Radwanderweg besteht Einigkeit zwischen Sozialdemokraten, FDP und Grünen. Mit der Stimmenmehrheit des Trios im Parlament wurde beschlossen, dass die Route ausgebaut wird. Die Kosten dafür sind identisch mit der zweckgebundenen Zuweisung des Landes. Das Projekt muss in 2024 umgesetzt und abgerechnet sein. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere Abschnitte auf Glinder Stadtgebiet angefasst werden. Merkmale der sanierten Strecke sind eine Betonkanteneinfassung, die Naturschottertragschicht sowie rote Pflasterung.
Laut Tiefbautechniker Wisser ist die Erneuerung des 100-Meter-Bereichs schon durchgeplant, sein Aufwand hält sich demnach in Grenzen. Er sagt: „Ich muss kein Leistungsverzeichnis erstellen und ausschreiben. Wir haben einen Rahmenvertrag mit einer Firma für alle Straßenerhaltungsmaßnahmen.“ Dieser gelte für zwei Jahre.
Radverkehrskonzept der Stadt Glinde umfasst 126 Seiten
Die Querung über die Straße Hinter den Tannen sowie die Umgestaltung der weiterführenden Strecke sind Bestandteile des Radverkehrskonzepts, das von Oktober 2019 bis Juni 2020 in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro „Gertz Gutsche Rümenapp – Stadtentwicklung und Mobilität“ erstellt und dann von der Politik beschlossen wurde. Es ist unter der Mitwirkung vieler Akteure entstanden, unter anderem brachte sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ein. Auch die örtliche Polizei war involviert. Bei der Online-Beteiligung wurden 245 Ideen präsentiert. Das Thema bewegt die Bürger. Am häufigsten nannten sie Mängel bei der Oberflächenqualität der Radwege, wünschen sich Umlaufsperren an bestimmten Stellen und prangern allgemein die Unsicherheit bei Radfahrenden an. Das Dokument umfasst 126 Seiten.
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Allein elf Projekte im Konzept sind bei der Priorität mit sehr hoch gekennzeichnet, zwölf mit hoch. Bislang wurde wenig umgesetzt. Das Abarbeiten aller Punkte wird mehrere Millionen Euro verschlingen. Mal soeben das Geld aus dem Ärmel schütteln kann die Kommune nicht. Sie investiert kräftig in Bildungseinrichtungen. Wie berichtet, wird momentan die Grundschule Tannenweg erweitert. Man befindet sich auf der Zielgeraden. Nach den Sommerferien sollen Jungen und Mädchen im neuen 1930-Quadratmeter-Komplex mit Mensa unterrichtet werden. Kosten: rund elf Millionen Euro. Drei weitere Millionen sind für die Umgestaltung des angrenzenden Sportplatzes veranschlagt.
Doch damit nicht genug: 2027 soll die Brand- und Schadstoffsanierung im Schulzentrum am Oher Weg beginnen, der Heimat des Gymnasiums und einer Gemeinschaftsschule. Vor Kurzem wurden auch noch 4500 Quadratmeter zusätzlicher Raumbedarf ermittelt. Das macht die Sache teurer. Zuvor hatte das Rathaus grob geschätzt und die Spanne 30 bis 40 Millionen Euro genannt.