Lübeck/Ahrensburg. Im Prozess gegen den Ahrensburger Autohaus-Chef hat eine Frau ausgesagt, die einst für ihn bürgte. Warum sie die Zeit vergessen möchte.
Es waren deutliche Worte, die Elena S. (alle Namen geändert) am Dienstag vor dem Amtsgericht Lübeck in Richtung des Angeklagten verlor. „Ich will diese Zeit vergessen, ich will diesen Mann nicht mehr sehen“, sagte die 46 Jahre alte Großhansdorferin, die im Prozess gegen den ehemaligen Chef eines Ahrensburger Autohauses Fatic B. als Zeugin aussagte.
Wie berichtet, legt die Staatsanwaltschaft B. diverse Taten zur Last, die er zwischen November 2014 und Oktober 2020 im Zusammenhang mit der Führung des Autohauses in Ahrensburg begangen haben soll, darunter Steuerhinterziehung, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung und Unterschlagung.
Liebe vorgetäuscht? Ex-Freundin: „Er hat mich ausgenutzt“
Die Anklageschrift umfasst insgesamt 43 Punkte. Derzeit sitzt der Ahrensburger in Untersuchungshaft. Zu den Vorwürfen schweigt er. Unter anderem soll der 42-Jährige in mehreren Fällen mit Fahrzeugen gehandelt haben, die andere zuvor gestohlen hatten, und darüber hinaus zur Finanzierung mehrerer Autos Kredite aufgenommen haben, ohne die gewährten Darlehen anschließend zu begleichen.
Dazu nutzte er laut Staatsanwaltschaft gefälschte Identitäten und Papiere. Teilweise überredete er auch Bekannte, die Finanzierungsverträge auf ihren Namen abzuschließen. Die Autos, alles hochwertige Modelle der Hersteller BMW, Mercedes und Audi, habe der Angeklagte auf sich zugelassen und selbst genutzt. Außerdem soll der Ahrensburger über Jahre hinweg Geschäftsunterlagen und Bilanzen manipuliert haben. Laut Anklage entstand ein finanzieller Gesamtschaden von mindestens 353.000 Euro.
Elena S. ist die Ex-Freundin des Angeklagten und soll für ihn gebürgt haben
Verschiedene Personen sollen als Strohmänner und -frauen auf dem Papier als Geschäftsführer die Geschicke des Autohauses gelenkt haben, darunter B.s im Kosovo lebender Bruder, während die Verantwortung in Wahrheit die gesamte Zeit über bei dem 42-Jährigen lag, der alleiniger Gesellschafter war.
Elena S. ist die Ex-Freundin des Angeklagten. „Ich habe ihn 2016 oder 2017 nach der Trennung von meinem Ex-Mann kennengelernt, als ich als Kundin mit meinem Auto in seiner Werkstatt war“, sagt sie. Ihr Auto sei kaputt gewesen, ein Mechaniker habe ihr Fatic B. als Chef vorgestellt. Ein gutes halbes Jahr sollen die beiden eine Beziehung gehabt haben. „Wir wollten uns zusammen eine Wohnung nehmen“, so Elena S.
Dass sie damals die Bürgschaft übernahm, hat bis heute Folgen für die Ex-Freundin
Doch dazu kam es nicht. Fatic B. habe seine damalige Freundin gebeten, eine Bürgschaft zu übernehmen. Offenbar ging es dabei um den Kauf eines Mercedes. „Er hat zu mir gesagt, dass er schon mehrere Autos habe und nicht mehr möglich sind“, so die Ex-Freundin. „Er hat darum gebettelt, dass ich ihm helfe“, sagt sie. Also unterschrieb sie die Papiere. Danach sei er untergetaucht, habe sich vor ihr versteckt. „Als er bekommen hatte, was er wollte, brauchte er mich nicht mehr.“
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Monate später habe Elena S. Post bekommen: Sie sollte eine Rate für den Mercedes bezahlen. Sie sei zu ihrem Ex-Freund gefahren, habe ihn zur Rede gestellt. „Er hat gesagt: ‚Du hast das doch unterschrieben‘ und mich rausgeschmissen“, so die Zeugin. Es kamen immer mehr Mahnungen und Zahlungsaufforderungen, die Elena S. nicht bezahlen konnte. Sie suchte sich eine Anwältin, mit deren Hilfe sie erwirkte, dass sie in Raten rund 3000 Euro bezahlen muss, damit ihre Schuld beglichen ist. Diesen Betrag zahlt die arbeitsuchende Mutter zweier minderjähriger Kinder nach eigener Aussage immer noch ab. Der Prozess wird am Dienstag, 23. Juli, fortgesetzt.