Großhansdorf. Großhansdorf geht mit Videoüberwachung gegen illegale Abfallablagerungen vor. Doch zuletzt gab es Bedenken von Datenschützern.

Sie ist umstritten, aber aus Sicht der Großhansdorfer Verwaltung effektiv: die Videoüberwachung an den Abfallcontainern am Waldreiterweg. Aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken stand zuletzt ein großes Fragezeichen hinter der Fortführung des Projektes.

Nun haben die Waldgemeinde und das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum (ULD) eine Lösung gefunden, wie die Videoüberwachung rechtskonform fortgeführt werden kann. Dafür schafft Großhansdorf ein neues Kamerasystem an. Einen entsprechenden Beschluss hat die Gemeindevertretung jetzt mit großer Mehrheit gefällt. Lediglich die FDP votierte dagegen, die bereits in der Vergangenheit einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Datenschutz moniert hatte.

Videoüberwachung an Müllcontainern: Großhansdorf einigt sich mit Datenschützern

„Die Videoüberwachung hat dazu geführt, dass die Vermüllung an dem Standort deutlich zurückgegangen ist“, sagt Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß. Seit der Installation der zwei Kameras sei es zu keinen größeren Abfallablagerungen neben den Containern mehr gekommen. „Wir möchten die Maßnahme deshalb gern fortführen.“

In der Vergangenheit hatten Unbekannte immer wieder illegal Sperrmüll am Waldreiterweg abgeladen. Dabei wurden die Müllsünder laut Voß immer dreister. Der Bauhof sei regelmäßig damit beschäftigt gewesen, Möbelstücke, Autoreifen und sogar Kühlschränke abzutransportieren.

Illegal abgeladener Abfall verursachte 2023 400.000 Euro Entsorgungskosten

Illegale Abfallentsorgung ist kein Großhansdorfer Problem. Auch andere Städte und Gemeinden haben regelmäßig mit Müllsündern zu kämpfen. Laut Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) verursachte die Beseitigung illegal abgeladenen Abfalls im Jahr 2023 Kosten in Höhe von rund 400.000 Euro. Letztlich müssten für die Vergehen Einzelner die Gebührenzahler aufkommen, sagte Prokurist Olaf Stötefalke.

Kommunen und Abfallwirtschaft erwiesen sich im Kampf gegen den illegalen Müll als weitgehend machtlos. Großformatige Hinweisbanner und Kampagnen in den Medien konnten die Müllsünder ebenso wenig abschrecken wie die Geldbußen, die denjenigen drohen, die auffliegen. Auch der wiederholte Hinweis, dass ein Großteil des illegal abgeladenen Abfalls kostenfrei auf den Recyclinghöfen der AWSH abgegeben werden kann, wirkte nicht.

Das Interesse an dem Pilotprojekt war auch in anderen Kommunen groß

Im Mai 2022 startete die Gemeinde Großhansdorf deshalb gemeinsam mit der Abfallwirtschaft den Pilotversuch am Waldreiterweg. Zuvor hatte sich die Verwaltung unter Bürgermeister Voß von Datenschutzexperten beraten lassen. Die zwei Kameras am Waldreiterweg werden per Solarzelle mit Energie versorgt und per Bewegungsmelder aktiviert. Eine Hinweistafel klärt über die Videoüberwachung und die Rechte der Betroffenen auf. 3600 Euro hat die Installation des Systems gekostet.

Nach Angaben aus dem Großhansdorfer Rathaus zeigte die Maßnahme schnell Wirkung. Zahlreiche Kommunen in der Region verfolgten das Pilotprojekt mit großem Interesse. Voß berichtete von vielen Anrufen aus anderen Rathäusern, die ihn in den Monaten nach dem Start erreicht hätten und von sehr positiven Rückmeldungen der Bürger.

Bürger legte beim Landesdatenschutzzentrum Beschwerde gegen die Kameras ein

Einige Gemeinden, darunter Barsbüttel, Delingsdorf, Hoisdorf und Oststeinbek, diskutierten ihrerseits über die Installation von Kameras an ihren Containerstandorten. In Großhansdorf wurde der Pilotversuch, der zunächst ein Jahr laufen sollte, auf unbefristete Zeit verlängert.

Derzeit werden die beiden Kameras von einer Solarzelle mit Energie versorgt. Die Anlage soll zeitnah durch ein neues System ausgetauscht werden.
Derzeit werden die beiden Kameras von einer Solarzelle mit Energie versorgt. Die Anlage soll zeitnah durch ein neues System ausgetauscht werden. © HA | Filip Schwen

Doch dann drohte dem Projekt das Aus: Beim schleswig-holsteinischen Datenschutzzentrum war Anfang 2023 eine Beschwerde eines Bürgers eingegangen. Die Kieler Behörde leitete ein Prüfverfahren ein.

Großhansdorf schaltete einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht ein

„Das Landesdatenschutzzentrum hat uns mitgeteilt, dass die Videoüberwachung voraussichtlich nicht mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar sei“, informierte Bürgermeister Voß im Februar die Lokalpolitik. Schleswig-Holsteins Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen sagte unserer Redaktion damals, sie sehe unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen „keine geeignete Rechtsgrundlage, auf die sich die Videoüberwachung stützen könnte“.

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Großhansdorfs Verwaltung blieb aber bei der Auffassung, dass die Videoüberwachung rechtens sei und kündigte an, daran festzuhalten. Die Waldgemeinde schaltete einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht ein, um sich beraten und gegenüber dem ULD vertreten zu lassen. 

Die Auslöseraster muss vereingt und die Speicherfrist verkürzt werden

Nach Anhörung der Großhansdorfer Position hält das Datenschutzzentrum einen Weiterbetrieb der Kameras nun doch für möglich – allerdings unter Auflagen. Zum einen muss das Auslöseraster deutlich verengt werden, so dass Passanten möglichst nicht von den Kameras erfasst werden. Zum anderen dürfen die Aufnahmen nur maximal 72 Stunden gespeichert werden statt der derzeitigen sieben Tage.

Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß (v. l.), Annett Olischer (Umweltamt), AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke und Nicole Jürs, bei der Abfallwirtschaft für die Containerdepots zuständig, stellen im Juni 2022 den Pilotversuch am Waldreiterweg vor.
Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß (v. l.), Annett Olischer (Umweltamt), AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke und Nicole Jürs, bei der Abfallwirtschaft für die Containerdepots zuständig, stellen im Juni 2022 den Pilotversuch am Waldreiterweg vor. © HA | Filip Schwen

Außerdem dürfen die Kameras weiterhin nur zwei Standbilder erfassen, wie es derzeit der Fall ist. Dadurch sei die Eingriffsintensität geringer als bei herkömmlichen Systemen, bei denen vollständige Videodateien produziert und aufbewahrt würden. Weiterhin müssen die Aufnahmen gegen unberechtigte Zugriffe geschützt werden. „Eine Fortführung der Überwachung unter diesen Voraussetzungen wäre datenschutzrechtlich akzeptabel“, sagt Hansen.

Die Gemeinde schafft ein neues Kamerasystem für 16.000 Euro an

Umgesetzt werden sollen die Auflagen durch ein neues Kamerasystem, für dessen Anschaffung die Gemeindevertreter jetzt 16.000 Euro bereitgestellt haben. Laut Voß muss die Technik ohnehin erneuert werden, weil mit der derzeitigen Anlage zuletzt Probleme aufgetreten waren.

Unter anderem habe die Lübecker Dienstleistungsfirma, auf deren Servern die Aufnahmen gespeichert wurden, im Oktober Insolvenz angemeldet. „Das Nachfolgeunternehmen hat den Vertrag mit uns gekündigt, weil er nicht in das Geschäftsmodell passt“, so der Bürgermeister. Zuletzt waren die Kameras deshalb nicht in Betrieb.

Datenschutzbeauftragte geht von baldigem Abschluss des Verfahrens aus

Die Verwaltung hat laut Voß mehrere Angebote eingeholt, wobei Wartung und Betrieb des neuen Systems aus einer Hand erfolgen sollen. Die AWSH habe eine Kostenbeteiligung in Höhe von bis zu 50 Prozent zugesagt. Wenn das neue Kamerasystem in Betrieb geht, soll am Waldreiterweg auch wieder ein Altpapiercontainer aufgestellt werden. Dieser war vor einigen Jahren entfernt worden, nachdem immer wieder Cartonagen in der Umgebung abgeladen worden waren, anstatt sie in dem Behälter zu entsorgen.

„Die Installation der neuen Anlage wird zeitnah erfolgen“, sagt Voß, der davon ausgeht, dass damit dann alle Auflagen des Datenschutzzentrums erfüllt sind. Der Bürgermeister rechnet schon jetzt mit Anrufen seiner Amtskollegen aus anderen Kommunen, wo man die Entwicklungen in Großhansdorf aufmerksam verfolge. Die Datenschutzbeauftragte, Marit Hansen, ist ebenfalls optimistisch, dass „wir das Verfahren auf dieser Grundlage zügig zum Abschluss bringen.“