Reinbek. Zeitungsartikel motiviert gleich sieben Menschen, sich für den Kulturverein in Reinbek zu engagieren. Jeder aus einem anderen Grund.
Der Vorstand der Freunde des Schlosses Reinbek kann sein Glück kaum fassen. Noch im März hatte er Alarm geschlagen, weil sich keine Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Vorstandsarbeit finden ließen. Trotz erfolgreicher Kulturarbeit und großem Zuspruch des Publikums weit über die Grenzen Reinbeks hinaus stand der Verein und somit sein beliebtes Kulturprogramm vor dem Aus. Jetzt aber hatten sich gleich zehn Interessenten auf einen Schlag gefunden und sieben von ihnen sind nicht nur dem Verein beigetreten, sie sind tatsächlich schon als Beisitzende im Vorstand aktiv geworden.
„Das ist der größte Mitgliederschub der vergangenen zehn Jahre“, sagt Rudolf Mattlage, amtierender Vize-Vorsitzender, entzückt. Viele hätten sich auf den Zeitungsartikel in der Bergedorfer Zeitung gemeldet. Und Helmut Busch, Erster Vorsitzender des Vereins, freut sich besonders darüber, dass das 50-jährige Bestehen des Vereins im Jahr 2027 von einem neuen Vorstand mit frischen Ideen organisiert werden kann. „So etwas muss man gut vorbereiten“, sagt der 81-Jährige. „Und es ist großartig, dass wir dafür jetzt neue Impulse erhalten.“
Schlossfreunde Reinbek gerettet: Neuer Vorstand in den Startlöchern
Marie-Therese Kron, Claude Marchand, Uwe Rau, Claudia Kemner, Ralf Hipelius, Christoph Forsthoff und Astrid Abend haben sich schon im April zu Beisitzern des Vorstandes wählen lassen. Dabei sind viele von den neuen Ehrenamtlichen im Alter von 47 bis 65 Jahren noch voll berufstätig, einige wohnen nicht einmal in Reinbek und doch: „Es kann nicht sein, dass sich ein Verein dieser Größe wegen mangelnder Beteiligung im Vorstand auflösen muss“, sagt Kulturjournalist Christoph Forsthoff.
Und obwohl der 58-Jährige in Pinneberg wohnt, ist er bereit dazu, einen Teil seiner Freizeit dem kulturellen Leben im Schloss zu schenken. Immerhin habe er von dort bereits Anfang der 1990er-Jahre über sein erstes Konzert berichtet. „Für Konzertbesuche bin ich dann immer wieder hier im Schloss gewesen“, erzählt er. „Das Schloss und was darin passiert – das ist einfach eine traumhafte Geschichte, das muss unbedingt erhalten bleiben.“ Er habe über zwölf Jahre in verschiedenen Vereinen im Vorstand mitgearbeitet, „aber bei unseren ersten Treffen habe ich gleich gemerkt, dass da der Funke übergesprungen ist“, verrät er.
„Ich habe die Kultur vermisst“
Auch die Aumühlerin Marie-Therese Kron gerät ins Schwärmen: „Ich habe im Vorstand supertolle Menschen kennengelernt und bin gerade dabei, weitere tolle Menschen kennenzulernen“, sagt sie mit einem Blick in die Runde. Die studierte Konzertpianistin, die mittlerweile als Marketingspezialistin aktiv ist, erklärt: „Ich habe die Kultur vermisst und freue mich auf den Austausch mit Gleichgesinnten.“ Sie hat sogar auf Schloss Reinbek geheiratet.
Auch der Jurist Ralf Hipelius aus Reinbek erzählt, dass er und seine Frau über eine Trauung im Schloss nachgedacht hätten. Nur weil es zu ihrem Termin keine Möglichkeit zur Bewirtung mehr gegeben habe, hätte das Ehepaar sich 2017 für einen anderen Hochzeitsort entschieden. Der 47-Jährige ist, vom UNESCO-Weltkulturerbe umgeben, in Bamberg aufgewachsen, sein Onkel sei Vorsitzender des ältesten Kulturerhaltungsvereins Deutschlands gewesen. „Als ich auf den Artikel stieß, war es, als hätte diese Aufgabe nur auf mich gewartet“, stellt Ralf Hipelius fest. Er freut sich, dass die neuen Freiwilligen über so verschiedene Erfahrungsschätze verfügen: „Diese Begeisterung für die Kultur steckt an“, sagt er.
Denkmalgeschütztes Schloss wirkt identitätsstiftend
Keine Frage, das Schloss ist für viele Reinbekerinnen und Reinbeker identitätsstiftend. So auch für Uwe Rau und seinen Mann Claude Marchand: „Unser Interesse für das Schloss Reinbek war schon da, bevor wir den Artikel in der Zeitung gelesen haben“, erzählt Rau, der die Goethe-Institute in Toronto geleitet und in Brüssel stellvertretend geleitet hat. „Wir haben zu unserem Hochzeitsessen ins Reinbeker Schloss eingeladen.“ Seine Mutter habe bis zu ihrem Tod in Reinbek gelebt und wenn er auf Heimaturlaub gewesen sei, haben ihn das Bauwerk und der Park ihn immer fasziniert.
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„Während des Weihnachtsmarktes sind wir mit Rudolf Mattlage ins Gespräch gekommen, als wir überlegten, welches Ehrenamt für uns während unseres Vorruhestandes interessant wäre“, erzählt sein Mann Claude Marchande, der vor seiner Pensionierung Personalchef eines Unternehmens in Montreal war. Das Schloss habe drei verschiedene wichtige Aspekte: das historische Gebäude, sein denkmalgeschützter Park und das breite Angebots-Spektrum als Kulturzentrum. Die beiden hätten große Lust, sich dort einzubringen.
Der Gesellschaft etwas zurückgeben
Auch für Claudia Kemner, Lehrerin an der Grundschule Schönningstedt, war das Schloss immer etwas Besonderes. Sie hat lange in Schönningstedt gewohnt, ist mittlerweile nach Wentorf gezogen. Ihr haben es besonders die Rallyes für Kinder angetan. Sie hat Rudolf Mattlage bereits auf einer dieser Führungen begleitet. „Es ist toll, wie den Kindern hier das Leben von früher vermittelt wird, da geht mir das Herz auf“, erzählt die 54-Jährige. „Und es ist eine ehrenvolle Sache, wenn man der Gesellschaft etwas zurückgeben kann. Da hat mich der Artikel wirklich auch sehr angesprochen.“
Einig sind sich die frischen Vorstandsmitglieder darin, dass der Übergang vom alten zum neuen Vorstand von den Amtsinhabern vorbildlich organisiert worden ist. Bereits jetzt ist die Gruppe regelmäßig bei den Vorstandssitzungen dabei, trifft sich aber auch unter sich. Helmut Buschs Wunsch ist es, dass bis Mitte September jede und jeder für sich entscheiden sollte, welcher Bereich oder welches Amt sie oder ihn interessiert. „Schon jetzt freuen wir uns, wenn wir die eine oder andere Aufgabe bereits abgeben können“, erklärt der 81-Jährige.
Übergang zum neuen Vorstand: vorbildlich organisiert
Im April, während der nächsten Mitgliederversammlung, könnte der neue Vorstand gewählt werden. Busch, Mattlage und Uwe Sturm wollen jedoch im Hintergrund bei Bedarf weiter mit Rat und Tat bereitstehen. Der Förderverein hat aktuell um die 670 Mitglieder. Er hat in den vergangenen gut 20 Jahren insgesamt 700.000 Euro Spenden für das Schloss und die Kulturarbeit rund um das Bauwerk gesammelt. Sein Ziel ist es, das Schloss mit Leben zu füllen. „Wir haben jedes Jahr zwischen 25.000 und 27.000 Euro stiften können“, berichtet Vorsitzender Helmut Busch. Eine Leistung, die die neuen Ehrenamtlichen sicher und in eine neue Zukunft führen wollen.