Reinbek. Die Politik diskutierte, ob im öffentlichen Raum Wasserspender aufgestellt werden sollen. Die Zeit drängt. Wie es jetzt weitergeht.
In den vergangenen Tagen zeigte das Thermometer teils über 30 Grad Celsius an. Vor allem für ältere Menschen, Kleinkinder, Schwangere und Menschen mit Vorerkrankungen können Hitze und Sonne gefährlich werden. Laut Robert-Koch-Institut starben im Sommer 2023 in Deutschland rund 2300 Menschen durch Hitze.
Und ein weiterer heißer Sommer ist bereits in vollem Gange. Aus diesem Grund hat der Reinbeker Seniorenbeirat einen Antrag zum Thema Hitzeschutzmaßnahmen gestellt, der im jüngsten Umwelt- und Verkehrsausschuss der Stadt diskutiert wurde. Konkret ging es um die Einrichtung von Trinkwasserspendern im öffentlichen Raum.
Seniorenbeirat Reinbek fordert Trinkwasserspender im öffentlichen Raum
Nach längerer Diskussion wurde der ursprüngliche Antrag in leicht abgeänderter Form einstimmig von den Ausschussmitgliedern angenommen. Laut beschlossenem Antrag empfiehlt der Seniorenbeirat zu prüfen, öffentliche Wasserspender an hoch frequentierten Punkten in Reinbek einzurichten. Der Seniorenbeirat bewertet Standorte in den Bereichen Rosenplatz, Bahnhof und Täbyplatz als vorrangig und sinnvoll für einen ersten Schritt.
Eine stadtteilmäßig sinnvolle Verteilung von Wasserspendern soll in die Planung aufgenommen werden. Die Kosten sollen ermittelt und die Fördermöglichkeiten von Bund und EU ausgeschöpft werden. Als kurzfristige Lösung soll das sogenannte Refill-Projekt verfolgt werden, sodass Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, in Geschäften, Apotheken und öffentlichen Gebäuden mitgebrachte Trinkflaschen mit Leitungswasser zu befüllen.
Bund hat 2022 beschlossen, dass Kommunen Trinkwasser bereitstellen müssen
„In Deutschland ist bereits jetzt durch den Klimawandel mit mehr und stärkeren Hitzewellen zu rechnen. Die heißesten Sommer seit Aufzeichnung sind gemessen“, heißt es zur Begründung im Antrag des Seniorenbeirats. „Verstärkte Sonneneinstrahlung und Hitze werden zum große Gesundheitsrisiko.“
Der Seniorenbeirat weist auch darauf hin, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz im August 2022 beschlossen hat, dass Städte und Gemeinden Trinkwasser im öffentlichen Raum kostenlos bereitstellen müssen. Demnach müsse künftig Trinkwasser aus dem öffentlichen Leitungsnetz an möglichst vielen Orten frei verfügbar sein.
In Hamburg gibt es 47 Trinkwasserspender, zum Beispiel vor dem Bergedorfer Schloss
Der Reinbeker Seniorenbeirat kritisiert in dem Antrag: „Bisher sind weder vom Kreis Stormarn noch von der Stadt Reinbek Umsetzungen dieses Gesetzes zum Schutze unserer Einwohner vor schweren Erkrankungen und Tod durch Hitzeschädigung erkennbar.“ In Hamburg hingegen gebe es 47 Trinkwasserspender oder saisonale Trinkwasserbehälter, zum Beispiel vor dem Bergedorfer Schloss.
Dass die Stadt Reinbek in der Sache noch gar nicht tätig geworden ist, dem widersprach Jürgen Vogt-Zembol, Leiter des Fachbereichs Umwelt, Klimaschutz und Innere Dienste bei der Stadt Reinbek. Es gebe sehr wohl Überlegungen in der Richtung. „Wir sind als Verwaltung am Ball“, so Vogt-Zembol.
Das Projekt Refill soll in Reinbek etabliert werden
„Wir finden die Idee an sich gut, haben aber einige Anmerkungen“, sagte Mathias Happke (CDU) zum Antrag des Seniorenbeirates. Zum einen kritisierte er, dass keine Kosten im Antrag genannt wurden. Zudem fürchtete er, dass die Umsetzung recht zeitaufwändig sei, da die Trinkwasserspender an das Leitungsnetz angeschlossen werden müssen. „Ich gehe davon aus, dass bis zum nächsten Jahr kein Trinkwasserspender steht“, so Happke.
Er schlug stattdessen vor, das Projekt Refill nach Reinbek zu holen. Refill-Deutschland ist ein Netzwerk, das 2017 als ehrenamtliche Bewegung in Hamburg startete und seit Sommer 2023 durch den gemeinnützigen Verein a tip: tap koordiniert wird. Geschäfte, öffentliche Gebäude und weitere Institutionen können Refill-Station werden.
Bürger bekommen in Geschäften und öffentlichen Gebäuden Leitungswasser
Das bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger dort ihre mitgebrachten Flaschen kostenlos mit Leitungswasser befüllen lassen können. Dadurch soll die Umwelt geschont, Geld gespart und der gesunde und faire Zugang zu Trinkwasser für alle gefördert werden. Wer mitmacht, erhält Aufkleber und kann Daten wie Adresse und Öffnungszeiten in eine entsprechende Karte eintragen.
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Auch an diesem Projekt sei die Reinbeker Stadtverwaltung bereits dran, teilte Vogt-Zembol in der Ausschusssitzung mit. Es seien bereits Apotheken angesprochen worden, man erhoffe sich rege Beteiligung. Renate Sturm (Grüne) gab zu bedenken, dass Refill-Stationen an Öffnungszeiten der jeweiligen Geschäfte gebunden seien und Trinkwasserspender nicht ersetzen würden.
Refill soll Ergänzung zu Trinkwasserspendern sein
Sie verwies auch auf die gesetzliche Pflicht, Trinkwasser bereitzustellen: „Wir müssten eigentlich welche haben, ich weiß nicht, warum das nicht der Fall ist“, so Sturm. In Anbetracht dieser Tatsache seien auch die Kosten zweitrangig. Heinz-Dieter Weigert vom Seniorenbeirat meldete Zweifel an, dass das Refill-Projekt zufriedenstellend funktioniere. Es könne kein allzu großer Aufwand sein, Trinkwasserbehälter aufzustellen. Das empfinde er als zwingend notwendig.
Weigert: „Es geht um das Leben von älteren Menschen. Ich möchte nicht, dass jemand stirbt.“ Das sahen die Ausschussmitglieder auch so und fällten den entsprechenden Beschluss, um das Aufstellen von Trinkwasserspendern auf den Weg zu bringen. Der Ausschussvorsitzende Günther Herder-Alpen (Grüne) sagte: „Refill ist eine gute Ergänzung, aber es erfüllt nicht die gesetzlichen Vorgaben zur Bereitstellung von Trinkwasser.“